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CDU

Wer folgt auf „AKK“?

Merz, Laschet, Spahn, Röttgen oder Söder – worum es im Kandidatenrennen der CDU wirklich geht

Reinhard Lorenz
20.02.2020

Selten wohl hat die Wahl zum Parteivorsitz so große Bedeutung gehabt: Wenn die CDU in den nächsten Monaten, mutmaßlich spätestens im Juni, über die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer entscheidet, dann geht es nicht nur um eine Personalie. Vielmehr justieren die Christdemokraten ihren Kurs neu. Zwar stehen die bisherigen Kandidaten für unterschiedliche politische Inhalte und Stile. Aber wer sich auch immer durchsetzt, niemand wird noch dem Kompass der Bundeskanzlerin folgen.

Es gehe darum, das „Problemfeld Thüringen“ und die vorübergehende Wahl des FDP-Hinterbänklers Kemmerich gemeinsam mit der AfD hinter sich zu lassen, ist dieser Tage zu hören. Doch so unausgereift dieser Vorstoß auch war, geht es doch um eine tiefere Krise. Als Chiffre dafür steht Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin hat in den 15 Jahren im Amt vieles richtig gemacht. Aber sie hat falsch reagiert in der Migrationskrise des Jahres 2015 – nicht durch das vorübergehende Öffnen der Grenzen für Flüchtlinge, die aus Ungarn kamen, sondern durch den von ihr erweckten Eindruck, diese humanitäre Ausnahmegeste dürfe zum politischen Standard werden und Deutschland könne ohnehin nicht seine Grenzen kontrollieren.

Damit begann der Ansehensverlust der CDU, und diesen Eindruck muss der nächste CDU-Vorsitzende korrigieren. Armin Laschet, Friedrich Merz und Jens Spahn laufen sich warm für den CDU-Vorsitz, am Dienstag warf der Außenpolitiker Norbert Röttgen (54) seinen Hut in den Ring. Nicht als „Vierter“, wie er vor der Bundespressekonferenz einen Frager korrigierte, sondern als „erster“ offizieller Bewerber. Trotzdem hat der einst gescheiterte Kandidat für die Düsseldorfer Staatskanzlei mangels Hausmacht allenfalls Außenseiterchancen in diesem Rennen. Röttgen ist klug und begabt, gilt in der Bundestagsfraktion aber vielen als arrogant.

Zugriff auf die Kanzlerkandidatur

Wer von diesen vier NRW-lern das Rennen macht, hat einen vorrangigen Zugriff auf die Kanzlerkandidatur – auch wenn in diesem zweiten Wettbewerb der CSU-Chef Markus Söder mitmischen wird.

Laschet (58) bringt das Gewicht des Düsseldorfer Ministerpräsidenten mit. Er gilt als der „Merkel-Treueste“ aus dem Lager der potenziellen Bewerber. Aber Laschet ist ein Pragmatiker und flexibel genug, um zu wissen, dass die von ihm oft an den Tag gelegte Vasallentreue hilfreich für den Aufstieg in der Parteihierarchie war. Jetzt hat eine andere Zeit begonnen. Mit einem Weiter-so-Kurs ließe sich weder bei den Parteitagsdelegierten ein Blumentopf gewinnen, noch später bei den Wählern.

Was für Laschet spricht: Mit seiner humorigen rheinischen Gelassenheit personifiziert er das Gegenbild zur protestantischen Strenge Merkels. Sagte sie einst, „Wir schaffen das“, ohne die Menschen wirklich von der Stringenz ihrer Migrationspolitik zu überzeugen, würde Laschet augenzwinkernd auf das rheinische Grundgesetz rekurieren: „Et hät noch immer jot jejange.“

Was gegen Laschet spricht: Zwar setzte er sich bei der Münchner Sicherheitskonferenz von Merkels Europapolitik ab. Aber das reicht nicht. Für die Wähler müsste er in kurzer Zeit glaubhaft machen, dass er etwa in Sachen innere Sicherheit und Ausweisung von illegalen Zuwanderern an alte CDU-Werte anknüpfen möchte.

Friedrich Merz (64) sticht aus dem Trio als der angriffsfreudigste Bewerber hervor. Der Sauerländer galt bereits als „Ex-Politiker“, nachdem er sich 2009, gefrustet über den Durchmarsch Angela Merkels erst von der Fraktions- und dann von der Regierungsspitze zurückgezogen hatte und in der Privatwirtschaft wohlhabend geworden war. Ende 2018 scheiterte sein Comeback, als er Kramp-Karrenbauer bei der Wahl zum Parteivorsitzenden unterlag.

Für Merz sprechen seine Souveränität auf den Feldern der Wirtschafts- und Außenpolitik und seine Glaubwürdigkeit bei dem Versprechen, das CDU-Profil in der inneren Sicherheit zu schärfen. Gegen Merz spricht seine mangelnde Souveränität im Umgang mit Niederlagen – ob gegen Merkel oder AKK. Was, wenn er Kanzlerkandidat würde und Grün-Rot-Rot am Ende vorne liegen sollte? Aktuelle Umfragen lassen das nicht denkbar erscheinen. Ginge er dann wieder in die Wirtschaft?

Schließlich Jens Spahn (39): Der Bundesgesundheitsminister sagte einmal, er sei bekannt geworden, jetzt müsse er noch beliebt werden. Die Umfragen deuten an, dass er dieses zweite Ziel noch nicht erreicht hat. Aber Spahn kann warten. Einen Preis dürfte er gleichwohl verlangen, damit er seinen Hut nicht in den Ring wirft. Vielleicht will er Fraktionsvorsitzender werden, die mächtigste Position unterhalb des Kanzleramts.

Der Joker aus Bayern

Und was will schließlich Markus Söder? Die CSU unterstützt Merz bislang nicht. Weil er in den internen Umfragen als stärkster CDU-Mann abschneidet? Gegen ihn könnte sich Söder nicht so leicht durchsetzen wie gegen Laschet oder Spahn, sollte er als dritter CSU-Chef nach Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber Kanzlerkandidat werden wollen.

Für die Union muss es am Ende zwei klare Kriterien geben: Welcher Kandidat hat genügend Autorität, um insbesondere der taumelnden CDU wieder ein originäres Profil zu verschaffen? Und wer hat dann genügend Popularität, um gegen Robert Habeck obsiegen zu können? Merz taugt mutmaßlich zum Zugpferd. Er würde am linken Rand zwar Merkel-Wähler verlieren, die zu den Grünen wandern würden. Aber rechts hätte er wohl das größte Potenzial, zur AfD abgewanderte Wähler zurück zur Union zu holen. Von dieser Fähigkeit muss Merz zunächst seine Konkurrenten überzeugen – Laschet, Spahn und nun auch Röttgen.


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