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Pascal Garnier hat einen ungewöhnlichen Roman mit einem Helden kreiert, der eine erbärmliche Figur abgibt und schließlich zum Mörder wird
Pascal Garniers „Der Beifahrer“ ist ein ungewöhnlicher Krimi. Es ist ein Glück, dass der bereits 2010 verstorbene Autor jetzt auch für das deutschsprachige Lesepublikum entdeckt wird. Auf 144 Seiten und mit wunderbar trockenem Humor entfaltet Garnier eine makabre Geschichte.
Alles beginnt recht normal. Fabien, der „Held“ des Romans und eine erbärmliche Figur, besucht seinen Vater. Wunderbar lakonisch, mit knappen und präzisen Sätzen beschreibt der Autor die Sprachlosigkeit, die zwischen den beiden herrscht: „Noch nie zuvor war ihm aufgefallen, dass seinem Vater so lange Haare aus den Ohren wuchsen.“
Die Ehe zwischen Fabien, einem Mittvierziger, und Sylvie ist trostlos. Nach einer kurzen Phase der Leidenschaft („Die eine Hälfte der Zeit hatten sie im Bett verbracht, die andere bei Tisch“) richten sich beide in einer lieblosen Beziehung ein. Die Geschichte nimmt Fahrt auf, als Fabien erfährt, dass seine Frau tödlich verunglückt ist. Allerdings war sie nicht allein. Das zweite Unfallopfer ist ihr Liebhaber, von dessen Existenz der gehörnte Fabien erst erfährt, als er schon Witwer geworden ist.
Fabien reagiert auf diese Nachricht nicht etwa mit großer Trauer oder dem Versuch, das eigene Leben neu zu ordnen. Er will Rache nehmen, und zwar auf ziemlich infantile Weise. So verfolgt er Martine, die Witwe des Mannes, der mit Sylvie im Auto gesessen hat und ihre Freundin Madeleine nach Mallorca. Es ist sein Ziel, mit Martine zu schlafen, um so für den Ehebruch seiner verstorbenen Frau Rache zu nehmen.
Dass das Ganze ziemlich danebengeht, kann man sich vorstellen. Im Laufe der Geschichte kommt es zu Morden, eine Leiche landet in der Tiefkühltruhe und taut bei einem Stromausfall auf. Hier hat jede Figur ihre Abgründe, die Garnier schonungslos und sehr unterhaltsam offenlegt. Dieser Humor und die fettfreie Sprache des Autors, die an Georges Simenon erinnert, lassen einen die ganze Trostlosigkeit der Handlung und des Figurenensembles ertragen.
Garnier übt keine offensichtliche Gesellschaftskritik. Er moralisiert nicht. Er schildert nur, was seinen Figuren widerfährt. Wenn man will, kann man hierin eine Kritik am französischen Kleinbürgertum sehen. Eigentlich alle Protagonisten in diesem „fies-fröhlichen Neo-Noir“ sind bösartig. Mitleid stellt sich nicht ein. Man darf auf die angekündigten weiteren Neuübersetzungen Garniers ins Deutsche mehr als gespannt sein. Eine klare Leseempfehlung!
Pascal Garnier: „Der Beifahrer“, Septime Verlag, Wien 2023. gebunden, 144 Seiten, 20 Euro