Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Ausgerechnet die viel gescholtene Berliner Verwaltung spielt bei einem Digitalprojekt nun bundesweit an der Spitze mit. Statt Lob hagelt es aber Kritik. Die Rede ist vom Verfahren der Online-Einbürgerungen. Angesichts eines Berges unbearbeiteter Anträge hat Berlins Ausländerbehörde vergangenes Jahr ein internetbasiertes Einbürgerungsverfahren eingeführt. Seit der Einführung dieses Angebots hat sich die Zahl der Einbürgerungen in Berlin gleich mal verdoppelt. Wie schön! 2025 will das Landesamt für Einwanderung sogar über 40.000 Einbürgerungsanträge entscheiden. Zum Vergleich: 2021 – seinerzeit waren noch die Bezirksämter für die Anträge zuständig – sind in Berlin rund 8800 Ausländer eingebürgert worden.
Inzwischen kamen Befürchtungen auf, dass das neue digitale Antragsverfahren ein Risiko darstellt. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, „die Genauigkeit der Prüfung“ könne bei Einbürgerungsverfahren „der einzige Maßstab sein und nicht eine vermeintliche Quotenerreichung“. Dobrindt meldete auch Zweifel an, ob der vorgeschriebene Verfassungstreuecheck „ohne persönliche Vorsprache funktioniert“. Tatsächlich sieht das neue Onlineverfahren vor, dass die Behörde die Antragsteller erst bei der Übergabe der Einbürgerungsurkunde persönlich zu Gesicht bekommt.
Zur Normalität geworden ist die Digitalisierung bei der Verwaltung, wenn es um die Einnahmen des Staates geht: Die Finanzämter bieten bereits seit 1999 die elektronische Einkommensteuererklärung „Elster“ an. Mittlerweile geben etwa 54 Prozent der Bürger ihre Einkommensteuererklärung über das Programm der Finanzverwaltung oder kommerzielle Steuer-Software ab. Lediglich 30 Prozent sind bei den Papierformularen geblieben, gut ein Fünftel beauftragt einen Steuerberater.
Auch eine internetbasierte Kfz-Zulassung ist inzwischen bundesweit bei 83 Prozent der zuständigen Behörden etabliert. Der Anteil der Bürger, die das im September 2023 eingeführte Angebot „i-Kfz“ nutzen, ist allerdings noch gering. Neueste Auswertungen zeigen für 2025 einen bundesweiten Schnitt von nur etwa acht Prozent digitaler Zulassungsvorgänge. Beide Online-Angebote zeigen, dass Bürger offenbar Zeit brauchen, bis für sie die digitalen Behördengänge Normalität werden. Dies liegt nur zum geringeren Teil an den materiellen Voraussetzungen. Seit 2010 ist in jedem neuen Personalausweis standardmäßig eine digitale Ausweisfunktion enthalten. Allerdings haben im Jahr 2024 lediglich 22 Prozent der Bürger ihren elektronischen Personalausweis auch mindestens einmal zur digitalen Identifikation genutzt. Recht verbreitet sind indessen Datenschutzbedenken – etwa die Frage, ob die Behörden auch in der Lage sind, die übermittelten Daten vor unberechtigtem Zugriff zu schützen. Auch die geringe Nutzerfreundlichkeit von Angeboten und fehlende Breitbandanschlüsse spielen eine Rolle.
Mangelndes Behörden-Know-how
Auf der anderen Seite tut sich auch der Staat immer noch schwer damit, trotz massivem Sparpotential die digitale Verwaltung zügig umzusetzen. Der Bund hat erst seit Ende letzten Jahres 115 wichtige Verwaltungsleistungen, etwa Anträge zum Kindergeld oder Mutterschutzmeldung, vollständig online bereitgestellt. Föderale Verwaltungsleistungen sind dagegen noch immer nicht flächendeckend in allen Ländern und Kommunen digital verfügbar.
IT-Dienstleister, die regelmäßig Projekte für die öffentliche Hand umsetzen, klagen über fehlende Kompetenz in den Behörden beim Thema Digitalisierung. Zum Teil entdecken die involvierten Stellen erst im Zuge der Realisierung der Projekte, welche Möglichkeiten in der Digitalisierung stecken. Folge ist, dass immer neue Anforderungen und Wünsche nachgereicht werden. Kostenexplosionen und gerissene Zeitplanungen sind so zwangsläufig. Beklagt wird von Informatikern aber auch eine Erwartungshaltung in den Behörden, dass papierbasierte Arbeitsabläufe einfach nur eins zu eins in digitaler Form abgebildet werden sollen. Mit der „Haben-wir-schon-immer-so-gemacht“-Mentalität wird allerdings das Potential für Effizienzgewinn verschenkt, das in der Digitalisierung der Verwaltung steckt.