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Dramatiker und religionsphilosophischer Publizist, Sonderling und genialer Romantiker: Albert Friedrich Benno Dulk
Foto: WikimediaDramatiker und religionsphilosophischer Publizist, Sonderling und genialer Romantiker: Albert Friedrich Benno Dulk

Albert Dulk

Schriftsteller, Revolutionär, Sozialist und Freidenker

Der vor 140 Jahren gestorbene Königsberger hat mit Mut und Offenheit die Gesellschaft vorangebracht und Veränderungen bewirkt

Bernhard Knapstein
08.10.2024

Im Stuttgarter Stadtbezirk Untertürkheim wird unregelmäßig der Albert Dulk Preis verliehen, eine Auszeichnung für Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur, Gesellschaftspolitik, Wissenschaft und Wirtschaft, die mit Mut und Offenheit Grenzen überschreiten und Freiräume schaffen. Der erste Preisträger war 2016 der Stuttgarter Performancekünstler Pablo Wendel, der zweite drei Jahre später der Kabarettist und Autor Peter Grohmann.

Die Auszeichnung ist benannt nach Albert Friedrich Benno Dulk, einem am 17. Juni 1819 in Königsberg geborenem Revolutionär, der im 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle in der Arbeiterbewegung spielte. Dulks Vater war Apotheker und Professor der Chemie an der Albertina, seine Mutter Emilie geborene Hartung stammte aus der berühmten Königsberger Verlegerfamilie. Nach dem Besuch des Kneiphöfischen Gymnasiums immatrikulierte der Abiturient sich für ein Chemiestudium an der Universität in Königsberg.

Er diente ein Jahr bei der Armee als Freiwilliger und war als Lazarettapotheker in Breslau stationiert. Dort bekam er Kontakt zu August Heinrich Hoffmann von Fallersleben und dem militärkritischen Poeten Friedrich von Sallet.

Dulk setzte seine Studien in Berlin und Leipzig fort. Dort schloss er sich der burschenschaftlichen Bewegung an und bekam Kontakt zu Robert Blum. Neben Blum hielt auch Dulk eine feurige Rede auf dem Begräbnis der Gefallenen der Leipziger Unruhen 1845. Daraufhin wies ihn die Polizei aus Leipzig aus. Um seine Studien fortsetzen zu können, versteckte er sich bei einer Bankiersfamilie in der Pleiße-Stadt.

Seiner Leipziger Zeit wird Dulks Drama „Orla“, das vom Vormärz handelt, zugeschrieben. Er soll es aber bereits 1843 zurückgezogen in Gumbinnen anonym verfasst haben. Dulk schrieb zudem an einem Drama über das Attentat Heinrich Tschechs auf König Friedrich Wilhelm IV. im Juli 1844. Die preußische Geheimpolizei bekam Wind davon, und Dulk wanderte für vier Wochen in Untersuchungshaft in Halle an der Saale.

Noch im selben Jahr vollendete Dulk seine Dissertation und heiratete am 26. Oktober in Königsberg seine Cousine. Sein Wunsch, seinem Vater als Professor an die Albertina zu folgen, scheiterte bereits daran, dass er sich nicht habilitieren konnte, da seine angeblich den Staatsfrieden zersetzenden Umtriebe bekannt waren.

Kurz vor der Märzrevolution 1848 wurde sein äußerst erfolgreiches Bühnenstück „Lea“ in Königsberg uraufgeführt. Das Stück handelt von dem Hofjuden Joseph Süß Oppenheimer, setzt sich mit antisemitischen Klischees auseinander und stellt sein Ideal eines überkonfessionellen Gesellschaftsfriedens vor.

Teilnehmer der 48er Revolution
Dulk nahm in Königsberg aktiv an der Revolution 1848/49 teil, gründete einen Arbeiterverein sowie eine Sonntagsschule für Lehrlinge und publizierte die Zeitschrift „Der Handwerker“, in der die soziale Frage thematisiert wurde. Doch der Sieg der Reaktion über die Achtundvierziger veranlasste Dulk, dem Leben in Deutschland zu entsagen. Er floh nach Italien, zog sich später für Monate als Eremit in eine Felsenhöhle auf den Sinai zurück, um „in einsamer Stille noch einmal meinen Gott in mir zu suchen“.

Aktiv in der Arbeiterbewegung
Nach Europa zurückgekehrt, lebte Dulk polyamor mit Gattin und zwei weiteren Frauen in einer Sennhütte am Genfer See, bevor er nach Stuttgart-Untertürkheim übersiedelte und die württembergische Staatsbürgerschaft annahm. Er schrieb Dramen, Bühnenstücke, veröffentlichte Theaterkritiken und kirchenkritische Texte sowie Polemiken gegen Otto von Bismarcks Blut-und-Eisen-Rhetorik. Dulk trat dem von Ferdinand Labsale gegründete Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) bei und kandidierte für die Arbeiterbewegung zu Reichstags- und Landtagswahlen. Wegen seiner wiederholt kritischen Publikationen gegen Staat und Kirche wurde Dulk mehrmals verurteilt und galt fortan als respektabler Märtyrer der Arbeiterbewegung.

Der Dramatiker und religionsphilosophische Publizist, der Sonderling und geniale Romantiker Albert Dulk erlag am 2. November 1884 einem Herzversagen. Der Trauerzug für den gebürtigen Ostpreußen wurde mit geschätzten fünf- bis zehntausend Teilnehmern zur größten Massendemonstration während der Geltungsdauer des Sozialistengesetzes.

Der Albert Dulk Preis soll Persönlichkeiten würdigen, die wie sein Namensgeber mit Mut und Offenheit die Gesellschaft voranbringen und Veränderungen bewirken. Die Auswahl der Preisträger erfolgt durch ein Komitee, das aus Vertretern der Untertürkheimer Vereine besteht.


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