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Der Wochenrückblick

Ultra, ultra, ultra!

Warum die Ampelleute nur noch auf Wunder hoffen, und wie ein Argentinier zum Feindbild wurde

Hans Heckel
17.08.2024

Haben Sie das mitbekommen? In normalen Zeiten wäre das ein Hammerschlag gewesen, unter dem das Land mindestens mehrere Tagen, wenn nicht Wochen gebebt hätte. Dass es nicht dazu kam, sagt eine Menge aus über den Zustand unserer Regierung. Denn so etwas tut man eigentlich nicht, das ist eine absolute Tabuzone.

Aber Wolfgang Kubicki hat es getan, er hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zum Rücktritt aufgefordert, also einen Vertreter seines Koalitionspartners, öffentlich! Und es passiert – nichts. Üblicherweise werden solche Attacken innerhalb eines Regierungsbündnisses hinter verschlossenen Türen geritten. Später hören wir aus „für gewöhnlich gut informierten Kreisen“ irgendein Geraune über „wachsenden Unmut innerhalb der Koalitionspartner über ...“ Doch eine offene Rücktrittsforderung? Das macht nur die Opposition, dafür ist sie da.

Gut, es war Wolfgang Kubicki. Der redet viel und oft auch ganz vernünftige Sachen. Nur folgt daraus eigentlich nie etwas. Der grundsympathische Liberale hat seinen Platz gefunden in der Rolle der Reichsplatzpatrone. Wenn er spricht, kann es richtig laut knallen, sobald sich der Pulverdampf aber verzogen hat, stellen wir verdutzt fest, dass sein vermeintliches Geschoss nirgendwo eingeschlagen ist. Platzpatronen sind dazu da, den Eindruck eines Schusses zu erzeugen, ohne dass irgendwer getroffen wird. Darin ist Kubicki absolute Spitze.

Also bleibt Lauterbach selbstverständlich im Amt, trotz der offengelegten Skandale im Zusammenhang mit seiner Corona-Politik. Er bleibt im Amt wie alle anderen in dieser Regierung, und der Dauerstreit geht weiter. Wobei man sich fragt, warum es die Ampel überhaupt noch gibt angesichts der offenkundigen Zerwürfnisse. Antwort: Die Koalition ist ein sinkendes Schiff, dem die Rettungsboote weggeschwommen sind.

Von solchen Rettungsbooten gibt es zwei Sorten: Die erste wäre der fliegende Wechsel zu einem neuen Partner, etwa der FDP zur Union wie 1982. Geht nicht, haben zusammen keine Mehrheit im Bundestag. Die zweite besteht in Neuwahlen. Um Himmels Willen! Alle drei Ampelhaufen versänken nach den derzeitigen Umfragezahlen im Desaster einer brutalen Niederlage.

Also zankt man weiter und hofft auf ein Wunder. Wenn man sich die katastrophalen Sympathiezahlen von Kanzler, Koalition und Ministern anguckt, nötigt einem dieser zähe Wunderglauben fast Respekt ab. Allerdings hält dieser Glaube die Ampel nicht erst zusammen, seit sie sich auf die Fahrt in den politischen Abgrund begeben hat. Vielmehr bildete diese blühende Illusion von Beginn an das Fundament jener „Fortschrittskoalition“.

Am Anfang, im Jahr 2021, glaubten die Akteure von Rot, Grün und Gelb ganz fest: Wenn wir erst mal dran sind, flutscht alles wie von selbst, die Widersprüche lösen sich auf und wir werden die absoluten Stars sein! Kam ganz anders, wie Sie wissen. Doch wie Wundergläubige es tun, reagierten die Ampelleute auf böse Überraschungen nicht etwa mit der Korrektur ihres verheerenden Kurses, sondern mit Beschwörungsformeln, welche die Wirklichkeit bezwingen sollten.

