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Syrien

Tod an der neuen Hagia Sophia

Eine mit russischer Hilfe erbaute syrische Kirche wurde Ziel eines IS-Terrorangriffs – Zwei Christen getötet

Bodo Bost
08.08.2022

Nachdem Russland im Syrienkrieg ganze Städte dem Erdboden gleichgemacht hat, gibt man sich nach Beendigung der Kampfhandlungen als Barmherziger Samariter. So wurde mit russischer Hilfe im Ort Suqailabiyya in der Provinz Hama eine Kirche erbaut, die eine kleine Kopie der Hagia Sophia von Istanbul darstellen soll. Während der Eröffnungsfeierlichkeiten wurde die an der Frontlinie zur Terroristenhochburg Idlib gelegene Kirche jetzt Ziel eines Drohnenangriffs von Dschihadisten, bei dem zwei Christen getötet wurden.

Im Jahr 2020, als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan in einer demonstrativen Geste der Übermacht des Islams über das Christentum die einst größte Kirche der Christenheit, die Hagia Sophia von Konstantinopel, die zuletzt jahrzehntelang ein Museum war, wieder in eine Moschee verwandelte, erfolgte in Syrien von dem dortigen alawitischen Staatschef Baschar al-Assad der Beschluss, wieder eine neue Hagia-Sophia-Kirche zu bauen. Nach nur zwei Jahren Bauzeit wurde eine kleine Nachbildung der Hagia Sophia fertiggestellt. Statt der vier charakteristischen Minaretttürme, die man in Istanbul nachträglich angebracht hatte, als man die Kirche in eine Moschee umweihte, prangt ein goldenes Kreuz auf der Kuppel der syrischen Variante. Im Vergleich zum monumentalen Istanbuler Original sieht die Hagia Sophia von Suqailabiyya wie kaum mehr als eine bescheidene Kapelle aus.

An der Nahtstelle zum IS

Der Ort der neuen Hagia-Sophia-Kirche befindet sich in einer Region im Nordwesten Syriens, in der es einige der wenigen mehrheitlich christlichen Städte im überwiegend islamischen Syrien gibt. Die beiden christlichen Städte Suqaylabiya und Maharda im Norden von Hama hatten zwar zunächst den Aufstand gegen den Präsidenten Assad 2011 unterstützt, aber als dieser Aufstand immer mehr von radikalen Moslems unterwandert wurde und zu einem Glaubenskrieg umfunktioniert wurde, waren viele Christen zu Assad zurückgekommen. In der Folge wurden Christen Opfer der Dschihadisten und der Terrorgruppe Islamischer Staat.

Als Russland ab 2015 an der Seite Assads in den Konflikt gegen die Rebellen in Syrien eintrat, bildete sich in Suqaylabiya eine christliche Miliz unter dem Oberkommando von Nabeel al-Abdullah, die sich als Verbündete von Russland und Assad an der Niederwerfung des islamischen Aufstandes beteiligte. Die Armee Assads konnte zwar mit russischer Hilfe große Teile des Landes und die zweitgrößte Stadt Aleppo zurückgewinnen, aber Dschihadisten aus ganz Syrien machten die Provinz Idlib an der Grenze zur Türkei zu ihrem Zentrum, in das sie sich mit türkischer Hilfe zurückzogen.

Die Front zu dieser Dschihadisten- Provinz, die weiterhin von der Türkei unterstützt wird, befindet sich nur wenige Kilometer nördlich von Suqaylabiya. Fast alle Christen aus Idlib wurden aus ihren einstigen Hochburgen wie Dschir al Sughur von zumeist uigurischen dschihadistischen Milizen und türkischen Soldaten vertrieben.

Putins Seitenhieb gegen Erdoğan

Nabeel al-Abdullah, ein syrisch-orthodoxer Christ, hatte die Idee, an der Frontlinie zum radikalen Islam, der zum Teil auch vom NATO-Mitglied Türkei unterstützt wird, eine neue Hagia-Sophia-Kirche zu bauen. Er fand die Unterstützung des russischen Militärs in dessen Militärstützpunkt Hmeimim in der Provinz Latakia und auch die seines Bischofs Nicola Baalbaki, dem Metropoliten von Hama.

Abdullah reiste sogar nach Moskau und stellte sein Projekt in der russischen Duma vor. Auch Russland war seinerzeit verärgert über die Entscheidung des türkischen Staatschefs Erdoğan, die Hagia Sophia von einem Museum in eine Moschee umzuwandeln. Immerhin war die Hagia Sophia nach der Eroberung durch die Türken 1453 auch Modell für viele russisch-orthodoxe Kirchen. Im Jahr 2020 nahm Abdullah an dem von der Christlichen Friedensunion organisierten Siebten Internationalen Forum für Religion und Frieden in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau teil. Abdullah erhielt mehrere russische Orden und Medaillen.

Am 24 Juli sollte die Miniaturnachbildung des Originals der Istanbuler Hagia Sophia in Suqaylabiya feierlich eröffnet werden. Videos zeigen zahlreiche Beamte, die an der Eröffnungszeremonie teilnahmen, sowie orthodoxe Priester, die das Gotteshaus segneten. Vor der Kirche war ein Wandgemälde zu sehen, das den syrischen Präsidenten Assad neben dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zeigt. Während der Einweihungszeremonie, an der auch eine russische Delegation teilnahm, erfolgte ein Drohnenangriff aus dem nahegelegenen Idlib-Gebiet, in der die Türkei das Sagen hat. Dabei wurden nach Angaben der syrischen staatlichen Agentur SANA zwei Teilnehmer der Zeremonie getötet und zwölf verletzt.

Der Angriff erfolgte wenige Tage, nachdem berichtet worden war, dass bei russischen Luftangriffen in der von Rebellen kontrollierten nordwestlichen Provinz Idlib sieben Menschen getötet worden waren. Bei den Opfern in Suqaylabiya handelte es sich um christliche Vertriebene aus dem Gebiet Idlib.


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Kommentare

Ralf Pöhling am 08.08.22, 14:37 Uhr

Die IS Schattenarmee der Türkei schießt aus dem in Syrien durch sie rechtswidrig okkupierten Gebiet mit einer Drohne den symbolischen Miniaturwiederaufbau der Hagia Sophia als christliche Kirche ab. Wer jetzt noch immer nicht begriffen hat, was hier seit Jahren läuft und wer die treibende Kraft dahinter ist, der sollte einfach seinen Mund halten und endlich den Weg freimachen für die, die es begriffen haben. Wenn hier nicht endlich Stellung bezogen wird, wird es spätestens 2023 in ganz Europa knallen wie seit 80 Jahren nicht mehr.

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