08.09.2024

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Trotz harter Sanktionen des Westens

Putins ertragreiche Geisterflotte

Marode Ölfrachter und hochmoderne Gas-Tanker lassen Einnahmen sprudeln

Wolfgang Kaufmann
09.07.2024

Aufgrund der westlichen Sanktionen wegen des Einmarsches in die Ukraine ist es für Russland schwerer geworden, Deviseneinnahmen aus Öl- und Gasverkäufen zu erzielen. Deshalb greift Moskau seit geraumer Zeit auf eine meist getarnt operierende Flotte zurück. Diese besteht zum einen aus mehr als tausend oftmals schrottreifen Tankern und zum anderen aus 15 hochmodernen Flüssigerdgas-Transportern.

Die besagten Öl-Tanker sind offiziell nicht im Besitz russischer Reedereien und fahren unter der Flagge Kameruns oder winziger pazifischer Inselstaaten. Sie werden vielfach in den russischen Ostseehäfen Primorsk und Ust-Luga befüllt. Danach beliefern sie heimlich jene Staaten, die noch russisches Rohöl kaufen, um es weiterzuverarbeiten und gewinnbringend auf dem Weltmarkt anzubieten. Während der Fahrt schalten die Tanker die an Bord befindlichen Ortungsgeräte aus oder verschleiern den Ausgangspunkt und das Ziel ihrer Reise auf andere Weise. Manchmal wird der Inhalt der Tanker auch mitten auf hoher See auf andere Schiffe umgepumpt, was die Tarnung noch perfekter macht. Ein beliebter Platz für dieses Vorgehen ist der Lakonische Golf im Süden des Peloponnes, dessen Uferregionen nur dünn besiedelt sind. Nach dem Austausch der Ladung besteht dann kaum eine Möglichkeit mehr, die Herkunft des Öls noch zu ermitteln.

Öl-Hauptabnehmer sind China und Indien, gefolgt von der Türkei
Als Abnehmer des „Schwarzen Goldes“ fungieren nach Recherchen des Centre of Research on Energy and Clean Air in Helsinki vor allem China und Indien. Diese beiden Länder kaufen mittlerweile 48 beziehungsweise 35 Prozent der russischen Rohölexporte auf – und gleich danach folgt die Türkei mit immerhin sechs Prozent Anteil.

Die USA versuchen seit geraumer Zeit, gegen Putins geheime Schattenflotte vorzugehen. Sie setzten etliche der Tanker auf ihre Sanktionsliste und beschlagnahmten auch einige davon. Allerdings chartert Moskau dann einfach andere Schiffe. Des Weiteren macht die Europäische Union keine Anstalten, es Washington gleichzutun, sondern beschränkt sich bisher lediglich auf Absichtserklärungen. Das resultiert möglicherweise daraus, dass auch EU-Länder wie Ungarn, Tschechien und die Slowakei weiterhin russisches Öl kaufen.

Da die Tanker im Dienste Russlands oft sehr marode sind, herrscht Angst vor Havarien. So sagte der ehemalige estnische Außenminister Jaan Manitski: „Es wäre eine Katastrophe für die Ostsee, wenn ein rostiger Tanker auseinanderbrechen würde. Das kann jederzeit passieren.“ Und tatsächlich musste im August vorigen Jahres ein manövrierunfähiger Tanker mit Maschinenschaden in den Hafen zurückgeschleppt werden. Außerdem leidet die Umwelt bereits jetzt schon stark unter diversen Ölteppichen, die beim hektischen Umpumpen des Rohstoffs von einem Schiff zum anderen immer wieder entstehen.

Der Verkauf des russischen Flüssigerdgases (LNG) findet dahingegen unter weniger konspirativen oder ökologisch bedenklichen Umständen statt. Denn die Gastanker, die momentan vor allem zwischen dem LNG-Terminal von Sabetta auf der sibirischen Jamal-Halbinsel und west- oder südeuropäischen Häfen pendeln, verkehren nicht unter fremder Flagge und sind technisch auf dem neuesten Stand. Schließlich müssen sie auf jeder Hin- und Rückfahrt durch die Kara- und Barentssee steuern und dort mit ihren 70.000-PS-Antriebsmaschinen Eis von bis zu zwei Metern Dicke brechen.

Die bislang eingesetzten 15 LNG-Tanker ließ die staatliche russische Reederei Sowkomflot in Südkorea bauen. Dann erhielt die Werft von Bolschoi Kamen im Fernen Osten der Russischen Föderation den Auftrag, weitere 15 eisbrechende Frachter zum Transport von Flüssigerdgas zu liefern, wobei der südkoreanische Konzern Samsung Heavy Industries als Technologiepartner fungieren sollte. Die beiden ersten Schiffe dieser Baureihe namens „Alexei Kossygin“ und „Pjotr Stolypin“ stehen inzwischen kurz vor ihrer Fertigstellung.

Putin kompensiert inzwischen den Nord-Stream-Pipeline-Ausfall
Nach Berechnungen der wirtschaftswissenschaftlichen Denkfabrik Brussels European and Global Economic Laboratory (Bruegel) sanken die europäischen Importe von russischem Pipeline-Gas seit Beginn des Ukrainekrieges um 83 Prozent. Gleichzeitig liefern die LNG-Tanker Putins aber mittlerweile so viel Flüssigerdgas, dass diese Menge ausreicht, um den Ausfall der Nord-Stream-Pipelines weitgehend zu kompensieren. Und wenn sich die Zahl der russischen LNG-Transporter dann in Kürze sogar verdoppelt, was das Ansteuern etlicher weiterer Häfen rund um die Welt ermöglicht, kann Moskau den Sanktionen letztendlich noch besser trotzen.


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