Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Von Deutsch Karstnitz in Hinterpommern blieb nur die interessante Geschichte
Derzeit gibt es zahlreiche Berichte über sogenannte „Lost Places“, sowohl in Publikationen als auch im Fernsehen – und zwar weltweit. Wir brauchen nicht zu suchen, auch in Hinterpommern gibt es zahlreiche Objekte dieser Art. Dabei handelt es sich zumeist um Plätze mit einst interessanter oft großer Geschichte, wie Gutshäuser und Herrensitze.
Oftmals wurden diese Objekte schon gleich nach der Besetzung 1945 zerstört, mutwillig angesteckt oder abgetragen. Andere wurden später einer neuen Nutzung unterzogen, die den Zustand über die vielen Jahre nicht besser werden ließ, bis sie zum Schluss zu Ruinen verkamen. Denn die Ideologie der neuen Machthaber nach 1945 passte gar nicht zu den historischen Bauten, die einst von „Privilegierten“ erbaut und bewohnt wurden. Es sind durch diese brutale Handlungsweise Werte von ungeahntem Ausmaß verloren gegangen, deren historische Bedeutung nur noch in Büchern und anderen Publikationen nachzulesen ist.
Natürlich gibt es auch positive Beispiele, wie das Bismarckschloss in Varzin, den Besitz der von Kamekes in Streckentin, heute Hotel „Bernsteinpalast“, und Schloss Podewils in Krangen, heute Schlosshotel.
Jetzt erwecken die Überreste als sogenannte „Lost Places“ überall Interesse. So manch jungem Besucher, der vor den Ruinen steht, wird sich mit Sicherheit nicht erschließen, warum die Altvorderen es so weit haben kommen lassen. Das Puttkamer-Schloss in Deutsch Karstnitz ist so ein Objekt und dank der Eintragungen auf der Stolper Seite kann man die interessante Geschichte nachlesen.
Das Schloss wurde einst als mehrflügeliges Wasserschloss angelegt, das auf einer Insel stand, die der Karstnitzbach zusammen mit einem künstlichen Kanal bildete. Mehrere Generationen der Familie von Puttkamer lebten hier als Herren über den 966 Hektar großen Gutsbesitz. Daniel Dietrich von Hebron zu Damnitz verkaufte Karstnitz 1686 an Georg Lorenz von Puttkamer als neues Lehen auch für seine Nachkommen, und es blieb 259 Jahre in ihrem Besitz. Nächster Gutsherr wurde Bogislaw Ulrich von Puttkamer, Landrat zu Stolp, der das Gut 1714 von seinem Vater übernahm.
Wilhelm Ulrich ließ das Schloss 1828 um den vorderen Flügel erweitern. Im Inneren gab es eine wertvolle Ausstattung mit Porzellanen und Porträts, darunter vier des berühmten Hofmalers der Zeit, Antoine Pesne, die Friedrich Wilhelm I., Gattin Sophie Dorothea und Staatsminister Wilhelm Heinrich von Thulemeyer nebst Gattin darstellten. Im Jahr 1910 besuchte die deutsche Kaiserin Auguste Viktoria Groß Karstnitz, das Schloss prangte in reichstem Schmuck. Die Kaiserin war vor Ort, weil sie für ein neues Kreiskrankenhaus für Tuberkulosekranke in Deutsch Karstnitz den Grundstein legte. Der letzte Familientag der von Puttkamers fand hier im Sommer 1939 statt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung der Deutschen ging das Schloss in das Eigentum des polnischen Staates über. Zuerst war hier eine Schule, dann eine landwirtschaftliche Beratungsstelle untergebracht. In den 1950er Jahren wurde das Schloss unter Denkmalschutz gestellt. Es war in einem halbwegs passablen Zustand. Unterschiedliche Investoren übernahmen das Anwesen nach 1990, unternahmen aber zu wenig, um das Gebäude zu sanieren und einem neuen Nutzungszweck zuzuführen. Im Jahr 2009 zerstörte ein Feuer große Teile des Schlosses. Im Mai 2012 wurde durch ein weiteres Feuer auch der Rest zerstört, das einen Wiederaufbau unmöglich machte, somit war das Schicksal des Schlosses besiegelt. Bei beiden Feuern wurde übrigens Brandstiftung als Ursache genannt.
Die Danziger Marcin Tymiński und Michał Piotrowski haben sich auf die Suche nach solchen „Vergessenen Orten“ gemacht und haben auch Deutsch Karstnitz [Karzniczka] besucht. Über 250 zerstörte Herrenhäusern, Burgen, Paläste, Bunker und Fabriken haben sie in ihrem Buch „Vergessene Orte – Pommern“ beschrieben. Die zweibändige Publikation zeigt viele Fotos und Beschreibungen dieser Orte. Die Autoren argumentieren, dass es sich lohnt, einen Ausflug durch Pommern zu unternehmen, zu den zerstörten, vernachlässigten und unzugänglichen Orten, die aber keineswegs vergessen sind und jetzt wenigstens eine späte Würdigung erfahren.
• Die Bücher von Marcin Tymiński und Michał Piotrowski sind leider nur in polnischer Sprache erschienen: „Zapomniane miejsca pomorskie. Część północna“ – Vergessene Orte in Pommern, Nordteil – und „Zapomniane miejsca pomorskie. Część południowa“ – Vergessene Orte in Pommern, Südteil. Eine weitere Veröffentlichung ist in Arbeit.
Informationen über Deutsch Karstnitz siehe: www.stolp.de
Kersti Wolnow am 15.01.23, 10:15 Uhr
Denn die Ideologie der neuen Machthaber nach 1945 passte gar nicht zu den historischen Bauten.
Nein, die Ideologie ist weder auf Bewahren noch auf Schönes ausgerichtet, wie übrigens auch diejenigen Organisatoren, die die Zerstörung unserer Innenstädte veranlaßten und finanzierten und mit den heutigen Steinwürfeln ersetzten. Auch Viertel wie Manhatten zeugen von absoluter Geschmacklosigkeit.
Theater verwandeln sich in Schlachthäuser und Landschaftsbilder in bunte Klecksereien. Man muß daran verdienen oder geschmacksverirrt sein.
Dieser blinden Zerstörungswut liegen auch die Brandstiftungen zugrunde. Haß aus Fanatismus.
Nur muß man unterscheiden zwischen den Ideengebern und den Ausführenden. Letztere sollten ihr Hirn einschalten.