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Erdöl

Venezuela ist zurück auf der internationalen Bühne

Der Ukrainekrieg macht Maduro wieder gesellschaftsfähig. Besonders eifrig dabei sind die Heimatländer von Chevron Corporation und TotalEnergies

Bodo Bost
16.01.2023

Der von den USA und ihren Verbündeten, darunter die Bundesrepublik, unterstützte ehemalige Präsident der Nationalversammlung von Venezuela Juan Guaidó, der sich 2019 selbst zum „Interimspräsidenten“ ernannt hatte, ist nun von seinem eigenen Lager fallengelassen worden. Die Oppositionellen haben die „Übergangsregierung“ beendet. Trotz der aktiven Unterstützung Washingtons ist es Guaidó nicht gelungen, Präsident Nicolas Maduro zu schwächen. Dieser wurde 2013 gewählt, 2018 in einer umstrittenen Wahl wiedergewählt und steht nun kurz davor, sein zehnjähriges Amtsjubiläum zu feiern. Die Führer der Opposition sind gespaltener denn je, sie konzentrieren ihre Ambitionen auf die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024.

Mitverantwortlich für die Abwahl Guaidós, der schon als Barack Obama Venezuelas gehandelt worden war, ist die neue internationale Konstellation, die durch den Ukrainekrieg geschaffen worden ist. Schon direkt nach Kriegsbeginn am 24. Februar hatten sich wegen des Öls geheime Gespräche zwischen den USA und Venezuela im Wochenrhythmus ergeben. Auf dem Weltklimagipfel in Ägypten hatte Maduro seinen ersten internationalen Auftritt, nachdem er jahrelang isoliert und von 50 Staaten nicht mehr als Präsident von Venezuela anerkannt worden war. In Ägypten kam es zu ersten Gesprächen zwischen dem venezolanischen Präsidenten sowie seinen französischen und US-amerikanischen Amtskollegen Emmanuel Macron und Joe Biden. Der nächste Schritt erfolgte am 10. November in Paris, als der kolumbianische Präsident Gustavo Petro mit Macron die Wiederaufnahme von Verhandlungen mit der venezolanischen Regierung vereinbarte.

Juan Guaidó wurde fallengelassen

Hinter all diesen internationalen Aktivitäten steht das Erdöl, von dem Venezuela die größten Lagerstätten weltweit besitzt. Die französische EU-Ratspräsidentschaft rief am 27. Juni während des G7-Gipfels in Deutschland dazu auf, „die Ölversorgungsquellen zu diversifizieren“ und dabei vor allem die venezolanische Produktion zu berücksichtigen. Maduro antwortete sofort, dass Venezuela „bereit“ sei, französische Ölfirmen zu empfangen.

Bevor das Öl fließt, besteht Maduro allerdings darauf, dass die internationale Gemeinschaft alle Sanktionen gegen seine Regierung aufhebt. Für Biden und Macron sind vor allem ihre Ölgesellschaften wichtig: Chevron und Total. Ihre Präsenz und Positionierung bei der Umstrukturierung der venezolanischen Ölindustrie, die in Kürze beginnen soll, ist entscheidend sowie die vorherige Begleichung der Milliardenschulden des staatlichen venezolanischen Ölkonzerns PDVSA.

Das jüngste Signal kam am 25. November nach einem Treffen zwischen der venezolanischen Regierung und der Opposition in Mexiko. Es wurde angekündigt, dass Chevron und Total mit einer sechsmonatigen Lizenz ihre Tätigkeit in Venezuela wieder aufnehmen können.

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass nun mehr venezolanisches Öl auf die Märkte gelangt. Bevor Chevron Öl pumpen kann, muss das Unternehmen Schulden eintreiben, seine Belegschaft aufstocken und milliardenschwere Investitionen tätigen. Das dann geförderte Rohöl darf nur in die Vereinigten Staaten gelangen und dient dazu, die Schulden des venezolanischen Staates bei dem Unternehmen in Höhe von vier Milliarden US-Dollar abzubauen und in die Versorgung zu investieren.

Das vermeintlich kleinere Übel

Nach Investitionen in einer Größenordnung von 50 Milliarden Dollar wird Chevron in der Lage sein, seine Produktion in Venezuela wieder anzufahren, kurzfristig jedoch nur um 30.000 Barrel pro Tag, was kaum Auswirkungen auf den Weltmarkt hätte. Chevron brauche mindestens ein Jahr, um die Ölförderung um 200.000 Barrel pro Tag zu steigern, berichtet das „Wall Street Journal“.

Total war um die Jahrtausendwende einer der wichtigsten Erdölproduzenten in Venezuela. Es war im Orinoco-Gürtel tätig, wo über 271 Millionen Barrel extraschweres Rohöl lagern, etwa ein Viertel der Reserven aller Länder der OPEC. Nach 30 Jahren, am 28. Juli letzten Jahres, hatte Total seine Anteile an PDVSA übertragen. Kurzfristig wird höchstwahrscheinlich das venezolanische Öl nicht genügen, um den Öl-Markt auszugleichen und die Preise zu stabilisieren. Die Ölproduktion Venezuelas ist nach Angaben der OPEC von 3,2 Millionen Barrel pro Tag vor 13 Jahren auf 723.000 Barrel heute zurückgegangen.

Venezuela ist zwar nicht plötzlich zur Demokratie geworden, aber der Sozialist Maduro erscheint im Vergleich zu muslimischen Autokraten in Katar, Aserbaidschan oder dem Iran als das kleinere Übel.


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