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Schlager stiften deutsche Identität in Schlesien

Nicht nur der Ballermann zieht Publikumsmagneten aus der Bundesrepublik an

Chris W. Wagner
04.09.2022

Prominente der deutschen Unterhaltungsmusik geben sich derzeit in Schlesien die Klinke in die Hand. Kaum, dass Anfang August Patrick Lindner oder Lou Bega das Publikum im Oppelner Amphitheater begeisterten, wurden für den 10. September in der Breslauer Jahrhunderthalle Stephan Mross und Anna Carina Woitschack angekündigt.

Die Schlagergala in Oppeln zählt zu den größten deutschen Schlagerfesten schlesienweit und findet ausgerechnet in der „Hauptstadt des polnischen Liedes“ statt. So nämlich wird Oppeln polenweit genannt, weil im dortigen Amphitheater seit 1963 jeden Sommer ein mehrere Tage dauerndes „Festival des polnischen Liedes“ stattfindet. Oppeln als Austragungsort dieses Großereignisses sollte mithelfen, den Nimbus der gefühlt deutschesten Stadt im Land zu brechen, und ist besonders durch den damaligen Bürgermeister Karol Musioł (1905 – 1983) gefördert worden. Der im oberschlesischen Birtultau [Biertułtowy] geborene polnisch optierende Kommunalpolitiker und Funktionär der kommunistischen Partei ließ 1963 für das „Festival des polnischen Liedes“ eigens das Amphitheater bauen. Fortan pilgerten Musikbegeisterte aus der ganzen Republik zum Festival, das zudem im polnischen Fernsehen zur besten Sendezeit übertragen wurde. Doch für die deutschen Oberschlesier blieb dieses Festival ein Fremdkörper.

2012 schaffte es ein bayerischer Sänger und Musikveranstalter, das Oppelner Amphitheater für die Deutsche Minderheit zu gewinnen, indem er den „Gott-Vater“ des deutschen Schlagers- und Volksliedes Heino holte. Tobias Thalhammer, alias Toby aus München, verdanken die oberschlesischen Schlagerfans seit vielen Jahren, dass namhafte deutsche Musiker wie die Hoffmann-Schwestern, Bianca, Lena Valaitis, Christian Anders, Hansi Hinterseer, die Wildecker Herzbuben, Michelle, Costa Cordalis oder Olaf Malolepski von den Flippers die Herzen höher schlagen ließen.

Schlesische Wurzeln hat Thalhammer nicht, aber 2003 hatte er sich für ein Radiopraktikum in der Oppelner Redaktion der Deutschen Minderheit „Schlesien Aktuell“ erfolgreich beworben. Mittlerweile ist er selbst ein Star in Oberschlesien mit einigen Liedern, die er auch im oberschlesisch-slawischen Dialekt, dem sogenannten Wasserpolnisch, singt. Doch die Musikherzen der Oberschlesier hatte er mit dem Lied „Sehnsucht nach Schlesien“ 2009 erobert, das er zusammen mit den oberschlesischen Lokalmatadoren, dem Proskauer Echo, herausbrachte.

Seit einigen Jahren sei es schwieriger geworden, Sänger dafür zu begeistern, in Schlesien aufzutreten, berichtet der Entertainer. Schuld daran sei die negative Berichterstattung in deutschen Medien, „aber dann erzähle ich immer, dass so viele Deutsche hier noch leben, was leider vielen in Deutschland gar nicht bewusst ist, und welche Liebe und Begeisterung es für Schlager in Oberschlesien gibt“, sagte Thalhammer im TV-Magazin der Deutschen Minderheit Schlesien Journal.

Es ist Thalhammer und seinen Kontakten in der Schlagerwelt zu verdanken, dass das alle zwei Jahre stattfindende Kulturfestival der Deutschen Minderheit hochkarätige Schlagerstars anlockt.

Am 10. September sind Anna Carina Woitschack und Stefan Mross die Publikumsmagneten des Kulturfestivals. Doch auf der Bühne präsentieren sich vor allem Vertreter der deutschen Volksgruppe aus Ostpreußen, Pommern und Schlesien. Um die Bühne herum bauen die Organisationen der Deutschen Minderheit ihre Informationsstände auf, Bildungsinstitutionen und der Jugendverband sind mit Ausstellungen oder Diskussionsrunden ebenso dabei. Auch Landsmannschaften und Partnerorganisationen aus der Bundesrepublik präsentieren ihre Arbeit in der Jahrhunderthalle. Damit möchte man vor allem die polnische Mehrheit motivieren, sich mit dem Thema: Deutsche in der Republik Polen auseinanderzusetzen. Die Deutschen selbst freuen sich vor allem auf Sänger Mross, der bei vielen ein beliebter Gast ihres sonntäglichen Sommervormittagsprogramms auf dem Bildschirm ist.


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