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Der Wochenrückblick

Vom Ende der Sprechblasen

Warum bewährte Politiker-Finten nicht mehr ziehen, und wer jetzt im großen „Wir“ verschwinden will

Hans Heckel
04.11.2023

Merken Sie auch, wie schnell plötzlich alles geht? Es ist nicht lange her, da bemerkte jemand: Das Erstaunliche an Deutschland sei, dass man es ruhig für eine lange Zeit verlassen könne. Wenn man wiederkomme, kreisten die Debatten immer noch um dieselben Themen wie vor der Abreise, wobei keine Diskussion auch nur einen Millimeter weitergekommen sei.

Bisher ahtten sich unsere Politiker vollends darauf verlegt, ein jedes Problem mit schicken Sprechblasen abzuhaken, statt es wirklich anzugehen. Pompöses Gefasel reichte völlig, weil niemand ernsthaft erwartete, dass die Politik wirklich etwas ändern würde. So konnte Angela Merkel ganze 16 Amtsjahre lang von den „Herausforderungen der Digitalisierung“ schwadronieren, ohne dass es ihr jemand angekreidet hätte, dass Deutschland währenddessen bei eben jener Digitalisierung immer weiter zurückgefallen ist. Oder erinnern wir uns an die „europäische Lösung der Flüchtlingsfrage“, die uns Merkel jahrelang ankündigte und die ihre Nachfolger heute noch ankündigen, ohne dass da je etwas Wirkungsvolles greifbar geworden wäre.

War alles kein Problem – bis jetzt. Statt wie eben noch im ewigen Gerede weiter zu kreisen, bersten die Sprechblasen immer schneller an der Wirklichkeit. Olaf Scholz' „Zeitenwende“ platzte spätestens, als bekannt wurde, dass die Bundeswehr nicht stärker, sondern in der Folge der „historischen“ Rede des Kanzlers immer schwächer wurde. Aber das hat immerhin noch ein gutes Jahr gedauert. Der „Doppelwumms“ des Regierungschefs entpuppte sich schon nach ein paar Monaten als Bluff, sein „Deutschlandtempo“ hatte es nach ein paar Wochen zum Kneipenwitz gebracht und die „Abschiebe-Offensive“ von Innenministerin Faeser endete nun binnen Stunden als propagandistischer Bauchklatscher.

Vorbei mit den Debatten, die Jahre dauerten, ohne dass wirklich bemerkt wurde, wie hohl sie waren und dass sie bloß ablenken sollten. Bei der „Abschiebe-Offensive“ flogen sofort die Zahlen auf, nämlich dass damit etwa fünf Prozent mehr Ausreisepflichtige außer Landes gebracht würden als bislang. Das wären, ausgehend von der Zahl vom vergangenen Jahr, nur rund 600 Leute – im Jahr! Gleichzeitig strömen rund Tausend ins Land – am Tag! Da fühlt man sich denn doch veräppelt. Zumal die Abgeschobenen jederzeit wiederkommen können, um ihre Asylverfahren von Neuem zu starten.

Auch die Sache mit den „stationären Grenzkontrollen“ hat sich schneller als Blendwerk entpuppt als es sich die Blender von der Ampel vorstellen konnten. Wie umgehend bekannt wurde, wird zwar „kontrolliert“, aber jeder illegale Grenzübertreter kommt trotzdem rein, sobald er „Asyl“ sagt. Das ist wie bei einem Fahrkartenkontrolleur, der alle Fahrkarten kontrolliert, um danach den Kartenlosen ein Gratis-Ticket auszuhändigen. Was der Chef der Verkehrsbetriebe dem zahlenden Publikum dann als „wirksame Maßnahme gegen das Schwarzfahren“ verkaufen will. Glaubwürdig? Eher nicht.

Diese Woche haben Scholz und seine grüne Außenministerin Baerbock ein anderes totes Karnickel aus dem Hut gezerrt, das „Flüchtlingsabkommen mit den Herkunftsländern“. Er reiste nach Nigeria, sie nach Marokko, um mit viel Geld irgendwelche Übereinkommen zu erkaufen, die auch wieder nichts bringen werden außer ein paar Schlagzeilen und ein Loch im Budget.

