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Der Tod beendete vor 60 Jahren die politische Karriere des Heinrich von Brentano di Tremezzo
Wie Walter Ulbricht in der Ostzone prägte Konrad Adenauer in den Westzonen die ersten Nachkriegsjahrzehnte. Nach der Gründung der Bundesrepublik und der ersten Bundestagswahl wurde er am 1. September der erste Vorsitzende der größten Bundestagsfraktion. Zwei Wochen später wählte ihn der Bundestag zum ersten Bundeskanzler. Entsprechend dem Ideal der Gewaltenteilung gab er den Fraktionsvorsitz auf. Aber dafür wurde der Kanzler 1951 zusätzlich der erste Bundesaußenminister. Erst als er 1955 die Westbindung mit den Pariser Verträgen einschließlich NATO-Beitritt im Groben abgeschlossen hatte, verzichtete er auf das Außenministerium.
Adenauers direkter Nachfolger sowohl als Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion als auch als Bundesaußenminister war ein und dieselbe Person: Heinrich Joseph Maximilian Johann Maria von Brentano di Tremezzo. Der Spross eines lombardischen Uradelsgeschlechts war wie Adenauer Katholik. Sein Vater war der hessische Zentrumspolitiker Otto von Brentano di Tremezzo. Wie dieser studierte auch dessen am 20. Juni 1904 in Offenbach am Main geborener Sohn Rechtswissenschaften. Als Promotionsthema wählte Heinrich von Brentano ein staatsrechtliches: „Die Rechtsstellung des Parlamentspräsidenten nach Deutschem Verfassungs- und Geschäftsordnungsrecht“. Trotzdem war er ab 1932 erst einmal als Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht Darmstadt tätig. Erst 1943 wurde er als Staatsanwalt nach Hanau dienstverpflichtet. Nach Krieg und NS-Zeit arbeitete er dann wieder als Rechtsanwalt sowie als Notar in Darmstadt.
Von aktivem Widerstand gegen das NS-Regime oder Maßnahmen des Regimes gegen ihn ist nichts bekannt. Allerdings wurde seiner Mutter im Jahr der „Machtergreifung“ die Pension gestrichen. Zu ihr hatte Brentano eine starke Beziehung. Er wohnte bei ihr bis zu ihrem Tod im Jahre 1948 und pflegte sie zum Schluss. Brentano heiratete nie. Vor diesem Hintergrund kamen Gerüchte auf, er sei homosexuell. Darauf angesprochen soll Adenauer geantwortet haben: „Dat ist mir ejal, solange er misch nit anpackt“ oder „... mich hat er noch nicht anjepackt.“
Nach dem Zusammenbruch gehörte Brentano zu jenen katholischen politischen Menschen, welche eine christliche Einheitspartei oder Sammlungsbewegung wünschten, die im Gegensatz zum Zentrum konfessionsübergreifend ist, traditionelle konfessionelle Gegensätze überwindet und damit aus dem katholischen Ghetto im mehrheitlich protestantischen Deutschland herauskommt. So fand der Hesse zur CDU.
Dort machte er schnell Karriere. Dem ersten hessischen Landtag, in dem er 1947 den Vorsitz der CDU-Fraktion übernahm, gehörte er ebenso an wie dem Parlamentarischen Rat und dem ersten Bundestag, in den er als Abgeordneter des Wahlkreises Bergstraße direkt gewählt wurde. Zusätzlich gehörte der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende ab 1950 der Beratenden Versammlung des Europarates und ab 1952 der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, der Vorläuferin des Europäischen Parlaments, an.
Im Juni 1955 erreichte seine politische Karriere mit der Ernennung zum Außenminister ihren Höhepunkt. In dieser Eigenschaft vertrat Brentano die inzwischen wenigstens teilweise souveräne Bundesrepublik 1959 auf der Genfer Außenministerkonferenz sowie 1956 und 1961 mit der Unterzeichnung des Saarvertrages und des Deutsch-Türkischen Anwerbeabkommens.
Bei der Bundestagswahl vom 17. September 1961 verlor die Union die absolute Mehrheit und ging anschließend eine Koalition mit einer erstarkten FDP ein. Die forderte einen Staatssekretär in Brentanos Ministerium. Das wollte der Minister nicht und erklärte deshalb am 30. Oktober 1961 rückwirkend zum 28. des Monats seinen Rücktritt. Sein Nachfolger im Amt wurde sein Parteifreund Gerhard Schröder.
Brentano wurde wieder Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sein bisheriger Nachfolger in diesem Amt, Heinrich Krone, trat in die neue Regierung als Minister für besondere Aufgaben ein.
Bereits im Sommer des darauffolgenden Jahres tauchten bei Brentano Symptome von Speiseröhrenkrebs auf. Im Dezember 1963 unterzog der Kettenraucher sich deshalb einer schweren Operation. Am 14. November 1964 starb er in Darmstadt, wo er auch begraben liegt.
Chris Benthe am 14.11.24, 18:16 Uhr
Da sind so Dönekes, die die PA so liebenswert machen. Danke für diesen unterhaltsamen und informativen Artikel.