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Friedhof Hermsdorf

„Vertreibung“ sudetendeutscher Gräber

Bürgermeisterin schickte eigenmächtig Bagger auf den Friedhof – Denkmalpfleger protestierten erfolgreich

Bodo Bost
23.10.2023

Auf dem Friedhof in Hermsdorf [Hermánkovice] in der Region Braunau [Broumov] hielten im August Bürgeraktivisten eine Gedenkveranstaltung zum Andenken an die deutschen Altsiedler ab. Fünfzig Gräber von Sudetendeutschen waren zuvor von Bürgermeisterin Jana Králová entfernt worden. Pavel Křenovský, ein Chirurg, konnte das Grab seiner deutschen Vorfahren auf dem Friedhof in Hermsdorf nicht mehr finden. Nur einen Grabstein, der weggeworfen worden war. „Für mich ist das einfach die zweite Beseitigung der Deutschen, die Beseitigung der Untoten. Das ist inakzeptabel“, sagt er.

Bürgermeisterin Králová hatte die Gräber mit einem Bagger ausheben und entfernen lassen. „Das sind Grabsteine, die ohne jeden Respekt zertrümmert, unwiderruflich zerstört wurden. Respektlos gegenüber den Menschen, die hier gelebt haben, respektlos gegenüber dem Gedenken der ganzen Region. Es ist auch eine Schande für die Menschen, die hier ihre Wurzeln suchen“, sagte Jiří Chotěborský, ein Denkmalexperte der Stadtverwaltung von Braunau, über das Ergebnis der Arbeiten auf dem Friedhof.

Hermsdorf liegt nördlich von Braunau, nahe der Grenze zu Schlesien. Heute leben dort nicht einmal 500 Menschen. Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs waren es mehr als 1500 Sudentendeutsche und 30 Tschechen. Die Sudetendeutschen wurden 1945 aus dem Dorf vertrieben. Reporter des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens (ČT) hatten als erste auf das Geschehen aufmerksam gemacht, woraufhin sofort Kritik laut wurde. Vertreter der deutschen Minderheit in Tschechien verlangten eine Erklärung, und auch das römisch-katholische Dekanat in Braunau zeigte sich negativ überrascht. Die Kreisverwaltung übergab den Fall zur weiteren Untersuchung an die Regierung in Prag.

Králová (parteilos) begründete ihre Entscheidung damit, dass sich 80 Jahre lang niemand um die Grabstätten gekümmert habe. Im Bericht von ČT hatte Králová betont, es seien nur einige herumliegende namenlose Steine beseitigt worden. Reste der Grabsteine sind allerdings kurz danach im nahegelegenen Ort Božanov aufgetaucht – darunter auch Namensteile und Lebensdaten der Verstorbenen. Ebenso hielt ein ČT-Reporter Teile von Grabplatten in die Kamera, die nach dem Baggereinsatz noch auf dem Friedhof lagen und ebenfalls persönliche Angaben enthielten. Die Bürgermeisterin gab dafür in der Manier des „braven Soldaten Schweijk“ dem Baggerfahrer die Schuld.

Friedhof dürfen nicht liquidiert werden
Die Bürgermeisterin ließ die Grabsteine mit den Aufschriften wieder auf den Friedhof zurückbringen, wo sie nun in einer Ecke kauern. Sie behauptete, dass sie gegen keinerlei Vorschriften verstoßen habe. Daran hat Chotěborský seine Zweifel. Seiner Aussage nach waren die meisten der sudetendeutschen Gräber in gutem Zustand, was auch Fotos belegen würden: „Ich habe noch nie eine solch gezielte Liquidierung deutscher Gräber erlebt. Ich bin enttäuscht von der Haltung der Gemeinde und auch über den Ver-

lust der Geschichte des Ortes.“ Laut Chotěborský hätte das Friedhofsgelände auch dann nicht eingeebnet werden dürfen, wenn es in dem verwahrlosten Zustand gewesen wäre, wie es die Gemeindeleitung beschreibt. Der Beamte verwies auf ein Dokument mit dem Titel: „Zur Pflege verlassener deutscher und anderer Gräber auf den Friedhöfen der Tschechischen Republik“. Darin hieß es, dass solche Orte nicht liquidiert werden dürften. Das Dokument stammt vom Amt für nationale Minderheiten.

Der Heimatkreis Braunau, eine sudetendeutsche Vereinigung ehemaliger Bürger des Ortes, hat die Gemeinde aufgefordert, den Friedhof wieder seiner deutschen Vergangenheit zuzuführen. Er möchte, dass die entfernten Denkmäler in der Gedenkallee wieder aufgestellt werden. Die Bürgermeisterin lehnte bislang dazu eine Stellungnahme ab. Anstelle des ursprünglichen deutschen Friedhofs gibt es in Hermsdorf jetzt eine leere Fläche. „Ich kann mir vorstellen, und ich würde mir wünschen, dass die Namen, die dort waren und jetzt nicht mehr da sind, in dieser symbolischen Allee wieder auftauchen“, sagte Martin Lanži, Dechant des Pfarrbezirks Braunau.


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Kommentare

Chris Benthe am 26.10.23, 05:55 Uhr

Gut, dass die tschechische Bevölkerung jetzt in Massen gegen diesen Frevel protestiert ! (Ironie aus).
Ich bin in djesem Jahr auf den Spuren der Sudetendeutschen in den Landstrichen dort unterwegs gewesen. Da packt einen das Grauen, wie die blühenden Landschaften von einst jetzt aussehen. Nein, Freunde werden wir in diesem Leben nicht mehr, soviel steht fest.

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