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Frisch aus der Druckerei: Druckfahnen des neuen „Asterix“-Abenteuers
Bild: Story House EgmontFrisch aus der Druckerei: Druckfahnen des neuen „Asterix“-Abenteuers

Kunst

Zenturio Pistorius rüstet auf

Der neue „Asterix“-Band „Asterix in Lusitanien“ spielt im antiken Portugal, ist aber ein Kommentar auf die Gegenwart

Stefan Piasecki
06.11.2025

Asterix“ gehört zu den prägenden europäischen Comicserien. 1959 vom Texter René Goscinny und Zeichner Albert Uderzo für das französische Magazin „Pilote“ entwickelt, spielt sie im Jahr 50 v. Chr. in einem kleinen gallischen Dorf, das sich dank des Zaubertranks des Druiden Miraculix gegen die römische Besatzung behauptet.

Im Mittelpunkt stehen Asterix – klein, intelligent, ironisch – und sein Gefährte Obelix, der als Kind in den Zaubertrank fiel und seither übermenschlich stark ist. Beide brechen, oft begleitet von Hund Idefix, zu Reisen auf, die sie weit über Gallien hinausführen. Kennzeichen der Reihe sind Sprachwitz, Anspielungen auf Zeitgeschichte und Popkultur, pointierte nationale Stereotype sowie feste Motive wie Obelix' Hinkelsteine, Wildschwein-Mahlzeiten, die römischen Prügeleien, der untragbare Barde Troubadix, Häuptling Majestix auf dem Schild, die stets unterlegenen Piraten – und Julius Caesar als Gegenspieler.

Nach Goscinnys Tod 1977 führte Uderzo die Serie allein fort. Seit 2013 zeichnet Didier Conrad, die Texte stammten zunächst von Jean-Yves Ferri, inzwischen von Fabrice Caro („Fabcaro“). Die Serie wurde in mehr als 100 Sprachen und Dialekte übertragen, millionenfach verkauft und mehrfach verfilmt. Sie gilt heute als Teil des französischen Kulturerbes. Für Übersetzer wie Klaus Jöken ist das Herausforderung und Erfüllung zugleich.

Am 23. Oktober ist Album Nummer 41 „Asterix in Lusitanien“ in einer Startauflage von fünf Millionen Exemplaren erschienen. Wieder stammt das Szenario von Fabcaro und schließt an die Tradition der Reiseabenteuer an: Ein Gesandter aus Lusitanien – dem Gebiet des heutigen Portugal und Teilen Spaniens, damals römische Provinz – bittet im gallischen Dorf um Hilfe.

„Asterix in Lusitanien“ verbindet kunstvoll klassische Motive der Reihe – Expedition in die Fremde, Kultursatire, Prügelszenen – mit Elementen eines Wirtschaftskrimis. Didier Conrad sagt, dass Globalisierung, Handel und wirtschaftliche Verflechtungen Faktoren sind, die die Handlung vorantreiben. Themen wie Korruption, Lobbyismus, Kampf um Ressourcen und politischen Ehrgeiz einzubinden, war Fabcaro und Didier Conrad wichtig.

Gezeichnetes Autorenkino
Gleichzeitig arbeitet der Band mit Portugal-spezifischen Markenzeichen: der saudade (einem kulturell tief verankerten Gefühl aus Melancholie, Sehnsucht und Würde), lokalen Produkten wie dem Kabeljão (Stockfisch) und Hafenszenarien der Nation am Atlantik. Obelix verliebt sich in die lokale Schönheit Oxala – wie so oft mit großer Direktheit und minimalem romantischen Ertrag.

Visuell und atmosphärisch unterscheidet sich Band 41 von manch früherem, auch düsterem Album. Die Farbgebung ist durchgehend hell, fast mediterran, voller Sonne und Pastell. Darüber legt sich die saudade als Grundton: ein weicher Weltschmerz, der immer wieder in Humor überführt wird. Dieses Spannungsfeld – helle Oberfläche, melancholischer Unterklang – nutzt Fabcaro konsequent für Komik, auch jenseits des reinen Slapsticks. So prahlen etwa Sklavenhalter damit, wie „motiviert“ ihre Sklaven seien, dass diese sich aus Ehrgeiz gleich selbst auspeitschen. Ein Römer, von Obelix windelweich geprügelt, klagt, er wolle lieber „einen blinden Hund im Regen ausführen“. Solche Momente erinnern eher an satirisches Autorenkino als an reinen Kindercomic.

Parallel verhandelt der Band sehr aktuelle Themen. Diese Gegenwartsbezüge sind laut Übersetzer Jöken und Texter Fabcaro bewusst gesetzt und erleichterten die Arbeit nicht gerade. In Nebensätzen und Figuren tauchen Anspielungen auf Verteidigungspolitik – bis hin zu einem Zenturio „Pistorius“ –, auf die Rentendebatte in Frankreich und Deutschland, auf Migration, wirtschaftliche Monopolisierung und geopolitische Machtspiele auf.

Die verlagseigene Datenbank für Namen war diesmal wenig hilfreich. Viele Wörter endeten jetzt auf -s, nicht wie sonst auf -us oder -ix. Texter und Übersetzer mussten hier besonders kreativ sein. Gleichzeitig ist das Teil der Asterix-DNA seit Goscinny: Die Alben waren immer auch Kommentare zur Gegenwart, getarnt als Altertum, wie Zeichner Conrad ergänzt.

Eine Stärke des Albums ist die sprachliche Gestaltung. Für die lusitanischen Figuren wird im Deutschen mit Tilden gearbeitet („ã“), um ein lautliches Eigenkolorit zu markieren, etwa bei Namen wie „Schãoprozes“. Das wirkt einerseits verspielt, andererseits schafft es Distanz und Komik aus der Perspektive der Gallier, die diese Sprache kaum verstehen.

Conrad und Fabcaro mussten hier eng und intensiv arbeiten, denn Deutsch und Französisch sowie ihre Bezugskulturen sind sehr unterschiedlich. Für Obelix ist der Aufenthalt entsprechend anstrengend: kein Wildschwein, sondern Kabeljão; Tarnnamen wie „Infettfrittiertes“ statt heroischer Titel; und schließlich der Verlust seiner geflochtenen Zöpfe. Caesar absolviert einen Staatsbesuch, Troubadix darf wie üblich nicht singen – die vertraute Binnenlogik des Dorfes bleibt also erhalten. Dabei, so betont Zeichner Didier Conrad, trifft die Serie heute auf ein anderes und multikulturelleres Publikum als früher. Dies ließe sich aber nur begrenzt abbilden. Auf Reisen schon, im gallischen Dorf selbst natürlich nicht.

Mit „Asterix in Lusitanien“ legt das aktuelle Team um Zeichner Didier Conrad, Texter Fabcaro und Übersetzer Klaus Jöken also ein Album vor, das einerseits das etablierte Universum respektiert, andererseits bewusst eigene Akzente setzt: politischer, globaler, aber in Ton und Farbigkeit auffällig leichter als viele unmittelbare Vorgänger.

Asterix in Lusitanien, Egmont Ehapa Media, Berlin 2025, 48 Seiten, Softcover, 7,99 Euro


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