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Frankreichs Ex-Präsident in Haft, die bürgerliche Rechte im Sinkflug und die französische Gesellschaft gespalten
Zum Abschluss gab es sprichwörtlich noch einmal ein gefundenes Fressen für die Boulevard-Medien. Kurz vor dem bittersten Tag seines 70-jährigen Lebens ging der frühere französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy noch einmal feudal speisen. Um den 14. Geburtstag seiner Tochter Giulia zu feiern, ging es für Sarkozy, Ehefrau Carla Bruni und Anhang ins Pariser Drei-Sterne-Restaurant „Le Cinq“. „Dort gibt es unter anderem Langusten für 185 Euro und Spaghetti mit Trüffel für 210 Euro“, schrieb die „Bild“-Zeitung mit einer Prise Süffisanz.
Ein paar Tage später trat Sarkozy dann seine Haftstrafe im Pariser Gefängnis La Santé an. Frankreichs Präsident von 2007 bis 2012 wurde Ende September wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zu fünf Jahren Haft verurteilt, davon drei ohne Bewährung. Der Vorwurf: Sarkozy habe 2007 illegale Wahlkampfhilfe vom libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi angenommen oder zumindest deren Annahme gedeckt. Das Gericht wertete dies als besonders schweren Fall. Obwohl sein Anwalt Berufung einlegte, ordneten die Richter eine sofortige Vollstreckung der Strafe an – ein in Frankreich ungewöhnlicher Vorgang, der zudem aktuell sehr kontrovers gesellschaftspolitisch diskutiert wird.
Vom Palast in die Zelle
Sarkozy wurde in einer gepanzerten Limousine zum Gefängniseingang gebracht. Dort spielte sich eine fast inszeniert wirkende Szene ab. Anhänger schwenkten die Trikolore, riefen „Nicolas!“, sangen die Nationalhymne Marseillaise. Sarkozy stieg aus, küsste seine Frau ein letztes Mal etwas theatralisch zum Abschied und hob dann grüßend die Hand. In seine neun Quadratmeter kleine Einzelzelle, die eine schäbige Pritsche und eine Toilette als Einrichtung hat, brachte er zudem mehrere Bücher mit: Werke von Balzac und Camus. Beobachter werten dies als bewusste Selbststilisierung – ein Staatsmann, der auf Würde statt Reue setzt. Es ist ein Akt mit einem Hauch von Tragik.
Als Innenminister und später als französischer Staatspräsident hatte Sarkozy von der Justiz stets eine strengere und schnellere Bestrafung von Verurteilten verlangt. Nun ist er selbst quasi Opfer seiner eigenen Worte und Forderungen geworden.
Sarkozy sitzt allein in einer Sicherheitszelle, getrennt von anderen Insassen. Es gelten spezielle Regeln, da er als Ex-Präsident als besonders gefährdet gilt. In den ersten Tagen darf er keinen Besuch erhalten, später ist wohl doch eher mit privilegierter Behandlung zu rechnen. Zugleich sorgt die sogenannte „exécution provisoire“ für Kritik. Juristen und Politiker fragen, ob ein solch symbolträchtiger Fall nicht auf das Berufungsverfahren hätte warten sollen.
Ein statuiertes Exempel
Sarkozy selbst sprach bis zuletzt von einem politischen Verfahren. Er sei unschuldig, ein Unrechtsurteil werde durch Wiederholung nicht richtiger. Sein Umfeld unterstützt diese Sicht. Parteifreunde von Les Républicains erklärten, die Justiz wolle ein Exempel statuieren. Seine Frau schrieb auf der Plattform X: „Liebe ist die Antwort.“ Präsident Emanuel Macron äußerte sich nicht öffentlich, empfing Sarkozy aber wenige Tage vor Haftantritt zu einem privaten Gespräch im Élysée. Der Justizminister kündigte an, ihn im Gefängnis besuchen zu wollen. Frankreichs politische Klasse ringt sichtlich mit der Balance zwischen rechtlichem Prinzip und symbolischer Wirkung.
Sarkozys Fall ist mehr als ein juristisches Verfahren. Er steht für das Ende eines politischen Lebenslaufs, der einst als bürgerliche Alternative zum damaligen Front National begonnen hatte. Ausgerechnet seine frühere Gegenspielerin Marine Le Pen, die selbst ihre Erfahrungen mit der französischen Justiz machen musste, verteidigte Sarkozy und sprach von einem „Willkürurteil“.
Als Präsident versprach Sarkozy einst, Frankreich zu modernisieren, die Wirtschaft zu öffnen und dem Rechtspopulismus eine klare Kante zu zeigen. Er galt lange als Hoffnungsträger der moderaten Rechten, der mit Verve und Härte Ordnung und Aufbruch vereinen wollte. Der Aufstieg des Front National wurde während seiner Amtszeit auch tatsächlich gebremst, aber nicht gestoppt. Rückblickend bleibt allerdings sein Beitrag zur strategischen Schwächung von Le Pen ambivalent. Im Jahr 2007 spielte FN-Gründer Jean-Marie Le Pen keine wirkliche Rolle mehr. Fünf Jahre später aber kam seine Tochter Marine den Mächtigen im ersten Wahlgang bereits gefährlich nahe. Überraschend verlor Sarkozy damals gegen den blassen Sozialisten Francois Hollande.
Vorgang als Grenzüberschreitung
Anschließend kamen immer mehr und mehr Skandale von ihm ans Tageslicht. Affären häuften sich. Einmal ging es um überhöhte Wahlkampfausgaben 2012. Dafür wurde er 2021 zu einem Jahr Haft verurteilt. Ein anderes Mal erhielt er wegen versuchter Bestechung eines Richters eine weitere Strafe. Diese wurde zeitweise mit Fußfessel im Hausarrest vollstreckt. Weitere Verfahren – etwa wegen Geldflüssen aus Russland oder Katar – sind aktuell noch weiter anhängig.
Und Frankreichs Gesellschaft? Die ist gespalten. Eine knappe Mehrheit unterstützt laut Umfragen die Haftentscheidung, andere sehen in ihr eine bedenkliche Grenzüberschreitung. Klar ist jedoch: Der aktuelle Absturz der bürgerlichen Rechten Frankreichs ist eng mit dem Sturz ihres ehemaligen Hoffnungsträgers Sarkozy verbunden.
sitra achra am 02.11.25, 19:57 Uhr
Zumindest waren seine Motive edel. Er wollte Frankreich von der sozialistischen Lumperia befreien. Da greift man aus höheren Interessen schon einmal zu Rechtsbrüchen.
Das ist dieses wunderbare Land gewiß wert. Vive la France!
Peter Wendt am 30.10.25, 07:03 Uhr
Abseiten davon, dass die französische Linke ein Exempel an einem Konservativen statuieren will und sich damit selber ins Unrecht setzt, gilt: Auch für Politiker sind Gesetze und die Verfassung bindend. Das wird von den jeweiligen Machthabern gern vergessen, auch in Deutschland. Vergehen gegen die Gesetze und die Verfassung durch Politiker müssen deshalb grundsätzlich schwerer bestraft werden als bei normalen Bürgern. Es gibt sicherlich Grauzonen in denen die Handelnden Grenzen überschreiten müssen, das zu beurteilen ist dann Aufgabe des Parlamentes und auch der Judikative.