16.06.2025

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Der in Wehlau geborene Vanhöffen studierte in Königsberg und eroberte danach die zoologische Welt
Bild: mauritius images/Central Historic Books/Alamy Stock PhotosDer in Wehlau geborene Vanhöffen studierte in Königsberg und eroberte danach die zoologische Welt

Ernst Vanhöffen

Von der Arktis bis nach Indonesien

Der Zoologe und weit gereiste Forscher aus Preußen war ein Entdecker der Welt und der Meere

Wolfgang Kaufmann
16.06.2025

Die Albertus-Universität in Königsberg brachte eine Vielzahl herausragender Wissenschaftler hervor, welche im Laufe der Zeit leider häufig in Vergessenheit geraten sind. Zu diesen zählt beispielsweise auch der Zoologe und Forschungsreisende Ernst Vanhöffen.

Der Sohn eines Getreidehändlers kam am 15. November 1858 in Wehlau zur Welt und studierte nach dem Besuch des Löbenichtschen Realgymnasiums ab 1878 an der Alma Mater in Königsberg Naturwissenschaften. Nach seiner Promotion im Jahre 1888 ging er mit einem Stipendium des Preußischen Kultusministeriums an die Zoologische Forschungsstation Neapel. Anschließend wechselte Vanhöffen zur Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Dort avancierte der Experte für die Unterwassertierwelt 1896 zum Privatdozenten, bevor er im März 1901 zum Professor berufen wurde. Diese Ehre resultierte nicht zuletzt aus dem Umstand, dass der gebürtige Ostpreuße bereits an zwei wichtigen wissenschaftlichen Expeditionen teilgenommen hatte.

Mit Fürsprache des Kaisers
Im Mai 1892 war Vanhöffen gemeinsam mit dem aus Königsberg stammenden Polarforscher Erich von Drygalski und anderen Wissenschaftlern an Bord des dänischen Dreimasters „Peru“ nach Westgrönland gesegelt. Hier überwinterte die von der Berliner Gesellschaft für Erdkunde ausgerüstete Expedition in Uummannaq, einer kleinen Siedlung nahe des
71. nördlichen Breitengrades, bevor sie am 14. Oktober 1893 wieder in der deutschen Heimat eintraf.

Jahre später hatte Carl Chun, der Leiter der Deutschen Tiefsee-Expedition, Vanhöffen auch in sein Wissenschaftlerteam aufgenommen. Die neunmonatige Reise des speziell für Tiefenlotungen und das Sammeln von biologischen Proben ausgerüsteten ehemaligen Postdampfers „Valdivia“ begann am 31. Juli 1898 mit dem Auslaufen in Hamburg. Die für die damalige Zeit beachtlichen Kosten von 300.000 Reichsmark übernahm das deutsche Reich auf Fürsprache von Kaiser Wilhelm II. und Beschluss des Rates beziehungsweise Reichstages.

Nachdem die Wissenschaft bis 1850 angenommen hatte, dass in Wassertiefen über 500 Meter kein Leben möglich sei, konnten britische, norwegische, französische, österreich-ungarische und US-amerikanische Expeditionen Meerestiere aus mehreren tausend Metern Tiefe an die Oberfläche holen. Dabei war der Indische Ozean bis hinunter zur Antarktis aber noch weitestgehend unbeachtet geblieben, weswegen er das Hauptziel der „Valdivia“ sein sollte.

Das Forschungsschiff traf im November 1898 im Antarktischen Meer ein und drang dann in Richtung des Enderbylandes auf dem Siebten Kontinent vor. Anschließend durchquerte die „Valdivia“ den Indischen Ozean mit Kurs Nordost bis zur indonesischen Insel Sumatra. Ihre weitere Reise führte über Ceylon und die Malediven beziehungsweise Seychellen nach Deutsch-Ostafrika und durch das Rote Meer und Mittelmeer zurück nach Hamburg, wo die Heimkehrer am 1. Mai 1899 begeistert empfangen wurden. Die wissenschaftliche Ausbeute der Fahrt über 32.000 Seemeilen war so überwältigend, dass die Herausgabe des 24 Bände umfassenden Forschungsberichtes erst 1940 abgeschlossen werden konnte. Vanhöffen steuerte dabei den Band drei über die Medusen bei, der 1902 erschien.

Vom Eis eingeschlossen
Zum selben Zeitpunkt absolvierte der Zoologe bereits seine dritte Erkundungsfahrt. Die erste deutsche Südpolar-Expedition unter der Leitung von Drygalski war am 11. August 1901 gestartet – an diesem Tag verließ der Dreimastschoner mit Schraubenantrieb „Gauß“ den Hafen von Kiel. An Bord des 1,2 Millionen Mark teuren, neu gebauten eistauglichen Forschungsschiffes befanden sich neben Drygalski und Vanhöffen noch 30 weitere Wissenschaftler. Nunmehr sollte das bislang kaum befahrene Gebiet zwischen dem Kerguelen-Archipel und der Antarktis erkundet werden.

Am 21. Februar 1902 tauchte erstmals unbekanntes Land am Horizont auf. Dieses lag südlich der Davis-See und erhielt den Namen „Kaiser-Wilhelm-II.-Land“. Wenige Tage später wurde die „Gauß“ 50 Seemeilen vor der Küste vom Eis eingeschlossen. Dort steckte sie bis zum 8. Februar 1903 fest, während ihre Besatzung etliche Schlittenfahrten in die Umgebung unternahm. Darüber hinaus gelangen Drygalski mehrere Ballonaufstiege, die zur Entdeckung des Vulkans Gaußberg führten.

Da die Reichsregierung keine Mittel für eine Fortsetzung der Forschungsfahrt bereitstellte, endete diese am 23. November 1903 mit dem Einlaufen in Kiel. Die Ergebnisse der Gauß-Expedition wurden in 20 Bänden publiziert. Band 15 stammte dabei von Vanhöffen.

1906 wurde der inzwischen recht prominente Zoologe als Kustos an das Zoologische Museum in Berlin berufen. Außerdem übernahm er später noch die Leitung der Herausgabe der wissenschaftlichen Ergebnisse der „Valdivia“-Expedition sowie das Amt des Schriftführers der Deutschen Zoologischen Gesellschaft. Dieses konnte Vanhöffen jedoch nur kurz ausüben, weil er am 14. Juni 1918 während eines Erholungsurlaubs im ostpreußischen Legitten an Lungenentzündung starb – wahrscheinlich verursacht durch die damals grassierende Spanische Grippe, welche am Ende mehr Todesopfer forderte als die Kampfhandlungen des gesamten Ersten Weltkrieges.


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