08.11.2025

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Teuer und Unnütz

Wohnwirtschaft kritisiert Dämmungswahn

Mieter wollen keine nachhaltige, sondern eine bezahlbare Wohnung

Hagen Ritter
03.11.2025

Bereits 1896 stellte der Ökonom und Soziologe Vilfredo Pareto die Faustregel auf, dass 80 Prozent der Ergebnisse durch lediglich 20 Prozent des Gesamtaufwands erzielt werden. Im Wirtschaftsleben hat sich das sogenannte Pareto-Prinzip erstaunlich oft bestätigt.

Ein weiteres Beispiel, dass die 80-20-Regel richtig ist, liefert nun offenbar das Thema Wärmedämmung. Nach Angaben des Chefs des Duisburger Wohnungsunternehmens LEG Immobilien, Lars von Lackum, sollen Berechnungen des Verbands der Wohnungswirtschaft (GdW) zeigen, dass zwischen 2010 und 2022 jedes Jahr ein hoher Milliardenbetrag für Dämmmaßnahmen in den Bestand an Mehrfamilienhäusern geflossen ist. Hingegen verringerte sich der Energieverbrauch der Gebäude im gleichen Zeitraum nur geringfügig. Konkret sank der durchschnittliche Energieverbrauch nach Angaben des LEG-Managers von
131 Kilowattstunden pro Quadratmeter auf lediglich 129 Kilowattstunden. Abweichend zu diesen Angaben weist die dena-Gebäudedatenbank für den Wohngebäudebestand einen durchschnittlichen Rückgang des Heizenergieverbrauchs um rund 15 Prozent zwischen 2010 und 2022 aus. Angesichts der hohen Kosten für Sanierungen und Dämmungen stellt sich allerdings bei dieser Berechnung die Frage, ob der Preis, mit dem die Einsparungen erkauft werden, angemessen ist.

Von Lackum, stellte angesichts immer neuer Vorschriften beim Bauen und Sanieren generell den Sinn weiterer Vorgaben infrage: „Die Vorstellung, dass ein Gebäude erst dann energieeffizient und nachhaltig ist, wenn man es richtig dick in mehreren Lagen eingepackt hat, macht es enorm teuer. Davor darf man die Augen nicht verschließen“, sagte er bei n-tv. Wie von Lackum erklärte, würden sich zwei Drittel der LEG-Mieter in erster Linie keine „nachhaltige“ Wohnung, sondern eine bezahlbare Wohnung wünschen.

Die hohen Kosten für Dämmmaßnahmen an Bestandsbauten bedeuten allerdings regelmäßig Mieterhöhungen. Der Manager wies darauf hin, dass sich die Zahl der Bauvorschriften im Laufe der letzten 20 Jahre vervierfacht habe – von ehemals 5000 Vorschriften auf derzeit 20.000. „Das macht den Wohnungsbau nicht günstiger. Jede dieser Vorschriften kostet Geld.“

LEG ist mit einem Bestand von 175.000 Wohnungen Deutschlands zweitgrößtes Wohnungsunternehmen. Die Kritik des Branchenvertreters kommt zu einem Zeitpunkt, an dem ein weiterer Kostenschub durch Dämmmaßnahmen bereits absehbar ist. Mit der 2024 beschlossenen EU-Gebäuderichtlinie soll der Energieverbrauch von Wohngebäuden bis 2030 im Schnitt um 16 Prozent und bis 2035 um bis zu 22 Prozent sinken. Neubauten sollen spätestens ab 2030 sogar als „Nullemissionsgebäude“ errichtet werden. Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund, warnte schon 2024: „Für viele private Eigentümer beendet die EU damit den Traum von den eigenen vier Wänden.“ Auch Axel Gedaschko vom GdW – Spitzenverband der Wohnungswirtschaft – zeigte sich mit Blick auf bevorstehende Kosten und soziale Folgen skeptisch.


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