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Beatrix Flatt radelte 450 Kilometer von Zittau bis Stettin und traf dabei zahlreiche Menschen – Viele Probleme könnten gemeinsam gelöst werden
Anfang der 1930er Jahre hatte Jochen Klepper mit seinem Roman „Der Kahn der fröhlichen Leute“ den Menschen an der Oder ein berührendes Denkmal gesetzt. Für die Gegenwart hat das die Journalistin Beatrix Flatt wiederholt. Mit dem Fahrrad ist sie die 450 Kilometer beiderseits von Neiße und Oder von Zittau bis nach Stettin abgefahren und hat mit zahllosen Menschen in den Republiken Polen und Deutschland gesprochen, die sich um ein Zusammenleben beider Völker bemühen. Während sich „ganz oben“ die Regierungen in Berlin und Warschau etwas distanziert gegenüberstehen, erzwingen unmittelbare Probleme vor Ort ganz einfach eine konkrete Zusammenarbeit.
Die Menschen engagieren sich auf vielfältige Weise. Es gibt Bemühungen um kulturelle Verständigung, werden gemeinsame Projekte erörtert angesichts des im Neiße-Gebiet beide Länder betreffenden Strukturwandels, und es geht um Stadtentwicklung und umweltverträgliche Industrien, vor allem aber geht es um Natur- und Umweltschutz, wozu die traumhaft schöne Landschaft an der unteren Oder geradezu zwingt. Die Sorgen sind immens. Das Fischsterben im vergangenen Jahr sitzt den Menschen in den Knochen. Vieles deutet darauf hin, dass sich die Katastrophe dieses Jahr wiederholen könnte und dass zudem der von polnischer Seite favorisierte Ausbau der Oder das sensible Ökosystems zerstört.
Das Engagement in den zahlreichen Bürgerinitiativen hat viel erreicht, was hoffnungsvoll stimmt. Aber größer noch sind die drängenden Probleme auf allen genannten Gebieten. Es sind mitunter logisch zwingende Ideen, etwa gemeinsame Rettungsstationen an der See, gemeinsame Feuerwehren, gemeinsame Bildungseinrichtungen wie Schulen (einige wenige deutsch-polnische Schulen gibt es, etwa in Frankfurt oder in Heringsdorf), dass man sich fragt, warum deren Verwirklichung so lange dauert oder stagniert. Die Erfahrung: Der Amtsschimmel wiehert hüben wie drüben gleichermaßen!
Die Autorin hat sich bei ihrer Tour auf ihre Begegnung mit den Menschen konzentriert, was dem Buch seine Farbigkeit verleiht, auch wenn manche Begegnung doch allzu flüchtig ist. Etwas zu kurz kommen die Städte selbst. Außer zu Eisenhüttenstadt, Schwedt und dem – traurig trostlosen – Küstrin erfährt man wenig, zumal Frankfurt und Stettin, auch Görlitz, bleiben fast ganz außen vor. Aber es bleibt eine höchst anregende Begegnung mit vielen unkonventionellen Menschen in einer fast paradiesisch anmutenden Landschaft mitten in Europa.