31.03.2025

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Am Nachmittag des 22. März 1945 in Kairo: Die saudische Delegation unterzeichnet die Charta der Arabischen Liga
Bild: picture alliance/ASSOCIATED PRESSAm Nachmittag des 22. März 1945 in Kairo: Die saudische Delegation unterzeichnet die Charta der Arabischen Liga

Afrika und Asien

Warum die Arabische Liga so machtlos ist

22 Mitglieder mit zusammen über 400 Millionen Einwohnern: Vor 80 Jahren wurde die Organisation in Kairo gegründet

Wolfgang Kaufmann
21.03.2025

Nach der Französischen Revolution gewann der Nationalismus im 19. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. Das gilt auch für Arabien. Der arabische Nationalismus richtete sich insbesondere gegen die als Fremdherrschaft begriffene Herrschaft der Osmanen. Die Westmächte machten sich das im Ersten Weltkrieg zunutze. Sie versprachen den Arabern Unabhängigkeit und Selbstbestimmung, wenn sie denn die Entente im Kampf gegen das Osmanische Reich unterstützten. Nach dem Kriegsende bekamen die Araber von den Siegermächten jedoch nicht ein eigenes Reich, sondern britische und französische Kolonialherrschaft sowie jüdische Immigranten.

Im Zweiten Weltkrieg versuchten die Briten in gewisser Weise ihre Strategie vom Ersten zu wiederholen. Wieder versuchten sie, die Araber auf ihre Seite zu ziehen, diesmal allerdings nicht gegen die Osmanen, sondern gegen die in Nordafrika vorrückenden Deutschen und Italiener. Hierzu ermunterte der britische Außenminister Anthony Eden die Araber, eine politische Einheit zu bilden. Er verband damit die Hoffnung, dass diese den langfristigen Interessen des Empire in der Region diene.

Allerdings hatten die einzelnen arabischen Staaten sehr unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Zusammenschluss. Schließlich gelang es dem Königreich Ägypten, eine Vermittlerrolle einzunehmen und die Schaffung einer lockeren multifunktionalen Föderation in die Wege zu leiten. Die Gründung dieser Liga der Arabischen Staaten (LAS, Arabische Liga)erfolgte am 22. März 1945 mit der Unterzeichnung ihrer Charta, die am 11. Mai des Jahres in Kraft trat.

Dreimal so groß wie die EU
Gründungsmitglieder waren neben Ägypten der Irak, Saudi-Arabien, der Jemen, Transjordanien, Libanon und Syrien. Dazu kamen bis 1993 noch 14 weitere Länder in Afrika und Vorderasien sowie die von 146 UN-Mitgliedern als Staat anerkannten Palästinensergebiete. Damit nehmen die Staaten der Arabischen Liga heute eine Fläche ein, die dreimal so groß ist wie die der Europäischen Union, jedoch zum erheblichen Teil aus Wüstengebieten besteht.

Zwar verfügt die Arabische Liga über gigantische Erdöl- und Erdgasvorkommen – so stammt fast die Hälfte des weltweit geförderten Rohöls aus Mitgliedstaaten wie Saudi-Arabien, dem Irak und Kuwait–, doch konnte sie diesen Ressourcenreichtum bislang nicht dazu nutzen, um ihr politisches Hauptziel, die Vernichtung Israels zugunsten eines größeren Palästinenserstaates, zu erreichen. Die drei großen Kriege der Arabischen Liga gegen Israel in den Jahren 1948/49, 1967 und 1973 endeten allesamt mit Niederlagen, welche die internationale Position der arabischen Seite immer mehr schwächten und zudem noch schwere innere Krisen auslösten. Da half es auch nichts, dass die Arabische Liga unablässig an ihrer Politik der „Drei Neins“ festhielt: Nein zum Frieden mit Israel, Nein zur Anerkennung Israels und Nein zu Verhandlungen mit Israel.

Und auch sonst ist das politische Gewicht der Liga, die inzwischen über 400 Millionen Menschen repräsentiert, eher gering, obwohl sie zahlreiche Unterorganisationen wie den Rat für Arabische Wirtschaftseinheit, die Arabische Wirtschaftsentwicklungsbank und den Arabischen Währungsfonds zur Einführung einer einheitlichen Währung aus der Taufe hob, um auf der Weltbühne mitspielen zu können.

Ein Grund für das eher geringe politische Gewicht ist das ebenfalls eher niedrige Bruttoinlandsprodukt (BIP). Zum Vergleich: Das BIP der Europäische Union ist etwa sieben Mal so hoch.

Eine weitere Schwachstelle ist die Stabilität beziehungsweise Instabilität der Mitgliedstaaten. In fast allen gibt es innere Probleme, die teilweise sogar zu Bürgerkriegen führten. Das liegt unter anderem am Vorhandensein autoritärer Regime und den zahlreichen unauflösbaren sozial-religiösen Spannungen.

Ein dritter Grund für die vergleichsweise geringe Schlagkraft der Arabischen Liga ist die Unterschiedlichkeit ihrer Mitglieder. Katar, Oman und Saudi-Arabien sind nach wie vor absolute Monarchien, während in Bahrain, Jordanien, Kuweit und Marokko die Macht der Könige oder Emire nun zumindest durch eine Verfassung eingeschränkt ist. Dem gegenüber stehen Präsidialrepubliken wie Algerien, Dschibuti, der Jemen, die Komoren, Mauretanien, Somalia und Tunesien sowie die parlamentarischen Republiken Irak und Libanon. Dazu kommen nicht demokratisch legitimierte Übergangsregierungen in Ägypten und Syrien sowie die Wahlmonarchie in den Vereinigten Arabischen Emiraten und der von einer Militärjunta beherrschte Sudan.

Ein Siebtel des EU-BIP
Aus diesem Gemenge ganz unterschiedlicher politischer Systeme mit stark divergierenden Vorstellungen über den Kurs der Arabischen Liga resultieren zahlreiche Streitigkeiten innerhalb der Organisation. Selbst in der Frage der Haltung gegenüber Israel herrscht schon lange keine Einigkeit mehr, seit der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat 1979 einen Friedensvertrag mit dem jüdischen Staat schloss.

Sehr unterschiedlich sind die Mitglieder der Arabischen Liga nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch. Das BIP von Saudi-Arabien betrug 2024 rund eine Billion US-Dollar, während die Komoren gerade einmal auf 1,3 Milliarden kamen. Ebenfalls groß sind die Unterschiede beim Pro-Kopf-Einkommen. Dieses liegt im Falle des Spitzenreiters Katar bei 80.000 US-Dollar pro Jahr und beim Schlusslicht Somalia bei etwa 600.

Eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit könnte für eine Erhöhung und eine Angleichung des Wohlstands sorgen. Dem stehen jedoch nationale Eigeninteressen gegenüber. Da stellen bislang eingeleitete Projekte wie die Arab Gas Pipeline von Ägypten nach Jordanien und Syrien sowie in den Libanon und die Greater Arab Free Trade Area (GAFTA) zur Erleichterung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten der Arabischen Liga Ausnahmen dar, welche die Regel bestätigen. Vor diesem Hintergrund dürfte auch das nun von der Arabischen Liga abgesegnete ägyptische Konzept für den Wiederaufbau des Gazastreifens durch die arabischen Staaten, das einen Gegenentwurf zu Donald Trumps Vorschlägen darstellen soll, wenig Chancen auf Realisierung besitzen.


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