Der „Wumms“ und, als der verpuffte, der „Doppelwumms“ sollten uns im „Deutschlandtempo“ durch alle Klippen führen zum „grünen Wirtschaftswunder“. Tatsächlich gehen Firmen und Produktionsstätten in einem Ausmaß und einer Geschwindigkeit zugrunde und Arbeitsplätze verloren, dass man meinen könnte, eine feindliche Besatzungsmacht zieht in Deutschland gerade das brutalste Demontageprogramm der europäische Geschichte durch.

Drei Generationen rotes Abrakadabra
Die Deutschen blicken nicht gerade glücklich auf den Demontagekurs der Ampel und fragen sich, wohin uns das bringen wird. Wohin wohl? Es gibt da ein historisches Vorbild. In den 1940er Jahren galt Argentinien als eines der reichsten Länder der Welt und wurde für viele Menschen im kriegsverwüsteten Europa zum Sehnsuchtsort.

Nach drei Generation sozialistischem Abrakadabra aber war Argentinien zum bankrotten ökonomischen Schrotthaufen verkommen. Eines der wenigen Produkte, für welches das südamerikanische Land noch Weltruf genoss, was das argentinische Steak, das aus den gigantischen Farmen reicher Viehzüchter stammt.

Von Cristina Fernández, sozialistische (was sonst?) Präsidentin des Landes von 2007 bis 2015, ist überliefert, dass sie nichts mehr hasste und verabscheute als eben diese Großgrundbesitzer mit den Rinderfarmen. Es ist schon bemerkenswert, mit welch sicherem Instinkt Sozialisten auf alles losgehen, was noch funktioniert im Land, um es auch noch plattzumachen. Aber das kennen wir ja, siehe die deutsche Auto-Industrie, unsere Energie-intensive Chemiebranche oder die einst weltweit führende deutsche Atomwirtschaft. Die Ampel kriegt das alles kaputt oder hat es schon geschafft.

Die Steaks kriegt man nach wie vor, also hat Fernández ihr Werk offenbar nicht ganz zu Ende bringen können. Aber den Argentiniern reichte es irgendwann mit den Armregiertwerden und sie brachten im vergangenen Dezember Javier Milei an die Macht. Unsere Medien hatten aus allen Rohren auf den Sohn eines Busfahrers geschossen, und die linke Plattform „Wikipedia“ warnt uns alle heute noch. Zu Milei lesen wir da: „Er gilt als ,ultraliberal', ,ultrakonservativ' und/oder ,rechtspopulistisch'. Der Anhänger der Österreichischen Schule und des Anarchokapitalismus ist der Gründer der libertären, konservativen und ultrarechten Parteienkoalition La Libertad Avanza.“

Gleich dreimal „ultra“, zweimal „rechts“ und dann noch „populistisch“ – Die „Wiki“-Macher hätten auch schreiben können: Javier Milei kommt direkt aus der Hölle. Und die höllische Kreatur legte sofort los. Milei baute den verfetteten Staatsdienst brachial ab und schickte Scharen von verdienten Genossen, die im weitverzweigten Netz staatlicher Unternehmen und Dienststellen ein komfortables Auskommen hatten, in die Wüste. Zusammengefasst: Er kürzte und liberalisierte, was das Zeug hielt. Erstes Resultat: Die Wirtschaft erholt sich sprunghaft und die Inflation ist von 25 auf fünf Prozent gefallen.

Auch deregulierte Milei den Wohnungsmarkt, woraufhin sich das Wohnungsangebot plötzlich verdreifachte und die Mieten um 20 Prozent fielen. (Sie haben vielleicht gehört, dass die Grünen im Land Berlin mit der Forderung nach einem sogenannten Vermieterführerschein exakt den entgegengesetzten Weg gehen wollen.)

Man begreift, warum der Mann zum finsteren Feindbild des linken Lagers in Deutschland gereift ist. Dass er dazu werden konnte, liegt auch an dem Vorbild, an dem sich Milei nach eigenen Worten orientiert: Ludwig Erhard. Dem war nichts fremder als der Glaube an „Wunder“, weshalb er das Wort „Wirtschaftswunder“ auch nicht leiden konnte. Was „Wiki“ wohl heute zu Erhard sagen würde? Was wohl: „Ultra, ultra, ultra!“


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