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Clan-Kriminalität

Verbrecher aus purem Schicksal?

Thomas Heise und Claas Meyer-Heuer berichten in ihrem Buch „Der Jahrhundertcoup“ über den Millionenraub des Remmo-Clans

Wolfgang Kaufmann
17.08.2024

Kürzlich ging eine Meldung durch die Medien, der zufolge drei der Mitglieder des arabischen Remmo-Clans, die im November 2019 an dem Millionendiebstahl im Grünen Gewölbe in Dresden beteiligt waren, ihre ohnehin schon lächerlich geringen Haftstrafen in Höhe von sechs und fünf Jahren im offenen Vollzug verbüßen dürfen. Angesichts des Umstandes, dass die Verbrecher sächsisches Volksvermögen im Wert von 116 Millionen Euro entwendet und schwer beschädigt hatten, wobei wichtige Stücke wie die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste oder die Epaulette mit dem Sächsischen Weißen Diamanten bis heute verschwunden blieben, löst diese Nachricht Wut aus. Diese verstärkt sich, wenn man die weiteren Details des Falles kennt, wie sie in dem Buch „Der Jahrhundertcoup“ zur Sprache kommen, das aus der Feder der „Spiegel“-Reporter Thomas Heise und Claas Meyer-Heuer stammt.

So erfährt der Leser, mit welcher Rücksichtslosigkeit die Täter vorgingen und wie viel Mühe nötig war, um Abdul Majed, Wissam, Bashir, Mohamed, Ahmed und Rabieh Remmo dingfest zu machen. Beispielsweise analysierten die 40 Kriminalisten der „Soko Epaulette“ 3200 Spuren und gingen 1700 Hinweisen aus der Bevölkerung nach. Außerdem wurden 59.700 Telefongespräche in acht Sprachen abgehört. Darüber hinaus durchsuchten 1638 Polizeibeamte um die 20 Objekte in Berlin. Am Ende umfasste die Ermittlungsakte 37.000 Seiten. Doch damit nicht genug: Der Freistaat Sachsen musste auch noch rund 3,8 Millionen Euro für die zwölf Pflichtverteidiger der angeblich mittellosen Remmos bezahlen.

Wut verursacht des Weiteren die aus dem Buch deutlich herauszulesende Unfähigkeit der Verantwortlichen für die Sicherheit der Kunstschätze im Grünen Gewölbe, allen voran die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, welche ab Juni 2025 als Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz fungieren soll – eine angesichts der Sachlage mehr als fragwürdige Personalentscheidung.

Ein ebenso extremes Ärgernis ist die von Heise und Meyer-Heuer beschriebene Haltung der bundesdeutschen Justiz gegenüber Verbrecher-Clans wie den Remmos. Diese werden nicht als kriminelle Vereinigungen nach Art der Mafia eingestuft, weil – so der Bundesgerichtshof – ein wesentliches Tatmerkmal fehle, nämlich der freie Zusammenschluss. In eine Großfamilie geboren zu werden, sei letztlich pures Schicksal

Thomas Heise/Claas Meyer-Heuer: „Der Jahrhundertcoup. Ein Clan auf Beutezug und die Jagd nach den Juwelen aus dem Grünen Gewölbe“, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2023, gebunden, 346 Seiten, 24 Euro


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