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Der Dissident Leonid Wolkow setzt sich in seinem jüngst erschienenen Buch „Putinland“ mit der politischen Entwicklung in seiner Heimat auseinander
Leonid Wolkow, Jahrgang 1980, Ex-Duma-Abgeordneter von Jekaterinburg und Dissident, befindet sich derzeit auf Lesereise in Deutschland. Er gehört der Generation an, die in den 90er Jahren aufwuchs, als es in Russland demokratischer zuging als heute, wie er sagt. Vielen seiner Generation schwebte eine offene Gesellschaft vor, in der die Menschen mitbestimmen durften. Putins Ziel hingegen sei nie eine offene Gesellschaft gewesen. Spätestens bei dessen Rückkehr ins Präsidentenamt 2012 sei dies deutlich geworden. Nach dem Krim-Anschluss, der Zerschlagung der Opposition und dem Giftanschlag auf Alexej Nawalnij sei die Entwicklung eskaliert.
Der Autor sieht die „Wilden 90er Jahre“, die viele Russen ihre gesicherte Existenz kostete, ursächlich für den Erfolg von Putins Aufstieg und Macht. Er habe sich als Garant für Stabilität gut verkaufen können und anfangs wirtschaftliche Erfolge verbucht. 2008 war es mit dem Wirtschaftswachstum vorbei und Putins Stern sank. Das habe ihn veranlasst, die Machtvertikale, ein Durchregieren von oben nach unten, zu etablieren.
Obwohl der studierte Mathematiker Putin nicht für besonders klug oder gebildet hält, behandelt er dessen Erfolge fair, wenn er sagt: „Wenn Putin 2008 nicht mehr zur Wahl angetreten wäre, wäre er als der erfolgreichste und populärste Präsident aller Zeiten in die russischen Geschichtsbücher eingegangen.“ Dem Westen wirft Wolkow zwar Blauäugigkeit gegenüber Putins imperialistischen Absichten und der Etablierung einer Diktatur vor, aber die Fehler des Westens in der Ukrainepolitik erwähnt er mit keinem Wort.
Gemeinsam mit Nawalnij hat Wolkow eine Antikorruptionsstiftung gegründet und Putins Elite hart angegriffen. Er wurde mehrfach festgenommen und verpasste die Geburt seines ersten Kindes. Inzwischen agiert er von Litauen aus. Viele Seiten seines Buchs gleichen einem Loblied auf Nawalnij, wobei die Kapitel äußerst interessant sind, in denen er schildert, mit welchen Mitteln und Tricks Oppositionelle in einer Atmosphäre der Unterdrückung ihren Protest zum Ausdruck bringen. Oft werde er gefragt, warum das russische Volk sich nicht gegen Putin erhebe. Dem entgegnet Wolkow, dass es durchaus Widerstand gebe, wovon die Massendemonstrationen zeugten, die es einige Zeit gab. Dafür, dass nicht jeder das Risiko einer Haftstrafe eingehen will, zeigt er Verständnis. Putins Regime zerstöre nicht nur Karrieren, sondern ganze Familien.
Dennoch glaubt Wolkow an sein Volk und daran, dass sich in Russland nach Putin die Demokratie durchsetzen wird.