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Foto: Sammlung Stefan PonzelOhne Pass nach Ostpreußen: Diese Reisewerbung für Ostpreußen verspricht eine schnelle Verbindung ohne Pass, Visum und Kontrolle durch den polnischen Korridor. Heute bleibt dieses Angebot eine Wunschvorstellung

Ostpreußische Eisenbahn

Unglück auf der Schiene

Menschliches Versagen, technische Fehler oder Sabotage kosteten Hunderte Menschenleben

Wolfgang Kaufmann
03.02.2021

Die Preußische Ostbahn, also jene 742 Kilometer lange Eisenbahnverbindung von Berlin über Königsberg bis nach Eydtkuhnen mit ihren rund 4000 Kilometern Zweig- und Nebenstrecken, war ein eminent wichtiger Teil des preußischen Schienennetzes. Ihre Fertigstellung erfolgte im Großen und Ganzen bis 1895. Schon bald rollten täglich bis zu sieben Ferngüterzüge und 15 Züge für den Personenverkehr von Berlin nach Königsberg, wobei die Fahrtzeit der Schnellzüge ab der Mitte der 1930er Jahre nur noch rund sieben Stunden betrug. Nie zuvor und dann auch niemals wieder konnte Ostpreußen derart bequem vom Rest Deutschlands aus erreicht werden.

Dabei kam es allerdings auch zu einigen schweren Eisenbahnunglücken, die insgesamt mehrere Hundert Menschenleben forderten. Die Katastrophen resultierten stets aus einem der drei folgenden Faktoren: Menschliches Versagen, technische Störungen oder Sabotage.

Menschliches Versagen
So starben am 8. Oktober 1916 zwölf Bahnpassagiere, als der D 24 von Eydtkuhnen nach Berlin bei Landsberg (Warte) auf einen liegengebliebenen Vorzug prallte, weil der Blockwärter die Strecke irrtümlich zu zeitig freigegeben hatte. Besonders tragisch verliefen zwei Zusammenstöße von Ostbahn-Zügen am 18. Januar 1944 in Müncheberg (Mark) und am 23. Januar 1945 unweit von Grünberg bei Mohrungen.

Im ersteren Falle gab es 56 Tote, als der D 52 ungebremst auf den stehenden P 360 auffuhr, dessen Lokführer gerade Wasser nachfüllen wollte, was dem Fahrdienstleiter entgangen war. Und im Falle des zweiten Unglücks machte das völlig übermüdete Personal eines Lazarett- beziehungsweise Evakuierungszuges mehrere fatale Fehler, woraufhin es zum Zusammenstoß mit dem vorausgeschickten vorderen Zugteil kam. Hierbei verloren schon zahlreiche Flüchtlinge und Verwundete ihr Leben, doch damit nicht genug: Kurz darauf wurden die havarierten Waggons auch noch von drei sowjetischen Panzern beschossen, wonach Infanteristen der Roten Armee heranrückten und sämtliche Deutsche in Uniform massakrierten – ganz gleich ob verwundete Soldaten oder Eisenbahner und Postbeamte.

Technisches Versagen
Der erste große Unfall infolge von technischem Versagen ereignete sich am 30. Juli 1918 bei Zantoch. An der Dampflokomotive eines Güterzuges brach die Kolbenstange und beschädigte das Gleis der Gegenrichtung, auf dem gerade der D 22 heranraste. Infolgedessen entgleiste der Schnellzug, prallte gegen die Frachtwaggons und fing zum Teil Feuer. Die traurige Bilanz: mindestens 40 Tote. Etwas glimpflicher verlief dahingegen die Kollision des E 87 nach Berlin und des P 304 nach Schneidemühl unweit von Müncheberg am 16. März 1939. Diesmal wurde nur der Lokführer des Personenzuges getötet, während 66 weitere Personen zum Teil schwere Verletzungen erlitten. Ursache des Ganzen war in allererster Linie ein Defekt an der Blockiereinrichtung, welche das Zusammentreffen von Zügen auf der eingleisigen Strecke verhindern sollte.

Und dann wären da noch die drei Anschläge auf den Bahnverkehr im Bereich der Preußischen Ostbahn. Der erste fand am 3. September 1907 kurz vor Mitternacht in der Nähe des späteren Haltepunktes Herrensee statt: Unbekannte
lockerten mutwillig eine Schiene, wodurch der Zug aus Insterburg entgleiste und zum Teil umstürzte.

Der zweite Sabotageakt datiert auf den 20. Januar 1920 und ging auf das Konto dreier polnischer Krimineller. Diese wollten einen preußischen Postgüterzug berauben und entfernten daher zwischen Schönlanke und Schneidemühl die Halterungen der Schienen, um die Waggons zum Entgleisen zu bringen. Selbige fielen dann freilich auf das Gegengleis, wo gerade ein Schnellzug herannahte, der nicht mehr bremsen konnte. Die Folgen der ruchlosen Tat: 18 Tote und 20 Verletzte. Aufgrund der dramatischen Zustände an der Unglücksstelle gelang den Tätern zunächst die Flucht, sie wurden aber später gefasst, zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Dahingegen blieb der heimtückische Anschlag auf den D 4 von Eydtkuhnen nach Berlin, bei dem 26 Menschen starben, bis heute unaufgeklärt. Der Zug entgleiste in der Nacht zum 1. Mai 1925 zwischen Swaroschin und Preußisch Stargard auf nunmehr polnischem Gebiet innerhalb des Korridors, der Ostpreußen seit Inkrafttreten des Versailler Vertrages vom übrigen Deutschland trennte. Wahrscheinlich war der Schienenweg sabotiert worden, um die Spannungen zwischen Polen und dem Reich weiter anzuheizen. Die Ermittlungen der polnischen Polizei liefen aber sämtlich ins Leere, obwohl man in Warschau gerne ein paar deutsche Nationalisten als Verantwortliche für das Verbrechen präsentiert hätte.


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