Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Das Kunstmuseum Schwaan zeigt zum 150. Geburtstag von Otto Tarnogrocki die Ausstellung „Landschaft im Licht“
Zuerst muss ein Blick auf den Lebensweg dieses Künstlers gerichtet werden, um zu verstehen, wie jemand, der mit Talent, Fleiß, Können, Anerkennung und Verkaufserfolgen durch fast fünf Jahrzehnte wirkte, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in das beinah völlige Vergessen geriet.
Otto Tarnogrocki hat ab 1905 in Stettin gewohnt, zuerst mit seiner dominanten Mutter, dann ab 1923 mit seiner Ehefrau Elisabeth geborene Holste. Bei der Bombardierung Stettins am 30. August 1944 wurden auch die Wohnung des Ehepaares Tarnogrocki und das Atelier des Künstlers getroffen. Einige wenige seiner Arbeiten konnten gerettet und in Kisten verpackt werden. Diese sind seitdem verschollen.
Im März 1945 kam der 70-Jährige mit seiner 13 Jahre jüngeren Ehefrau in Nienhagen bei Bad Doberan an. Dort erhielten die Flüchtlinge in der Villa Herta ein kleines Zimmer zugewiesen. Tarnogrocki starb am 17. Dezember 1946; er wurde in Nienhagen bestattet.
Viel ist verschwunden
Geboren wurde Tarnogrocki am 6. Juni 1875 als einziges Kind seiner Eltern in Lobsens in der Provinz Posen. Aufgewachsen ist er bis zum frühen Tod des Vaters 1887 in der uckermärkischen Stadt Strasburg, wo dieser Rektor und Prediger war.
Die Mutter zog mit dem Zwölfjährigen zuerst nach Ulm, später nach Dessau. Dort absolvierte er eine Lehre als Dekorationsmaler und besuchte die Handwerker-Kunstgewerbeschule.
1893 begann Tarnogrocki seine Ausbildung an der Königlichen Kunstschule in Berlin, wechselte jedoch schon zum Wintersemester an die Herzogliche Kunstschule Weimar. Dort war einer seiner Lehrer Franz Bunke aus Schwaan, unter dessen (An-)Leitung sommerliche Studienaufenthalte in Schwaan – Bunkes Geburts- und Heimatstadt – durchgeführt wurden. Es entstand eine Gemeinschaft junger Landschaftsmaler, zu der zum Beispiel Rudolf Bartels, Alfred Heinsohn und Peter P. Draewing gehörten, doch auch schon die ersten „Malweiber“ wie Erna Heinsohn waren dabei.
Gearbeitet wurde in den Sommermonaten vor der Natur, das heißt man fertigte Ölskizzen, Zeichnungen und Aquarelle. In den Wintermonaten wurden auf dieser Grundlage Landschaftsbilder komponiert. So entstanden in den Ateliers großformatige Gemälde.
Tarnogrocki pflegte seine Kontakte zu Malerkollegen der Schwaaner Künstlerkolonie. So gehörte er 1905 zu den Mitbegründern der „Mecklenburgisch-pommerschen Künstlervereinigung“, die ihren Sitz in Schwaan hatte.
Die Königliche Akademie der bildenden Künste in Stuttgart war ab 1900 eine weitere Station in der Ausbildung und Vervollkommnung des jungen Malers. Akademieprofessor Carlos Grethe war dort sein Lehrer.
Bald hatte „Tarno“, wie er von seinen Freunden genannt wurde, Gelegenheit zu Studienreisen. Das Kennenlernen moderner Malerei in England, Belgien und Italien, vor allem jedoch in Frankreich, in dessen Hauptstadt er sich längere Zeit aufhalten konnte, hatte Einfluss auf sein Schaffen. Tarnogrocki beteiligte sich an Ausstellungen in ganz Deutschland. Seine Bilder stießen auf großes Interesse. Sie wurden für Privatwohnungen und Firmensitze in Deutschland, aber auch von Käufern aus dem Ausland erworben.
Das Museum sucht weiter
Tarnogrocki – so die Überlieferung – liebte die pommersche Landschaft. Nicht ohne Grund trägt die Ausstellung, die am 17. Mai im Kunstmuseum Schwaan anlässlich des 150. Geburtstages des Künstlers eröffnet wurde, den Titel „Landschaft im Licht“. Vor zehn Jahren hatte das Kunstmuseum unter seinem damaligen Leiter Heiko Brunner erstmals Werke Tarnogrockis zeigen können. Ein jetzt erweitertes Werkverzeichnis und neue kunsthistorische Beiträge sind in Arbeit, sodass bald mit dem Erscheinen einer überarbeiteten und ergänzten Ausgabe des Buches „Otto Tarnogrocki. Ein Malerleben in Mecklenburg und Pommern“ gerechnet werden kann. Bis dahin sollte die Gelegenheit genutzt werden, sich die beeindruckenden Ölgemälde und die meisterlichen Aquarelle im Original anzuschauen.
Tarnogrocki hatte eine ganz besondere Art der Pinselführung. Die Wiedergabe von Licht, Wasser und Luft gelang ihm nahezu unübertrefflich. Immer wieder reizten ihn Motive des Stettiner Hafens. Doch auch Eindrücke aus Städten, in die ihn Ausflüge führten, wie Stralsund, Greifswald und Belgard, oder die er auf Reisen besuchte, wie Breslau, Göttingen, Quedlinburg und Braunschweig, sind stimmungsvoll festgehalten. Ein Kuriosum sind die in seiner Stettiner Stammkneipe mit Hilfe schwarzer Schuhcreme gefertigten Zeichnungen. Sie belegen, dass Tarnogrocki nicht nur ein bedeutender Maler, sondern auch ein meisterlicher Zeichner war. Davon sind drei Arbeiten in der Ausstellung zu sehen.
Es bleibt zu hoffen, dass als Nachwirkung dieser schönen Ausstellung noch andere Werke Otto Tarnogrockis wieder ans Licht kommen – als Dachboden- oder Flohmarktfunde, bei Ebay-Kleinanzeigen – wie schon geschehen. Das Kunstmuseum Schwaan ist dankbar für jede Information.