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Erster Freiheitskampf der Deutschen – Eine Landesausstellung und kleinere Präsentationen widmen sich dem Bauernkrieg
Vor 500 Jahren raubten aufständische Bauern das Kloster Schussenried aus. Nun ist es Schauplatz von „Uffrur! Utopie und Widerstand im Bauernkrieg 1524/25“, der Großen Landesausstellung Baden-Württembergs, die an den Bauernkrieg im Südwesten Deutschlands erinnert. Im Umland informieren kleinere Ausstellungen an historischen Orten über wichtige Personen und Ereignisse des Bauernkriegs.
Die Bad Schussenrieder Schau umfasst 200 Exponate. Am Anfang steht die farbig gefasste Holzskulptur eines Bauern. Er schleppt einen Sack sowie eine Rübe auf den Schultern und gehört zum Figurenpersonal des Überlinger Rathauses, in dem die Bauern früher ihre Abgaben abzuliefern hatten. In der Landesausstellung wird er zur Symbolfigur der Beschwernisse, welche die Landbevölkerung zum Aufruhr beziehungsweise „Uffrur“ trieben. In den „Zwölf Artikeln von Memmingen“ sind sie aufgeführt. Diesen Forderungskatalog verabschiedeten die Abgesandten des Baltringer Bauernhaufens, des Bodenseehaufens und des Allgäuer Haufens im März 1525. Sie verlangten die Rücknahme überzogener Abgaben und Frondienste, die Rückgabe von Gemeindebesitz, den die Herren unrechtmäßig in Besitz genommen hatten, sowie das Ende der Leibeigenschaft. Der 3. Artikel verkündet: „Wir wollen frei sein.“
Die Zwölf Artikel präsentierten die Aufständischen dem Schwäbischen Bund, dem etwa 50 weltliche und geistliche Herrschaften sowie Städte angehörten. Weil der Schwäbische Bund keine Bereitschaft zeigte, auf die Forderungen der Bauern einzugehen, fingen diese an, Schlösser und Klöster zu plündern und zu verwüsten. Über diese und die folgenden Geschehnisse unterrichtet uns die Chronik des Klosters Weißenau aus der Sicht des Abtes Jakob Murer in Wort und Bild. Die elf skizzenhaften und detailreichen Zeichnungen zeigen zum Beispiel Abt Murers Flucht in die Reichsstadt Ravensburg, während Bauernhauptmann Stefan Rahl den bewaffneten Aufständischen vor dem Klostertor eine Rede hält.
Ein anderes Bild zeigt, wie sich die feindlichen Heere des Schwäbischen Bundes und der Bauern vor dem Kloster Weingarten gegenüberstehen. Aber statt aufeinander loszugehen, einigen sich die Kontrahenten am 17. April gütlich auf den von Vertretern der Reichsstadt Ravensburg vermittelten „Weingartener Vertrag“. Den lässt Abt Murer im letzten Blatt vor seinen im Klosterhof zur Erneuerung ihres Treueids versammelten Untertanen verlesen. Da sie den Treueeid verweigern, zwingt er sie mit Hinweis auf die kampfbereiten Truppen des Schwäbischen Bundes dazu.
Den Anstoß zum Weingartener Vertrag gab Truchsess Georg III. von Waldburg. Er war der Oberste Feldherr des Schwäbischen Bundes. Vor Kloster Weingarten standen den 6000 Landsknechten und 2000 Reitern des Bundes etwa 25.000 Aufständische gegenüber, unter ihnen 10.000 Landsknechte. Der Truchsess scheute das Risiko einer Niederlage. Denn im Unterschied zu den Bauern besaß der Bund nur dieses eine Heer. Falls dieses vernichtend geschlagen würde, wären die Obrigkeiten den Aufständischen wehrlos ausgeliefert gewesen.
Ehrenhafte Enthauptungen
Der mächtige Bodenseehaufen ließ sich jedoch auf den angeblichen Friedensvertrag ein, der tatsächlich aber eine verschleierte Kapitulation war. Die Bauern blieben straffrei und durften ihre Waffen behalten, mussten aber ihre Vereinigung auflösen, geraubtes Gut zurückerstatten, vor ihrer Obrigkeit den Treueeid erneuern und die bisherigen Abgaben und Dienste wieder leisten. Das Abkommen versetzte den Truchsess in die Lage, die weit weniger starken anderen Bauernhaufen in einer Folge von Schlachten in den Untergang zu treiben. Zehntausende wurden erschlagen oder ertranken auf der Flucht.
Der auch als „Bauernjörg“ berüchtigte Truchsess Georg III. ist als grausamer Bauernschlächter verrufen. Andere Historiker aber urteilen, sein Verhalten habe sich im üblichen Rahmen der damaligen Zeit bewegt. Eigentlich sei er sogar recht „weichherzig“ gewesen, weil er zum schmachvollen Erhängen verurteilte Rädelsführer zur ehrenhaften Enthauptung begnadigte. Der Bauernjörg und sieben andere historische Personen wie Abt Murer und die zu den Aufständischen gehörende Margarete Renner sprechen in der Landesausstellung mit Hilfe von KI als animierte Kunstfiguren zu uns.
Auch einige der anderen Ausstellungen geben dem Bauernkrieg Gesicht und Stimme. Allerdings ist unbekannt, was die historischen Personen gedacht und gefühlt haben. Daher wird der neueste wissenschaftliche Forschungsstand um plausible Annahmen ergänzt. Im Bauernhaus-Museum Wolfegg werden die Ereignisse aus Sicht der Landbevölkerung dargestellt (bis 11.11.2026). In der auf das Ausstellungsgelände versetzten Zehntscheuer des Klosters Weißenau gibt es neben Objekten und Informationstafeln Hörstationen. Zu uns spricht etwa die Bäuerin Anna Dannerin, Untertanin des Klosters Weingarten, oder Pfarrer und Bauernhauptmann Florian Greisel, der den Weingartener Vertrag verurteilt. Als unblutiges Ende des Bauernkriegs in Oberschwaben feiert die Stadt Weingarten den Weingartener Vertrag mit einem neuen Denkmal und einer kürzlich eröffneten Ausstellung im Pavillon am Stadtmuseum Schlössle.
Als Hauptfigur der Ereignisse und der Ausstellungen erweist sich Truchsess Georg. Schloss Waldburg ist der Stammsitz seines Geschlechts. Im Kapellenturm läuft die Tafelausstellung „Maria hilf!“ (bis 2.11.). Das war der Schlachtruf der Bundestruppen. Auf einer Tafel steht über den Truchsess: „Er galt nicht nur als sehr fähiger, sondern auch als sehr fairer Mann.“ Die Ausstellung in seinem Geburts- und Bestattungsort Bad Waldsee scheint das zu bestätigen.
Im historischen Rathaus sind aktuell eine Urkunde und ein Brief zu sehen. Die Urkunde geht auf Truchsess Johannes zurück und ist als „Böser Brief“ bekannt. Nach einem niedergeschlagenen Aufstand überzog er die Einwohner Waldsees mit den in der Urkunde festgelegten harten Verpflichtungen. Ur-Urenkel Georg III. aber erklärte diese für aufgehoben. Im Begleitbrief bedankt er sich dafür, dass die Stadt seine Gattin und die drei Kinder einließ und so davor bewahrte, den Aufständischen in die Hände zu fallen.