30.10.2025

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Wilhelm Freiherr von Gayl
Bild: WikimediaWilhelm Freiherr von Gayl

Wilhelm von Gayl

Reichs- und Staatskommissar im Abstimmungsgebiet Allenstein

Der gebürtige Königsberger brachte es bis zum Reichsinnenminister – Vor 80 Jahren starb er in Potsdam

Manuel Ruoff
30.10.2025

Wilhelm Moritz Egon Freiherr von Gayl war nicht nur adelig, sondern auch der Sohn eines Generals. Wie angesichts dieser Herkunft kaum anders zu erwarten, gehörte der am 4. Februar 1879 in Königsberg geborene Ostpreuße politisch dem nationalkonservativen Lager an. In der Weimarer Zeit war er Mitglied der 1918 gegründeten Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).

Wie sein Vater und viele andere Angehörige der preußischen Oberschicht wählte er den Staatsdienst, allerdings in Zivil. Nach dem Studium der Rechts- und der Kameralwissenschaft, einer Fächerkombination, die für die öffentliche Verwaltung prädestinierte, und dem Referendariat wurde er 1907 als Regierungsassessor in den preußischen Staatsdienst übernommen. Drei Jahre später hatte er als Direktor der Ostpreußischen Landgesellschaft seinen Beruf gefunden. Bei seinem nunmehrigen Arbeitgeber handelte es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet worden war, um der Landflucht aus Ostpreußen durch die Förderung landwirtschaftlicher Siedlungen entgegenzutreten.

Am Ersten Weltkrieg nahm Gayl unter anderem als Leiter der politischen Abteilung beim Oberbefehlshaber Ost und als Landeshauptmann der deutschen Militärverwaltung in Litauen teil. In dieser Eigenschaft verfasste er eine Denkschrift, in der er sich gegen eine vollständige Loslösung Litauens von Russland aussprach mit der Begründung, dass in letzterem Falle die Handelsbeziehungen zu Osteuropa nicht erhalten werden könnten. Der Frieden von Brest-Litowsk zwischen den Mittelmächten und Russland trug dem Rechnung. Dieses ist umso bemerkenswerter, als dieser Separatfrieden gemeinhin als sehr hart gegen Russland gilt.

Zum Vergleich: Nach seiner Niederlage im Kalten Krieg musste Russland vollständig auf Litauen verzichten. Und heute stehen deutsche Truppen in der Region, um eine eigenständige Republik Litauen unter Einschluss des Memelgebietes zu verteidigen.

Nach dem Weltkrieg nahm Gayl an den Verhandlungen in Versailles als stellvertretender Gutachter der Provinz Ostpreußen teil. Anschließend vertrat er sowohl das Reich als auch das Reichsland Preußen als Staatskommissar bei der Volksabstimmung von 1920 im Abstimmungsgebiet Allenstein, die mit einem überwältigenden Sieg für die deutsche Seite ausging.

Ab 1921 war er Mitglied des preußischen Staatsrats und Bevollmächtigter des Provinzialverbands Ostpreußen im Reichsrat. Ab 1929 saß er zusätzlich im ostpreußischen Provinziallandtag.

1932 erreicht Gayls politische Karriere ihren formalen Höhepunkt. Er wurde Reichsinnenminister in Franz von Papens sogenanntem Kabinett der Barone. Seiner Zeit voraus plädierte er in dieser Funktion schon vor dem Reichspropagandaministerium des Dritten Reiches und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Bundesrepublik dafür, dass die Regierung „ihre Absichten und Handlungen dem deutschen Volke durch Benutzung der neuzeitlichen Einrichtung des Rundfunks unmittelbar“ mitteilt, „damit es weiß, woran es ist“.

Gegen eine Regierungsbeteiligung der NSDAP erhob Gayl Widerspruch. Und so endete mit der Weimarer Republik auch seine politische Karriere. Durch den sogenannten Preußenschlag hatte er 1932 bereits aufgehört, Direktor der Ostpreußische Landgesellschaft zu sein. Fortan beschränkte er sich auf publizistische Arbeiten. Zu nennen sind hier „Der politische und wirtschaftliche Kampf um Ostpreußen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts“ von 1934 und „Ostpreußen unter fremden Flaggen. Ein Erinnerungsbuch an die ostpreußische Volksabstimmung vom 11. Juli 1920“ aus dem Jahr 1940. Wilhelm von Gayl starb vor 80 Jahren, am 7. November 1945, in Potsdam.


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