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Algen und Sauerstoffarmut waren erneut Ursache für ein Fischsterben in Oberschlesien
In den deutschen Medien fallen Namen wie Schlesien oder Pommern nur noch, wenn kulturgeschichtlich oder touristisch ein Ansatz gesucht wird. Beim Nachrichtenalltag regieren verschwommene Begrifflichkeiten wie Nord- oder Südwestpolen. Aktuell konnte man dieser Tage über die giftige Goldalge (Prymnesium parvum) lesen, die „in Polen“ zuschlage.
Nachdem 2022 umfassend über ein Fischsterben in der Oder berichtet wurde, das seinen Ausgangspunkt im oberschlesischen Industriegebiet hatte, hat sich nun in gleicher Gegend am Stadtrand von Gleiwitz [Gliwice] wieder eine Umweltkatastrophe ereignet. Am letzten Wochenende waren die beiden Staubecken von Sersno [Dzierżno] in der Gemeinde Peiskretscham [Pyskowice]) – zentral im Wohngebiet der deutschen Volksgruppe – sowie unmittelbar nebenan der Gleiwitzer Kanal betroffen. Allein am Sonntag bis 14 Uhr wurden aus diesen Gewässern vier Tonnen toter Fische geborgen, seit dem
3. August waren es da schon etwa 21 Tonnen! Die Situation sei dennoch unter Kontrolle, beruhigte der Gleiwitzer Landrat Dawid Rams von der Bürgerkoalition, denn „in den Abschnitten III, V und VI des Gleiwitzer Kanals wurden keine toten Fische mehr gefunden. Dies zeigt, dass die getroffenen Maßnahmen Wirkung zeigen. Ich denke dabei insbesondere an die Biostabilisatoren, die in den ersten Tagen nach Auftreten des Problems installiert wurden“, sagte er gegenüber der Zeitung „Dziennik Zachodni“.
Mit Biostabilisatoren meint er Säcke mit Gerstenstroh, die durch Absonderungen das Wachstum von Goldalgen verringern sollen. Auch Netze sollen verhindern, dass Fische direkt in die Gewässer gelangen, in denen Goldalgen vorkommen. Denn diese Goldalgenblüte und die durch sie freigesetzten Giftstoffe vergiften Fische. Nun müsse der Durchfluss durch Schleusen und „andere Wasserdurchlässe“ reguliert werden, damit das verunreinigte Wasser nicht in die Oder gelange, so der Woiwode der Woiwodschaft (Ober-)Schlesien, Marek Wójcik. „Außerdem können wir den Abfluss in die Klodnitz [Kłodnica] so weit wie möglich begrenzen“. Die parallel zum Gleiwitzer Kanal fließende Klodnitz mündet südlich von Cosel [Koźle] in die Oder.
Im Tal der Klodnitz verlief der von 1792 bis 1812 erbaute Klodnitzkanal, der durch den 1939 ausgebauten Kanal ersetzt wurde. Der Gleiwitzer Kanal wurde 1939 in Betrieb genommen und ist 41 Kilometer lang. Die beiden Sersno-Staubecken (Klein- und Groß Sersno) wurden ebenfalls in den 30er-Jahren angelegt. Der von den Nationalsozialisten – bei der in der Region allgegenwärtigen Abkehr von Ortsnamen slawischen Ursprungs – eingeführte Ortsname „Stauwerder“ nahm darauf Bezug. Das kleinere Staubecken östlich von Bitschin [Bycina]) entstand 1933 bis 1938 anstelle eines Tagebaurestlochs. Befüllt wurde das Becken mit Wasser des Flusses Drama. Benannt wurden beide Stauseen nach dem angrenzenden Ort Sersno. Mit der Umbenennung von Sersno 1936 in Stauwerder wurden auch die Staubecken umbenannt. Die Sersno-Stauseen auf der Nordseite der Oder entstanden nach der Fertigstellung des Staubeckens in Ottmachau [Otmuchów] südlich der Oder. Die oberschlesischen Staubecken sollten insgesamt die ständige Befahrbarkeit der Oder gewährleisten und in den trockenen Jahren mindestens 1,40 Meter Fahrtiefe ermöglichen.
Der in Oppeln geborene Unterstaatssekretär im Ministerium für Infrastruktur Przemysław Koperski (Neue Linke) betonte, dass die Finanzierung des Gleiwitzer Kanals über ein neues Projekt des Ministeriums erfolgen solle. Dieses sei jedoch noch nicht gestartet, da dafür noch Gelder beschafft werden müssten. Angefragt habe man bei der Weltbank.
Dabei war bereits im vergangenen Sommer im Gleiwitzer Kanal eine große Menge toter Fische geborgen worden. Die Behörden ordneten eine Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff an. Im Portal „Pyskowice NaszeMiasto“ forderte 2023 Katarzyna Bilewska, Leiterin des Kommunikationsstabs von Greenpeace Polen: „Retten wir unsere Flüsse!“ Da der Gleiwitzer Kanal aber kein Fließgewässer ist, ist die Sauerstoffarmut nun ein Problem – grundsätzlich verstärkt durch schlechte Wasserqualität und Schindluder an der Umwelt.