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Die Macher der international hochgelobten Onlineseite „DeepStateMap“ sollen plötzlich an die Front
In der Ukraine hat sich in den letzten Jahren mit der „DeepStateMap.live“ ein Projekt entwickelt, dass weltweit ein Vorbild für gemeinnützigen und modernen Journalismus darstellen kann. Dem einzigartigen Medienprojekt droht nun allerdings das Aus. Die Macher dieses Kanals sollen laut Meldungen aus der Ukraine Mobilisierungsbefehle erhalten haben.
Bei dem bereits 2020 gestarteten „DeepState UA“ handelt es sich um ein Online-Projekt, dass im Konflikt mit der Russischen Föderation zweifelsfrei auf der ukrainischen Seite steht. Hauptangebot war seit Kriegsbeginn im Februar 2022 eine täglich aktualisierte Online-Karte zum Frontverlauf in der Ukraine. „DeepStateMap.live“ war damit seit dem Beginn des Krieges im Februar 2022 nicht nur für Ukrainer eine wichtige Orientierungshilfe. Weltweit nutzen auch Journalisten, Militärexperten und Privatpersonen, die Informationen zum Kriegsverlauf, die von den Beteiligten des Projekts akribisch zusammengetragenen wurden. Mit Hilfe von etwa 100 Mitarbeitern und Freiwilligen wurden in öffentlich zugänglichen Quellen aussagekräftige Fotos und Videos vom Kampfgeschehen ausgewertet. Die Freiwilligen verglichen dabei die Lage von Gebäuden und Straßen auf den Aufnahmen mit Satellitenbildern, um sicherzustellen, das Angaben über den Aufnahmeort stimmen.
Informationen zum Frontverlauf
Resultat war eine Online-Karte, die so gute Informationen zum Frontverlauf enthielt, dass sie auch von lokalen Rettungskräften und von der ukrainischen Armee genutzt wurde. Die Macher achteten bei ihrer Arbeit allerdings sorgsam darauf, dass keine Informationen veröffentlich werden, die der russischen Armee einen Vorteil verschaffen können. Im Fall, dass Informationen militärische Aktivitäten gefährden, kam „DeepStateMap“ auch Bitten ukrainischer Befehlshaber nach, die Karte erst mit zeitlicher Verzögerung zu aktualisieren. Der staatliche Dienst für Notfallsituationen in der Ukraine zählte sogar zu den offiziellen Partner der Onlineseite.
Insgesamt war das Angebot bislang so gut, dass „DeepStateMap“ jeden Tag gleich mehrere Millionen Male angeklickt wurde. Im Februar 2024 meldeten die Seitenmacher, dass die Online-Karte zum Frontverlauf seit Kriegsbeginn bereits eine Milliarde Zugriffe hatte. Die „Neue Zürcher Zeitung“ und andere Medien lobten daher „Deep-StateMap“ noch im Frühjahr 2024: „Wer die Lage im Donbass verstehen will – oder nun jene in Charkiw –, kommt um diese Karte kaum herum.“
Nun sieht sich der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Oleksandr Syrskyj, allerdings dem Vorwurf ausgesetzt, durch die Einberufung der Journalisten das innovative Medienprojekt zum Schweigen bringen zu wollen. Hintergrund ist aus Sicht einiger Militärblogger, dass die Armeespitze um Syrskyj in der aktuellen Lage keine Berichte von „DeepStateMap“ über ukrainische Niederlagen sehen will.
Die ukrainische Abgeordnete Mariana Bezuhla warf auf dem Social-Media-Kanal Facebook Armeechef Syrskyj sogar vor, eine Offensive gegen das innovative und erfolgreiche Medienprojekt zu führen. Laut der Abgeordneten im Verteidigungsausschuss, haben die Mitarbeiter von „DeepState“ Mobilisierungsbefehle zum Dienst in der Infanterie erhalten. Bezuhla bezeichnete DeepState als „die letzte Bastion von mehr oder weniger adäquaten Informationen über den Frontverlauf“. Die Politikerin weiter: „Wir alle kennen ,DeepState' seit Beginn der groß angelegten Invasion. Jeden Tag ist es fast die einzige Quelle, um zu verstehen, was geschieht, sowohl für Zivilisten als auch für das Militär. Der Angriff der Altgedienten auf das Projekt ist eine weitere Dimension ihrer völligen Rückständigkeit und ein Beweis dafür, dass wir wirklich Geiseln sowjetischer Dummköpfe sind.“
Falschmeldungen wurden enttarnt
Teil des Erfolges von „DeepState“ war es, dass das Projekt trotz seiner eindeutig pro-ukrainischen Haltung gegenüber Regierung und Armeeführung nicht unkritisch war. In Analysen zum Verlauf der ukrainischen Sommeroffensive 2023 gingen die Macher der Onlineseite beispielsweise mit der eigenen Armeeführung hart ins Gericht. Die Aktivisten scheuten sich auch nicht, Falschmeldungen als solche zu entlarven, wenn sie von Regierungsvertretern in Kiew bewusst in Umlauf gebracht wurden.
Zudem stellt „DeepStateMap“ für die Menschen in der Ukraine auch ein alternatives Angebot zum sogenannten „Telemarathon“ dar. Gleich zu Kriegsbeginn hat die ukrainische Regierung die größten TV-Kanäle des Landes in einem Programm vereint. Im Telemarathon zeigen die öffentlich-rechtlichen und mehrere Privatsender seitdem alle so ziemlich dieselben Nachrichten und Stellungnahmen von Regierung und Armee. Kritik an Präsident Selenskyj kommt in diesem „vereinten Programm“ nur selten vor.