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Kostenlawine befürchtet: Gerichtsurteil könnte die Festanstellung von Honorarkräften erzwingen
63.000 Berliner Kinder erhalten Musikunterricht an Musikschulen. Dieser Unterricht ist nun gefährdet. 2022 hatte das Bundessozialgericht einer nicht fest angestellten Musiklehrerin in Baden-Württemberg recht gegeben, die auf eine Festanstellung geklagt hatte, weil sie nur als Honorarkraft Geld bekam. Das Gericht nannte für die Versicherungspflicht Kriterien wie etwa die Arbeit in festen Räumen der Musikschule. Die Frage ist, ob die Honorarkräfte als selbstständig Tätige zu betrachten sind oder „in den Betrieb eingegliedert“ sind. Nur im letzteren Fall gilt Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Insoweit kann das Urteil des Bundessozialgerichts als Einzelfallentscheidung betrachtet werden.
Drei Viertel der Berliner Musikschullehrer arbeiten zurzeit als Honorarkräfte. Bisher verzichtet die Deutsche Rentenversicherung darauf, den Sozialversicherungsstatus der Honorarkräfte generell zu überprüfen. Der Senat hofft, dass auch weiter Honorarkräfte an den städtischen Musikschulen und Volkshochschulen eingesetzt werden können.
Eine Festanstellung der Honorarkräfte würde den Haushalt Berlins enorm belasten und wäre frühestens ab 2026 möglich. Im aktuellen Doppelhaushalt 2024/2025 sind laut Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) keine zusätzlichen Mittel veranschlagt, um mögliche Festanstellungen von Lehrkräften an Musik- und Volkshochschulen zu finanzieren. Die Festanstellung aller Honorarkräfte würde nach der Einschätzung von Kultursenator Joe Chialo (CDU) 20 Millionen Euro jährlich kosten.
Sollten in Berlin alle Musiklehrer einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag erhalten, müssten möglicherweise 25 bis 30 Prozent der Lehrer entlassen werden. Die Konsequenz wäre, dass mindestens 18.000 von bisher 63.000 Musikschülern keinen Unterricht mehr erhalten könnten. Almut Tippelmann von der Leo-Borchard-Musikschule: „Schüler aus dem Großbürgertum könnten wohl auf private Schulen ausweichen. Aber für ärmere Kinder könnte das ein schnelles Ende für den Musikunterricht bedeuten ... Das wäre extrem unsozial.“
Andreas Köhn von der Gewerkschaft Verdi wendet ein: „An den zwölf öffentlichen Berliner Musikschulen sind nur 25 Prozent der Pädagogen fest angestellt. Wenn das Land Berlin sagt, das kann man nicht machen, dann hat es ein Problem mit der Demokratie.“ Auch die Linkspartei zeigt sich besorgt. Manuela Schmidt, Kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, warnt: „In diesen Tagen erreichen uns Hunderte Mails von Lehrkräften, Schülern und Eltern, die sich zu Recht Sorgen um den Fortbestand der Musikschulen machen.“
Eile ist indessen nicht geboten, solange das Urteil des Bundessozialgerichtes nicht als allgemeinverbindlich für alle Musiklehrer zu betrachten ist. Die Berliner CDU will eine Bundesratsinitiative starten, um die Honorarkräfte weiterhin rechtssicher beschäftigen zu können. Chialo erklärte, man habe den „Bezirken Handlungsoptionen gegeben, mit denen Honorarkräfte weiter beauftragt werden können und der Betrieb der Musikschulen gesichert ist“.