03.09.2025

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Sieht in Teilen des Landes Probleme mit nationalen Symbolen: Linkspartei-Politiker Bodo Ramelow
imago/dts NachrichtenagenturSieht in Teilen des Landes Probleme mit nationalen Symbolen: Linkspartei-Politiker Bodo Ramelow

Debatte

Ramelow wirft mit falschen Motiven richtige Fragen auf

Warum es an der Zeit ist, dass insbesondere Teile der deutschen Eliten ihr Verhältnis zum eigenen Land und dessen nationalen Symbolen klären

René Nehring
03.09.2025

Bodo Ramelow sieht ein Problem. Im Interview mit der „Rheinischen Post“ erklärte der Bundestagsvizepräsident und ehemalige thüringische Ministerpräsident, dass seiner Beobachtung nach viele Ostdeutsche mit nationalen Symbolen wie der schwarz-rot-goldenen Bundesflagge und der Nationalhymne fremdeln würden. Weshalb der Linke-Politiker für eine Suche nach neuen staatlichen Symbolen plädiert.

Ramelows Einwurf berührt mehrere Aspekte. So ist zunächst zu fragen, wer denn diese „Ossis“ sein sollen, die angeblich mit Schwarz-Rot-Gold und Deutschlandlied fremdeln. Vor über dreißig Jahren jedenfalls trieben Millionen DDR-Bürger mit eben jenen Farben, die seit den Befreiungskriegen und den nationalen Einigungsbewegungen des 19. Jahrhunderts Symbol für Einigkeit und Recht und Freiheit sind, die SED – die Vorgängerpartei von Ramelows „Die Linke“ – aus den Sesseln der Macht. Es waren auch die Deutschen von Rügen bis zum Thüringer Wald, die sich damals mit Rufen wie „Wir sind ein Volk!“ oder „Deutschland einig Vaterland!“ unüberhörbar zur Einheit der Nation bekannten. Und dass gerade in jenen Bundesländern seit geraumer Zeit eine Partei stärkste politische Kraft ist, die sowohl auf ihren Plakaten als auch bei Veranstaltungen offensiv die Nationalfarben zeigt, legt den Schluss nahe, dass in jenen Regionen die Sympathien für die nationalen Symbole nie erloschen sind.

Insofern sagen Ramelows Aussagen vermutlich mehr über ihn und sein Umfeld aus als über die tatsächliche Stimmung im Lande.

Dennoch einen Nerv getroffen
Unabhängig davon ist es spannend zu sehen, welche Resonanz der Linkspolitiker auf seinen Vorstoß erfährt. Dass sich praktisch alle großen Medien zu Wort melden, zeigt einmal mehr, wie wenig die zeitgenössischen Deutschen – vor allem die kulturellen Eliten unter ihnen – ihr Verhältnis zur Geschichte der eigenen Nation und zu dem Staat, in dem sie „gut und gerne leben“ (Angela Merkel), geklärt haben. Ansonsten würde ein Politiker wie Ramelow für seine jüngsten Äußerungen allenfalls ein müdes Lächeln ernten.

Dass Ramelow eine so große Resonanz erzielte, zeigt zudem, dass viele Kommentatoren in der Tiefe ihres Herzens nicht nur um dieses Defizit wissen, sondern auch, dass sie zumindest ahnen, dass dies ein echtes Problem ist. Seit den sechziger Jahren haben sich vor allem linke Akademiker, Journalisten und Politiker in der Bundesrepublik vor dem historischen Hintergrund der Katastrophe des „Dritten Reichs“ eingeredet, dass nationales Bewusstsein per se des Teufels und somit zu überwinden sei. Begriffe wie Heimat, Vaterland oder Patriotismus galten zunehmend als „ewiggestrig“, „reaktionär“ oder gar „rechtsradikal“.

Doch damit haben diese vermeintlich klugen Geister nicht nur einen ähnlichen, wenn auch entgegengesetzten „deutschen Sonderweg“ eingeschlagen wie die Nationalsozialisten mit ihrer Überhöhung des eigenen Volkes, sondern – im sicheren Irrglauben an die dauerhafte Leistungsfähigkeit des Staates – obendrein ignoriert, dass jedes Gemeinwesen eine sinnstiftende Klammer braucht, die den Bürgern einleuchtend vermittelt, warum sie sich für die Gemeinschaft einsetzen sollen.

Als der Bundestag 1991 zur Finanzierung der Mehrbelastungen durch die deutsche Einheit den „Solidaritätszuschlag“ beschloss, stellte keine politische Kraft diese Sondersteuer infrage. Offensichtlich zweifelte niemand an der Existenz der Nation als Schicksalsgemeinschaft und an der Notwendigkeit, bei Bedarf füreinander den Gürtel enger zu schnallen. Und als 1997 die Oder, 2002 die Elbe und 2021 die Ahr über die Ufer traten, eilten jeweils tausende Helfer herbei und legten ohne „Befehl von oben“ und ohne jede finanzielle Vergütung für andere Landsleute Hand an, um die ungeheuren Schäden zu beseitigen.

Warum Patriotismus?
Gerade in Zeiten wie den jetzigen, in denen unsere Gesellschaft einen grundlegenden Wandel durchläuft und viele alte Gewissheiten nicht mehr gelten, sollte insbesondere der Politik bewusst sein, auf welchen Fundamenten der eigene Staat errichtet wurde – und auf welchen Grundlagen dieser Staat seine Bürger in die Pflicht nehmen will. Zu welchem Zweck etwa sollen möglicherweise demnächst wieder junge Männer (und vielleicht auch Frauen) zur Bundeswehr eingezogen werden?
Vor mehr als einem halben Jahrhundert setzte der Politologe Dolf Sternberger zur Lösung der linken Bauchschmerzen mit der eigenen Nation den Begriff des „Verfassungspatriotismus“ in die Welt. Der Soziologe Jürgen Habermas griff diesen später auf. Doch glaubt irgendjemand ernsthaft, dass junge Menschen bereit sind, ihr Leben einzusetzen, weil irgendwann einmal ein paar edel gesinnte Geister eine – durchaus exzellente – Verfassung für einen Staat geschaffen haben, der nur als Provisorium gedacht war? Oder braucht es für eine solche Einsatzbereitschaft nicht tiefere Emotionen, die Wehrpflichtigen das Gefühl geben, im Falle einer Verwundung die eigene Gesundheit zumindest einer guten Sache geopfert zu haben? Und – ein anderes Beispiel – wohin sollen all die Millionen Zuwanderer der letzten Jahre integriert werden, wenn nicht einmal die „deutschen Ureinwohner“ mehr wissen, was ihr eigenes Land ist und sein soll?

Wer sich Fragen wie diese stellt, wird erkennen, dass ein positives Verhältnis zur eigenen Nation und deren Symbolen mehr ist als politische Folklore, sondern Grundlage eines jeden funktionierenden Gemeinwesens. Insofern gebührt Bodo Ramelow fast schon Dank dafür, dass er die aktuelle Debatte angestoßen hat. Jetzt fehlt nur noch, dass er und seine Genossen endlich akzeptieren, dass die breite Masse der Deutschen – wie auch die große Mehrheit der Zuwanderer – mit unserem Land, der Nationalhymne und der schwarz-rot-goldenen Flagge absolut im Reinen ist.


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