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Generationenkapital

Aktienrente – ein Placebo auf Pump

Bundesregierung plant einen Fonds als dritte Säule der Rente, doch der Effekt wird bescheiden ausfallen

Michael Brückner
05.04.2024

Jeder seriöse Finanzberater wird seinen Kunden abraten, mit geliehenem Geld – also auf Pump – in Aktien zu investieren. Genau darauf hat sich die Berliner Ampelkoalition aber verständigt, um damit auf den Weg zu bringen, was sie in der Polit-Marketingsprache Generationenkapital nennt. Dahinter verbirgt sich die vor allem von der FDP propagierte Aktienrente. Sie soll neben den Beiträgen der Versicherten und den hohen Bundeszuschüssen als dritte Säule der gesetzlichen Rentenversicherung dienen und diese langfristig stabilisieren. Ob dies gelingt, ist zweifelhaft. Und wenn, dann hat diese dritte Säule – bildhaft gesprochen – allenfalls den Durchmesser eines Strohhalms. Das über die Emission von Bundesanleihen eingenommene Kapital wird hierzu in einen Fonds fließen, der das Geld dann vorrangig in Aktien investiert.

Die Idee, die Statik der auf einem Umlageverfahren basierenden Rente durch ein kapitalgedecktes Element in Form eines Aktienfonds zu stabilisieren, ist sicher eine richtige und weitsichtige Entscheidung. Trotz Crashs und mancher Rückschläge nach geopolitischen Verwerfungen sind Aktien von erfolgreichen Unternehmen mit internationaler Ausrichtung und starken Marken, aber auch Aktienfonds und ETFs (börsengehandelte Fonds, die in der Regel einen bestimmten Aktienindex abbilden) langfristig die renditestärkste Anlageform. Aber das Generationenkapital weist gleich mehrere Schwachstellen auf.

„Maskierte“ Schulden
Da ist zum einen die erwähnte Finanzierung des Fonds mit neuen Schulden. Werden hierfür Bundesanleihen ausgegeben, dann entstehen regelmäßige Zinsverpflichtungen. Und da es sich um festverzinsliche Wertpapiere handelt, sind diese Zinsen Fixkosten. Die Erträge aus Aktien-Engagements jedoch schwanken. Mit anderen Worten: Fixen Zinsbelastungen stehen schwankende Aktienerträge gegenüber. Da die Zinsen aus den Kapitalerträgen des Fonds finanziert werden sollen, verringert sich dessen Rendite mal mehr, mal weniger stark. Auch dürften hohe Verwaltungskosten zu Buche schlagen. Um den mit der Aktienrente erhofften Entlastungseffekt für die Rentenversicherung zu erzielen, müsste der Fonds eine Bruttorendite von zehn Prozent pro Jahr und eine Nettorendite von fünf Prozent erzielen. Beides klingt sehr ambitioniert.

Ab 2024 wird die Bundesregierung jährlich mindestens zwölf Milliarden Euro in die Aktienrente investieren. Später soll dieser Betrag schrittweise ansteigen. Alles auf Pump finanziert. Um dem Ganzen den Anschein von Seriosität zu geben, wird das geliehene Geld bilanztechnisch nicht als Schulden gebucht und somit die Schuldenbremse eingehalten. Begründung: Das Geld werde nicht ausgegeben, sondern angelegt. Das ist etwa so, als würde ein Kunde bei seiner Bank ein Baudarlehen aufnehmen und anschließend behaupten, er sei schuldenfrei, da er das Geld ja in eine Immobilie investiert habe.

Aber selbst, wenn alle optimistischen Prämissen eintreten und bis zum Jahr 2035 tatsächlich ein Kapitalstock von
200 Milliarden Euro aufgebaut worden sein sollte, aus dem dann jährlich zehn Milliarden Euro in die Rentenkasse fließen, bleibt der Effekt mehr als bescheiden. Zum Vergleich: Die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung liegen nach Angaben des Instituts für Weltwirtschaft bei jährlich knapp 400 Milliarden Euro. Die geplanten zehn Milliarden nehmen sich da wie ein Kleckerbetrag aus. Und selbst Finanzminister Lindner, der die Rentenpläne der Regierung als „Paradigmenwechsel“ preist, räumt ein, dass mit den Erträgen aus der Aktienrente der Beitragssatz für die gesetzliche Rentenversicherung gerade einmal um 0,3 Prozentpunkte gedämpft werden könne. Im Idealfall, wohlgemerkt. Zuvor wird der Beitragssatz allerdings auf den höchsten Stand in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland steigen: In den kommenden zehn Jahren von aktuell 18,6 auf 22,3 Prozent.

In der gesamten Rechnung noch nicht berücksichtigt ist der inflationäre Effekt. Wenn – wie geplant – ab 2036 jährlich zehn Milliarden Euro in die Rentenkasse fließen, dann bleibt die Kaufkraft dieses Betrags im Laufe der Jahre natürlich nicht konstant. Selbst bei einer moderaten Inflationsrate von 2,5 Prozent pro Jahr hätten zehn Milliarden Euro nach drei Jahren nur noch eine Kaufkraft von rund 9,3 Milliarden. Um diesen Schwund auszugleichen, müsste der Fonds höhere Renditen erwirtschaften – also mehr als die angepeilten fünf Prozent.

Risiko der Zweckentfremdung
Und schließlich: Werden die Politiker dauerhaft der Versuchung widerstehen, den eigentlich für die gesetzliche Rentenversicherung vorgesehenen Aktientopf für andere Dinge in Anspruch zu nehmen? Die geplante Stiftungskonstruktion des Fonds erschwert zwar eine Zweckentfremdung, doch wo ein (partei-)politischer Wille ist, da ist auch ein Weg. Ein Beispiel hierfür liefert die schwarz-grüne Landesregierung von Schleswig-Holstein. Angesichts akuter Haushaltsnöte werden dort die Rücklagen aus dem Versorgungsfonds für ehemalige Beamte geplündert.


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Kommentare

Valentina Selge am 06.04.24, 07:11 Uhr

Die wollen nicht ins Bauwesen investieren, sondern in Rüstung. Das Bauwesen kämpft ums Überleben. Das ist schrill, da zahlt man sein Leben lang ein und das Geld wird zweckentfremdet für irgendwas am Aktienmarkt. Da ist mindestens ein spielsüchtiger Zocker in dieser Regierung.
Die zocken das Volksvermögen ab. Abzocke. Wo sind die Völkerrechtler, wurden die ins Gefängnis geworfen?

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