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Wirtschaftsministerin Reiches radikale Abkehr von Habecks Heizungsdiktat
Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hat ihre Amtszeit mit einer energiepolitischen Zäsur begonnen. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG), von Vorgänger Robert Habeck (Grüne) als Symbol der Wärmewende durchgepeitscht, soll in zentralen Punkten rückabgewickelt werden. Die verpflichtende Vorgabe, dass neu installierte Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen, steht vor dem Aus. Stattdessen setzt Reiche auf „technologieoffene, langfristig emissionsbasierte Lösungen“, wie es im Entwurf des Koalitionsvertrags zwischen CDU und SPD heißt. Man wolle die Bürger „nicht länger mit ideologischen Hürden überziehen“, so Reiche gegenüber dem „Münchner Merkur“.
Das GEG hatte in der vergangenen Legislaturperiode für massive Kritik gesorgt. Hauseigentümer, Mieterverbände und Handwerksbetriebe sahen sich mit einem komplexen Regelwerk konfrontiert, das teure Umbauten und unklare Förderungsverfahren mit sich brachte. Die Verabschiedung im Bundestag war ein einziger politischer Kraftakt, nach monatelangen Koalitionsstreitigkeiten trat das Gesetz zum 1. Januar 2024 dann aber in abgeschwächter Form in Kraft. Doch kaum ein Jahr später stehen die zentralen Elemente erneut zur Disposition.
Zu erwartende Gegenreaktion
Brisant ist der politische Hintergrund der damaligen Gesetzgebung: Das Wirtschaftsministerium unter Habeck war eng mit der Denkfabrik Agora Energiewende verflochten. Deren damaliger Direktor Patrick Graichen wechselte 2022 als Staatssekretär ins Ministerium und galt als Architekt der umstrittenen Wärmewende. Die Nähe zwischen NGO und Ministerium rief nicht nur Kritik am Gesetzesinhalt hervor, sondern auch an der Art der politischen Einflussnahme. Mit der Abkehr von Habecks Linie stellt Reiche nun auch dieses Politikmodell infrage.
Die Reaktion aus dem Lager der Umweltverbände ließ nicht lange auf sich warten – und fällt wie zu erwarten aus. „Schwarz-Rot droht damit, die gerade anlaufende Wärmewende zu demontieren und den Klimaschutz im Gebäudebereich zurück auf null zu setzen“, erklärte Olaf Bandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Ministerin riskiere, dass Deutschland seine Klimaziele reiße und zudem energiepolitisch abhängig bleibe. Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), nannte die geplanten Änderungen einen „Rückschritt für Verbraucher, Handwerk und Klimaschutz“. Ohne klare gesetzliche Leitplanken laufe man Gefahr, dass Heizkosten „aus dem Ruder laufen“ und Investitionen ins Stocken geraten.
Und die Lobbyorganisation Agora Energiewende, die sich während Habecks Amtszeit als inoffizieller Thinktank des Ministeriums auf zweifelhafte Weise profilierte, ließ es sich nicht nehmen, ihren Senf zu Reiches Vorstoß abzugeben. Die Denkfabrik warnte vor einer „Verunsicherung im Heizungsmarkt“ und forderte, dass „eine neue rechtliche Regelung im Gebäudeenergiegesetz sehr schnell erfolgen“ müsse. Nur so könne man Klimaschutz und Energieunabhängigkeit gewährleisten. Die einstigen Mitgestalter des GEG fühlen sich offenkundig ausgebremst. Ihren Unmut formulieren sie mit bemerkenswerter Schärfe. Wohl auch, weil der eine oder andere offenbar sein ebenso simples, umsatzträchtiges wie aber auch fragwürdiges Geschäftsmodell platzen sieht.
Damit verdichten sich die Anzeichen, dass Reiches Ankündigung keine bloße Symbolpolitik ist, sondern eine tatsächliche energiepolitische Wende einleitet. Der Zeitpunkt ist bewusst gewählt: Der Rückhalt für grüne, ideologische Klimaambitionen bröckelt enorm – sowohl in der Bevölkerung als auch in den Bundesländern. Immer mehr CDU-geführte Länder forderten schon während des Wahlkampfes eine pragmatischere Ausgestaltung der Wärmewende. Auch Teile der SPD, vor allem in den mitteldeutschen Verbänden, gelten als skeptisch gegenüber einem zu rigiden Heizdiktat.
Unklar bleibt allerdings, ob Reiche ihre Linie gegen die etablierten klimapolitischen Netzwerke langfristig durchsetzen kann. Innenpolitisch kann sie damit durchaus punkten, aber auf der anderen Seite droht Ungemach mit der EU. Denn sollte Deutschland seine CO₂-Ziele im Gebäudesektor reißen, drohen Ausgleichszahlungen in Milliardenhöhe an Brüssel. Und auch innerhalb der deutschen Wirtschaft könnte der Kurswechsel Folgen haben: Hersteller von Wärmepumpen und Solartechnik, die auf die staatlich geförderte Nachfrage setzten, rechnen bereits mit Umsatzeinbrüchen.
Außer Frage steht, dass die Wärmewende wieder zum Zankapfel geworden ist. Reiche setzt auf Deregulierung, die Umweltverbände wie Agora, DUH und BUND trommeln für eine radikale, aber in der Bevölkerung gescheiterte, Klimapolitik. Am Ende ist es ein Kampf zwischen marktwirtschaftlichem Realismus und transformatorisch-ideologischem Klimastaat. Das Ende ist (noch) offen.