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Können sich OPEC und Russland nicht einigen oder wollen beide die Fracking-Konkurrenz aus den USA mit Dumpingpreisen in die Knie zwingen?
Der derzeitige Preissturz auf dem Ölmarkt hat das Potenzial, in die Wirtschaftsgeschichte einzugehen. Während weltweit die Nachfrage Corona-bedingt einbricht, fluten wichtige Förderländer den Markt mit zusätzlichem Öl. Während sich die Verbraucher über sinkende Preise freuen können, trifft der Preisverfall eine Branche, die ohnehin schon Probleme hat.
Bereits am 6. März waren auf einem Treffen in Wien die Verhandlungen zwischen Russland und der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) über weitere Förderkürzungen gescheitert. Saudi Aramco, der größte Ölproduzent der Welt, kündigte daraufhin wenige Tage später eine massive Ausweitung der Ölfördermenge und Rabatte für seine Kunden an. Dem Beispiel der Saudis sind inzwischen auch die Vereinigten Arabischen Emirate und der Irak gefolgt.
Damit wird ab April der Weltmarkt mit zusätzlichem Öl geflutet, während die Nachfrage nach Öl einbricht. Als Folge war auf dem Weltmarkt der stärkste Verfall des Ölpreises seit dem Jahr 1991 zu beobachten. Russland kann den Preisverfall vermutlich längere Zeit durchstehen. Ein vor einigen Jahren aufgelegter Notfallfonds ist inzwischen mit 150 Milliarden US-Dollar gefüllt. Russlands Zentralbank verfügt insgesamt über Reserven im Wert von 570 Milliarden Dollar. Einige Kommentatoren in den USA interpretieren die russische Weigerung, seine Fördermenge weiterhin zu begrenzen, als Rache für die US-Sanktionen gegen das deutsch-russische Pipeline-Projekt Nord Stream 2.
OPEC-Russland-Gespräche in Wien
Allerdings sind auch Spekulationen aufgetaucht, der Ölkrieg zwischen Russen und Saudis könnte nur ein abgesprochenes Scheingefecht sein mit dem Ziel, die Ölförderer aus den USA vom Markt zu fegen. Beide großen Ölproduzenten hatten in den vergangenen Jahren ihre Fördermengen nämlich begrenzt, um einen weiteren Preisverfall zu stoppen. Im Kontrast dazu haben die Hunderte von Schieferölproduzenten in den USA ihre Förderung hochgefahren. Dank der Ausbeutung von Ölschiefer durch Fracking haben die USA inzwischen Russland und Saudi-Arabien überholt und sind binnen eines Jahrzehnts sogar zum größten Ölförderer der Welt aufgestiegen. Der derzeitige Preisverfall bringt die Ölschieferunternehmen nun aber in Schwierigkeiten. Das angewendete Fracking-Verfahren ist aufwendiger als die Förderung aus herkömmlichen Ölquellen. Um profitabel zu sein, benötigen die Ölschieferförderer einen Preis von 45 bis 50 Dollar je Barrel Öl.
Allerdings haben die Fracking-Förderer bereits bewiesen, dass sie sich durch bloßen Preisdruck nicht so einfach wieder aus dem Markt drängen lassen. Trotz der höheren Kosten im laufenden Betrieb hat das Fracking im Vergleich zu traditionellen Förderprojekten nämlich auch einen Vorteil: Bei einem Preisverfall lässt sich die Schieferölförderung schnell stilllegen und bei steigenden Preisen auch ohne großen Aufwand wieder hochfahren. Mithilfe dieser sogenannten „Drilled but Uncompleted“-Strategie haben Förderunternehmen schon 2016 reagiert, als der Ölpreis von mehr als 100 Dollar auf weniger als 30 Dollar pro Barrel fiel.
Drilled but Uncompleted
Wenn sich die Schieferölförderung technisch auch vergleichsweise leicht herunterfahren lässt, so können sich doch nicht alle Unternehmen ein entsprechendes Herunterfahren einschließlich der damit verbundenen Einnahmeverluste leisten. Ein Teil der Fracking-Unternehmen ist nämlich hoch verschuldet. Obwohl die USA durch die Schieferölförderung zum weltweit wichtigsten Ölproduzenten aufgestiegen sind, haben sich die Renditeerwartungen der Wallstreet meist nicht erfüllt. Laut der auf Energieunternehmen spezialisierten Anwaltskanzlei Haynes and Boone sehen sich die Fracking-Förderer in den USA bereits mit „sinkenden Möglichkeiten der Kreditaufnahme“ konfrontiert.
Profitiert hat der Sektor bislang stark von der Niedrigzinspolitik der US-Notenbank. Die hat eine Schuldenaufnahme zu historisch günstigen Konditionen ermöglicht, aber damit auch die Schuldenberge wachsen lassen. Ökonomen bereitet schon seit längerer Zeit der Markt für Anleihen bonitätsschwacher Unternehmen in den USA Sorgen. Rund zehn Prozent dieses Sektors entfallen mittlerweile auf Unternehmen aus dem Energiesektor.
Fed-Rückenwind für Fracking
Bekommen diese Firmen Probleme, sich zu refinanzieren und ihre Schulden zu bedienen, dann kann dies einen Dominoeffekt auslösen, der auf den gesamten Kapitalmarkt durchschlägt, so die Befürchtung von Ökonomen. Eine weitere Gnadenfrist für die Schieferölbranche könnte die jüngste Zinssenkung der US-Notenbank bringen. Die Fed senkte vergangenen Sontag den Leitzins in den Bereich zwischen 0,00 und 0,25 Prozent. Mitprofitieren könnte die Frackingbranche auch von den angekündigten Anleihekäufen der Zentralbank, die so 700 Milliarden Dollar an neuem Geld in die Märkte pumpen will.