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Szenen wie an den Stränden Mallorcas: Cranz war im Hochsommer völlig überfüllt
Foto: J.T.Szenen wie an den Stränden Mallorcas: Cranz war im Hochsommer völlig überfüllt

ostseebäder

Sommer-Chaos in Cranz

Hitze, Staus, überfüllte Strände und Wasserknappheit – Urlauberrekord im nördlichen Ostpreußen führt zu massiven Problemen

Jurij Tschernyschew
06.09.2023

Die Tourismusbranche im nördlichen Ostpreußen erlebt in diesem Jahr einen beispiellosen Aufschwung. Die Zahl der Urlauber ist im Vergleich zum letzten Jahr um fast 30 Prozent gestiegen. Im Ergebnis werden dieses Jahres mehr als zwei Millionen Touristen erwartet, was einen absoluten Rekord für den gesamten postsowjetischen Zeitraum darstellt. Die Einnahmen des Gastgewerbes in der Region sind im Durchschnitt um fast 20 Prozent gestiegen.

Woher kommt der Touristenrummel, der jetzt in den Ferienorten der Ostseeküste zu beobachten ist?
In diesem Jahr hat Cranz dem Kurort Rauschen endgültig den Rang als attraktivster Ferienort der Region abgelaufen. Und das liegt nicht nur daran, dass Cranz seine Infrastruktur aktiv ausbaut, sondern auch daran, dass Rauschen in diesem Jahr seine Strände fast vollständig verloren hat. Der Zugang zu ihnen wurde wegen des Weiterbaus der Promenade gesperrt. Deshalb waren in der Hauptsaison die Strände von Cranz buchstäblich mit den Körpern der Urlauber bedeckt. Wer in den morgendlichen Zügen nach Cranz fuhr, fand schon keinen Platz mehr am Strand.

Schon vormittags sind die Plätze am Wasser überfüllt, und man konnte nur noch im Stehen ein Sonnenbad genießen. An den zentralen Badeorten der Ostseeküste herrschte überall Chaos.

Staus auf dem Weg zum Meer im Sommer sind den Königsbergern bereits vertraut, aber was sich in diesem Jahr abspielte, übertraf alles bisher Dagewesene. Die Situation auf den Straßen zu den Badeorten wurde durch Verkehrsunfälle noch verschärft. Fast alle Fahrten ans Meer erstarrten im Stau. Der Abschnitt zwischen den Ausfahrten nach Neuhausen [Gurjewsk] und Fischhausen [Primorsk] wurden stillgelegt. Staus blockierten zwei Zufahrten nach Cranz aus den Siedlungen Biothen [Malinowka] und Kaveling [Sosnowka].

Kampf um den Platz am Wasser
Es war auch besonders schwierig, mit dem Auto auf die Kurische Nehrung zu gelangen. An Wochenenden erstreckte sich der Stau bis zum Kontrollpunkt des Nationalparks über fünf Kilometer. Ebenso kompliziert war es, nach Pillau zu gelangen. Der Stau in der Nähe des Dorfes Groß Heydekrug [Wsmorje] war bis zu drei Kilometer lang.

Einfacher war es hingegen, mit dem Zug zum und vom Meer weg zu fahren als mit dem Bus oder dem Pkw. Allerdings ist der Komfort im Zugverkehr sehr gering. Schon die Anreise nach Cranz ist schwierig, die Rückreise umso mehr. Die Waggons waren im Hochsommer selbst an Arbeitstagen völlig überfüllt. In den Vorortbahnen sind keine Stehplätze vorgesehen, sodass man sich nirgends festhalten kann. Dazu stellen viele Fahrgäste die Gänge mit Kinderwagen, Rollern und Fahrrädern zu.

Für die Einwohner von Cranz kam es neben dem kaum zu bewältigenden Zustrom von Urlaubern noch zu einem weiteren Problem – die Wasserversorgung. Unterbrechungen der Wasserversorgung wurden vor allem in Vorkriegshäusern im Zentrum des Kurorts beobachtet. Während der heißen Sommertage ließ der Wasserdruck in den alten Häusern nach oder verschwand gänzlich. Die Einwohner beschwerten sich wiederholt bei der Verwaltung von Cranz und der Gebietsregierung, was aber zu keinen positiven Veränderungen geführt hat.

Die Kurverwaltung führte das Pro­blem auf den fast ununterbrochenen Wasserverbrauch bei heißem Wetter durch Einwohner, Touristen und Ausflügler aus den umliegenden Dörfern zurück. Zudem wurde die Situation durch die Frühjahrstrockenheit beeinträchtigt, durch welche die unterirdischen Quellen merklich erschöpft waren. Viele Bürger glauben jedoch, dass die Wasserknappheit vielmehr mit dem anhaltenden Massenbau neuer Wohnhäuser zusammenhängt, die an die alten Wassernetze angeschlossen werden, ohne dass neue gebaut werden. Infolgedessen sei die kommunale Infrastruktur von Carnz überfordert.

Leere Speicher wegen Trockenheit
In Anbetracht des zu erwartenden großen Zustroms von Touristen auch im kommenden Jahr plant die Region die Einführung einer Kurtaxe. Die Gebühr soll etwa einen Euro täglich ab dem zweiten Tag des Aufenthalts betragen. Für Einwohner der Region, Kinder, Mitglieder offizieller Sportdelegationen, Kulturprojekte und Begünstigte wird die Gebühr erlassen.

Neben den Touristen aus Russland, die derzeit keine Möglichkeit haben, ins westliche Ausland zu reisen, hatte das Königsberger Gebiet auch einige Besucher aus der Bundesrepublik. Autos mit deutschen Kennzeichen sind auf den Straßen der Städte der Region häufig anzutreffen. Bei den meisten von ihnen handelt es sich um Ostpreußen, die in der Bundesrepublik leben. Während der Sommerschulferien betrug die Wartezeit bei der Einreise vier bis fünf Stunden und bei der Ausreise bis zu 20 Stunden.

Seit dem 1. August haben nicht-russische Staatsbürger, darunter auch deutsche, wieder die Möglichkeit, ein russisches elektronisches Visum zu erhalten. Es kostet etwa 50 US-Dollar. Es sind keine Dokumente erforderlich. Man muss lediglich ein elektronisches Antragsformular ausfüllen und bis zu vier Arbeitstage auf eine Entscheidung über die Erteilung warten. Das Visum berechtigt zu einem Aufenthalt von bis zu 16 Tagen in Russland.


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