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In manchen Kreisen wegen seiner Ansichten nicht ganz unumstritten: Rechtsanwalt, Umweltaktivist und US-Systemkritiker Kennedy
Foto: IMAGO/Newscom WorldIn manchen Kreisen wegen seiner Ansichten nicht ganz unumstritten: Rechtsanwalt, Umweltaktivist und US-Systemkritiker Kennedy

US-Wahlen

Robert F. Kennedy jr. als liberale Alternative

Der Neffe des legendären JFK hat sich jetzt Trump angeschlossen – Profitieren wollen beide davon

Thomas Klingebiel und Jens Eichler
17.10.2024

Über die wirklichen Probleme der amerikanischen Bürger wird im Zuge der US-Wahlen in deutschen Medien wenig bis gar nichts berichtet. Diesen Sorgen aber wollte sich vermeintlich ein dritter Kandidat – neben Kamala Harris und Donald Trump – widmen. Einer, der ebenso medial hierzulande fast ignoriert wird: Es handelt sich um Robert F. Kennedy jr., den Neffen des Präsidenten John F. Kennedy.

Geboren im Januar 1954, war er alt genug, um die durch das Attentat von Dallas gewaltsam beendete Ära seines Onkels im Weißen Haus bewusst zu erleben. Als sein eigener Vater, der Senator Robert F. Kennedy sr., im Wahlkampf von 1968 in Los Angeles ermordet wurde, war er Zeuge der Tat. Der gewaltsame Tod des Onkels und Vaters hat Robert Kennedy zweifellos traumatisiert.

Nachdem Kennedy seine Karriere als stellvertretender Staatsanwalt in New York begonnen hatte, übernahm er als junger Rechtsanwalt ein Mandat, das seinen künftigen Lebensweg vorzeichnen sollte: Er vertrat die Berufsfischer des Hudson River, deren Existenz durch das fortschreitende Fischsterben im Fluss bedroht war. Es gelang ihm, auch durch seine Verbindungen, den Energieriesen General Electric, der für die Verschmutzung des legendären Flusses verantwortlich war, in die Knie zu zwingen. Heute ist der Hudson River wieder ein lebendiger Fluss. Kennedy hat den Kampf gegen Umweltverschmutzer und Umweltgifte bis auf die Pharmaindustrie ausgedehnt.

Bürgerliche Verantwortung
Die Beschneidung seiner Bürgerrechte in der Corona-Zeit war das treibende Motiv für ihn, sich um das höchste politische Amt der USA zu bewerben. Er fühlt sich berufen, das politische Erbe der Kennedys einzusetzen. Vor allem will er die seiner Meinung nach unter Corona in der Substanz geschwächte Mittelschicht wiederherstellen. Er sieht in ihr das soziale Substrat der Demokratie und Garanten des inneren Friedens. Ganz im Sinne der Verfassungsväter glaubt er, dass persönliches Eigentum eine wesentliche Bedingung für innere Selbstständigkeit und bürgerliches Verantwortungsgefühl bildet.

Kennedy kritisiert zudem eine angebliche Verflechtung, die zwischen der Industrie und staatlichen Behörden auch durch personellen Austausch zu beobachten sei. Insbesondere die Libertären wünschen einen radikalen Rückbau des Staates. Im Wahlprogramm Kennedys finden sich eine Reihe von Punkten, die dem libertären Diskurs entlehnt sind. Zudem arbeiten in seinem Wahlkampfteam und seinen Unterstützerkreisen viele Libertäre. Wie erst vor wenigen Wochen bekannt wurde, hat Kennedy aber auch schon seit Juli 2023 mit Angela McArdle, der jungen Vorsitzenden der Libertären Partei, zusammengearbeitet. Sie haben jüngst ein Abkommen zur Wahlkampffinanzierung geschlossen, das beiden Seiten zu höheren Spenden als bisher verhelfen kann.

Auch Trump bemüht sich um die Libertären. Zu groß ist nämlich seine Angst, an Kennedy oder die Libertären wichtige Stimmen im Kopf-an-Kopf-Rennen an Harris zu verlieren. Daher trat er auf dem Bundesparteitag in Washington auf und forderte die Delegierten auf, seine Bewerbung um das Präsidentenamt zu unterstützen. Trump und Kennedy wissen um die Meinungsführerschaft, die die Libertären in Teilen der unabhängigen Wählerschaft ausüben. Die registrierten unabhängigen Wähler wiederum stellen inzwischen die Hälfte der gesamten Wählerschaft, also genau so viele wie die demokratischen und republikanischen Wähler zusammengenommen.

Um die Wahlen am 5. November zu gewinnen, muss man sich folglich um die Unabhängigen bemühen. Manche demoskopischen Erhebungen haben gezeigt, dass Kennedy bei unabhängigen Wählern mehr Zustimmung erhält als Trump oder Harris. Er nimmt auch bei den jungen Wählern, die Internet-Medien bevorzugen, eine führende Position ein und findet Unterstützung bei Latinos und Schwarzen. Kennedy selbst spricht das Spanisch der Latinos. Die Demokratische Partei, die auf diese Wählergruppen angewiesen ist, sieht in Kennedy indes eine große Gefahr und hat den Wahlkampf seit Monaten durch Klagen behindert, um ihn zur Aufgabe seiner Kandidatur zu nötigen.

Über Personal entscheiden
Schon länger gab es Hinweise, dass sich Kennedy dem Lager Trumps anschließen könnte. Das Mehrheitswahlrecht erschwert allerdings die Bildung von Koalitionen. So hat es einige Wochen gedauert, bevor man zu einer Lösung kam: Kennedy erklärte sich am 24. August bereit, Trump in zehn Swing-States zu unterstützen, wollte aber in den übrigen Staaten seine Kandidatur fortsetzen. Denn die Libertäre Partei und andere Gruppen, die sich Kennedy angeschlossen hatten, wollen mit seiner Hilfe die Fünfprozentmarke erreichen, um Erstattung die von Wahlkampfmitteln beantragen zu können.

Kennedy hofft zudem, dass ihn Trump-Anhänger in US-Bundesstaaten wählen, die sonst von Demokraten dominiert
werden. Ob er einen Staat und damit Wahlmännerstimmen gewinnt, wird man sehen. Trump hat jedenfalls versprochen, mit Kennedy ein Unity Government zu bilden, dem auch die Libertären angehören dürften. Kennedy will im Transition-Team, das für die Auswahl des Personals der künftigen Trump-Regierung zuständig sein wird, den Vorsitz übernehmen. Seine Agenda hat Trump in wesentlichen Teilen übernommen. Am 5. November wird man am Ende der Wahl erkennen, ob und wie der Kennedy-Faktor wirkt.


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