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Großbritannien

Sturm um Schottland und Labour

Die Wahlen auf der britischen Insel haben einiges durcheinandergewirbelt

Claudia Hansen
12.05.2021

Der Jubel schottischer Nationalisten scheint kein Ende zu finden. Sie feiern ihren Wahlsieg. „Erdrutsch“, titelte die Zeitung „The Herald“ aus Glasgow in dicken Lettern. Dagegen wählen unionistisch-englische Zeitungen eine andere Schlagzeile: „Sturgeon verfehlt die Mehrheit“, so der „Sunday Telegraph“.

Beides stimmt. Die links orientierte Schottische Nationalpartei (SNP) von Nicola Sturgeon hat bei der Regionalwahl vor einer Woche die absolute Mehrheit der 129 Sitze im Edinburgher Parlament Holyrood knapp um einen Sitz verfehlt. Aber zusammen mit den schottischen Grünen, die ebenfalls die Unabhängigkeit anstreben, hat das Independence-Lager eine große Mehrheit. Alex Salmond, früher Sturgeon-Mentor und inzwischen ihr Intimfeind, verpasste mit seiner neuen Partei Alba den Einzug ins Parlament.

Parlamentswahl in Schottland

Gegen Sturgeons Wunsch, möglichst schon im nächsten Jahr ein „Independence Referendum 2“ abzuhalten, baut die Londoner Tory-Regierung nun Widerstand auf. „Unverantwortlich und rücksichtslos“ sei ein neues Referendum, welches das Land zerreißen könne, während es sich gerade erst von der Corona-Pandemie erholen müsse, sagte Premierminister Boris Johnson. Das ist die Verteidigungslinie der konservativen Regierung, die nach dem Brexit darum kämpft, das britische Königreich gegen gestärkte separatistische Bestrebungen zusammenzuhalten.

Dabei ist der Hass, den gerade Johnsons Regierung bei vielen Bewohnern Edinburghs, Glasgows und Aberdeens sowie bei vielen anderen Low- und Highlandern hervorruft, schwer vorstellbar. Die SNP hat historische – oft begründete – Ressentiments der Schotten gegen England mit neuerem linksgrünen Groll gegen die Tory-Rechten vermischt und eine mächtige Bewegung geschaffen.

Sturgeon will Schottland aus dem verhassten Brexit-Britannien lösen und möglichst rasch in die Europäische Union zurückführen. „Klimaschutz“, Weltoffenheit, Toleranz und „Inklusion“, dazu alle linken modischen LGBT-Themen führt die SNP in ihrem Programm. Dass eine Abspaltung große praktische Pro­bleme brächte, etwa das Ende der Milliarden-Finanztransfers aus England, und damit schwer zu finanzieren wäre, ignorieren die SNP-Anhänger.

Nachwahl für das Unterhaus

Johnsons Konservative wollen nun eine Gratwanderung vollziehen: die Schotten nicht weiter vor den Kopf stoßen, aber ein Referendum hinauszögern. Die Laune im Tory-Hauptquartier ist derzeit trotz der schottischen Sorgen nicht tiefgetrübt – im Gegenteil. Johnson hatte ebenfalls Grund zum Jubeln: Bei der Nachwahl eines Parlamentssitzes in Hartlepool – der bisherige Labour-Abgeordnete war nach Sex-Vorwürfen zurückgetreten – konnten die Konservativen einen Erdrutschsieg über Labour erzielen.

In Hartlepool war das in diesen Tagen am meisten fotografierte Motiv eine aufblasbare, weit über zehn Meter hohe Blondschopf-Puppe, die der Premier mit den Worten kommentierte: „Die kommt mir irgendwie bekannt vor.“

Der überlebensgroße Boris Johnson steht symbolisch für den persönlichen Triumph des Premiers. Die wochenlangen Anklagen von Labour gegen den angeblich weitverbreiteten „Sleaze“ (Filz) der Tory-Regierung, heftige Angriffe gegen Johnson wegen angeblicher Aussagen in der Corona-Krise („Lasst die Leichen sich stapeln“) und die Vorwürfe rund um die teuer renovierte Wohnung in der Downing Street, die er mit seiner Verlobten Carrie Symonds und dem Baby Wilfred bewohnt – all dies hat den Tories in der Hartlepool-Wahl und weiteren Kommunalwahlen anscheinend nicht geschadet. Johnson strahlte nach der Wahl am vergangenen Donnerstag.

Dagegen sieht Oppositionsführer Keir Starmer nach dem Hartlepool-Debakel für Labour wie ein begossener Pudel aus. Der seit einem Jahr an der Spitze von Labour stehende Jurist, eine korrekte, aber etwas langweilige Erscheinung mit Seitenscheitel, versucht nach dem radikalen Linkskurs seines sozialistischen Vorgängers Jeremy Corbyn die Partei für Wähler der Mitte attraktiver zu machen, doch wackelt seine Position merklich.

Starmer nannte die Wahlergebnisse eine bittere Enttäuschung. Nur in Wales und einigen Städten wie Manchester schnitt Labour gut ab, in Nordengland bröckelt die frühere „Red Wall“. In Hartlepool, wo fast 70 Prozent für den Brexit waren, versuchten die Labour-Genossen noch, durch Union-Jack-Beflaggung patriotische Wähler an sich zu binden, doch insgesamt fremdelt das alte Arbeitermilieu mit der Partei.

Viele Wähler hätten den Eindruck, dass Labour sich eher für Transgender- und Rassismus-Fragen als für bessere Löhne und sichere Arbeitsplätze einsetze, klagte der lokale Parteichef in Hartlepool. Ein Abgeordneter trat am Wochenende aus dem Schattenkabinett zurück und klagte, dass „Woke“-Aktivsten die Partei übernommen hätten.

„Woke“ ist ein Modewort für eine politisch hyperkorrekte, progressistische Strömung. Starmer reagierte auf die Wahlniederlage zunächst mit einer Umbildung seiner Wahlkampfführung, aus der er die Linke Angela Rayner entfernte. Der linke Rand der Labour-Partei nahm das als Kriegserklärung auf. Später wurden Rayner in einer überraschenden Wende plötzlich im Schattenkabinett wichtige Posten übertragen. Labour stehen weitere stürmische Zeiten bevor.


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Kommentare

Siegfried Hermann am 12.05.21, 09:52 Uhr

Das ganze Affentheater kommt reichlich bekannt vor:
Teile und herrsche!
Katalonien.
Korruption der alten Systemparteien wohin man schaut.
Und die Schwulen/Lesben/total Vertrahlten wittern Morgenluft und punkten mit puren Populismus und bolschewiki-Kulturkampf in stalinistischer Manier, neuerdings gepaart angereichert mit BLM, Moslem arxxkxx. Fäs-räsimän genannt.
Und eine total verblödete Jugend, die absolute Nullschäcker sind.
Ergo:
the same as every year.

Ein souveränes Schottland sieht anders aus!

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