08.11.2025

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Während Schloss Zyrowa (l.) inzwischen wieder glänzt, muss in Schloss Koppitz (r.)noch viel Geld, Arbeit und Schweiß investiert werden
Bild: WagnerWährend Schloss Zyrowa (l.) inzwischen wieder glänzt, muss in Schloss Koppitz (r.)noch viel Geld, Arbeit und Schweiß investiert werden

Östlich von Oder und Neiße

Vom jungen „Parkplatzwächter“ zum feinen Schlossherren

Eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte rettet nun bereits das zweite Schloss

Chris W. Wagner
03.11.2025

Tue Gutes und sprich darüber – dem zweiten Teil des Spruchs frönt der oberschlesische Geschäftsmann Joachim Wiesiollek so gar nicht. Er ist eher kamerascheu und lässt in den Medien fast immer nur seine Mitarbeiter sprechen. Wiesiollek baute seinen Betrieb in der Wendezeit in St. Annaberg [Góra św. Anny] zusammen mit Ehefrau Mariola auf. Wiesiolleks Unternehmen ist eine Transportfirma für übergroße Frachten, die europaweit agiert und mittlerweile 160 Arbeitsplätze geschaffen hat. Daneben betreiben die Eheleute eine Landwirtschaft, züchten Tiere und retten obendrein auch noch Schlösser vor dem Verfall.

Nachdem das umtriebige Paar das einstige Schloss der Familie Gaschin in Zyrowa [Żyrowa] nahe dem Annaberg jüngst saniert und zu einem Ort für Musik, Kulinarik und Kultur gemacht hatte, verschrieb es sich sogleich der Restaurierung der Koppitzer [Kopice] Schlossruine zwischen Falkenberg [Niemodlin] und Grottkau [Grodków].

Bereits als Zehnjähriger zeigte sich Wiesiollek geschäftstüchtig. Da in seinem Heimatort St. Annaberg immer schon vorwiegend deutsche Besucher und Pilger weilten, „vermietete“ der pfiffige Bursche den Parkplatz seiner Eltern unter der Hand als Stellplatz. Vater und Mutter bewirtschafteten indes einen großen Obstgarten, aus dem er gleich eimerweise Kirschen, Pflaumen und Äpfel an die Parkplatznutzer verkaufte.

Der Junge träumte – wie damals viele Oberschlesier – von einer Umsiedlung „ins Reich“. Doch es wollte mit dem Vorhaben nicht so recht klappen, da die Familie eine Ausreiseabsage nach der nächsten erhielt. Und so nutzte der damals bereits Jugendliche seinen Status als deutscher Oberschlesier und fuhr immer nur für einige Monate in die Bundesrepublik zur Arbeit. Das dort verdiente Geld sparte er eisern, denn es sollte später sein Startkapital werden. Am Anfang kaufte Wiesiollek einige Kleinbusse, mit denen er andere Arbeiter kutschierte. Später investierte er in den Kauf von Sattelschleppern und in mobile Kräne. Heute gehört seine Transportfirma zu den erfolgreichsten in der Republik Polen.

Vom Sanierungsfall zum Kulturort
Das Engagement für die Sanierung des Schlosses in Zyrowa kommt für das Ehepaar Wiesiollek nicht von ungefähr. Es besaß nämlich eine Landwirtschaft, die vor dem Krieg zum Schloss gehörte. So konnte es in unmittelbarer Nachbarschaft miterleben, wie das Schloss zunehmend verfiel. Denn nach dem Krieg wurde das Gebäude zwar noch als eine geschlossene Anstalt für tuberkulosekranke Kinder und Jugendliche genutzt, aber nur bis zur politischen Wende. Danach gab es einige Käufer, die das Objekt nicht pflegten. Schließlich kam es unter den Hammer, bis der Unternehmer es letztendlich für seine Ehefrau Mariola kaufte.

Im Jahr 2017 begann dann die aufwendige Schlosssanierung, und heute ist es ein gern genutzter Kulturort mit eher volkstümlichen Angeboten wie Freilichtkonzerten für Blasorchester sowie für Oktober- oder Blumenfesten.

1899 hatte Johannes Graf von Francken-Sierstorpff Zyrowa erworben und das damals verfallene Schloss wieder aufbauen lassen. Unter der Francken-Sierstorpff'schen Eigentümerschaft fanden dort hochadelige Gesellschaften statt. So ist ein Besuch Kaiser Wilhelms II. dokumentiert, aber auch von anderen prominenten Gästen auf Schloss Zyrowa um 1910/1912 ist in historischen Bildarchiven etwas zu sehen. Und weil sich die Wiesiolleks immer schon für ihre Heimatgeschichte begeisterten, führte sie sehr bald ihr Weg nach Koppitz – in den Geburtsort des Grafen von Francken-Sierstorpff.

Geschäftsgeist erwünscht
Das, was sie in Koppitz vorfanden, machte sie traurig, denn vom einstigen Märchenschloss war nur noch eine Ruine geblieben. Dennoch kauften sie Schloss Koppitz 2022 und starteten auch dort mit der Renovierung. Als erstes wurde das Dach versiegelt. Wiesiollek weiß zwar, dass Koppitz zu sanieren eine Generationenaufgabe ist, aber er und seine Frau hoffen, dass ihre Kinder ebenfalls ein offenes Herz für die Heimat haben werden – und ebenso für ein gutes Geschäft.


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