Dabei war man ja noch gut dran, als es bloß um die Landräte und Bürgermeister ging, die reihenweise kundtaten, dass ihre Aufnahmekapazitäten erschöpft seien. Denn hier ging es vor allem „nur“ um Geld. Seitdem die muslimischen Judenhasser unsere Straßen fluten, ist etwas blitzartig ins Blickfeld gerückt, womit man nun gar nicht gerechnet hat: eine unüberwindbare kulturelle Kluft.

Weiter bis zur Selbstaufgabe?
Das ist natürlich viel kniffliger, denn schließlich hatte man sich darauf geeinigt, all diejenigen, die vor zuviel Einwanderung aus allzu fremden Kulturen gewarnt haben, als Rassisten hinter die Brandmauer zu stopfen. Nun geben jene Fremden Tag für Tag Vorstellungen, die alle Warnungen von rechts bestätigen. Was macht man da? Am geschicktesten ist es, sich auf die alte Weisheit zu besinnen, die da lautet: Wo alle verantwortlich sind, ist keiner verantwortlich. Also hören wir aus dem Lager derer, die eben noch „Refugees welcome“ und offene Grenzen als einzige moralisch vertretbare Haltung erzwingen wollten, das Eingeständnis, dass „wir“ vielleicht „ein wenig zu naiv“ gewesen seien. „Wir“? Wer bitte ist „wir“? Etwa wir alle hier in Deutschland?

Das wäre aber ganz was Neues. Nur ein Wimpernzucken ist es her, dass jenes „Wir“ noch ganz anders eingegrenzt wurde. Da waren „wir“ nur jene, welche den grünlinken Traum von Multikulti mitträumten. Wer öffentlich Zweifel hegte an den grellen Verheißungen der „Bunten Republik“, dem warfen sie vor, „Hass und Hetze“ zu säen und damit „die Gesellschaft zu spalten“.

TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf etwa qualifizierte die Kritiker des grünlinken Mainstreams noch Ende des vergangenen Sommers als „Aussortierte“. Konkret meinte er Leute wie Matthias Matussek und Hans-Georg Maaßen. Waren die bei der Einwanderungspolitik etwa auch ein „wenig naiv“? Wohl kaum.

Doch wenn man so plötzlich und brutal von der Warte höchster moralischer Überlegenheit ins Elend des kompletten Scheiterns gestoßen wird wie die Multikultis beim Anblick des muslimisch-migrantischen Judenhasser-Mobs in unseren Städten, dann möchte man eben gern untertauchen in der Masse des großen grauen „Wir“.

Bis auf die, welche den Schuss selbst jetzt noch nicht gehört haben wie Annette Kurschus, die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche (EKD). Kurschus meint unverdrossen, das „reiche“ Deutschland könne (und solle) noch viel mehr „Flüchtlinge“ aufnehmen, die wegen „Krieg und unterschiedlichster Not“ zu uns wollten. „Unterschiedlichster Not“ – das kann jede Art von Unbehagen am Herkunftsland umfassen, die sich denken lässt. Die Grenze unserer Aufnahmefähigkeit sei erst erreicht, „wo es zur Selbstaufgabe kommt“, so die EKD-Ratspräsidentin zur „FAZ“. Aber diese Grenze sei „noch lange nicht erreicht“.

Was meint Kurschus mit „Selbstaufgabe“? Etwa, wenn Musliminnen ohne Schleier oder erkennbar jüdische oder homosexuelle Menschen nicht mehr unbehelligt in der Öffentlichkeit herumlaufen können? Das dürfte der Frau nicht genügen, denn diese „Grenze“ haben wir in vielen deutschen Stadtbezirken längst hinter uns gelassen.

Vermutlich meint die Kirchenfunktionärin erst jene Grenze, ab der unsere freiheitliche, westlich-abendländische Kultur und Lebensweise flächendeckend nicht mehr zu retten ist. Wenn das geschafft ist, würden wir Kurschus gern noch einmal hören. Was sie wohl sagen würde? Na, was schon: „Vermutlich waren wir da ein wenig zu naiv.“


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