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Der afrikanische Nachbar der EU hat gute Gründe, auf EU-Entscheidungen Einfluss nehmen zu wollen – hängt von diesen doch viel für ihn ab
Anfang Dezember flog ein Korruptionsskandal im EU-Parlament auf. Offenkundig hatte das Golfemirat Katar mehrere EU-Politiker rund um die damalige griechische Vizeparlamentspräsidentin Eva Kaili bestochen, um Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Daraus resultierte am 15. Dezember eine Resolution des Europaparlaments, in der Katar heftig kritisiert wurde.
Keine Erwähnung darin fand, dass das nordwestafrikanische Königreich Marokko ebenfalls mehrere Abgeordnete in Straßburg auf seiner Gehaltsliste führte. Und das teilweise wohl bereits seit zehn Jahren. Westlichen Geheimdiensten zufolge soll der damalige italienische sozialistische EU-Abgeordnete und Leiter der Maghreb-Delegation des Parlaments Pier Antonio Panzeri, der auch im Katar-Korruptionsskandal eine Schlüsselrolle spielt, schon 2013 für Marokko gearbeitet haben.
Belgischer Geheimdiensterfolg
Darüber hinaus fand der belgische Staatssicherheitsdienst (VSSE) in Zusammenarbeit mit vier befreundeten Geheimdiensten heraus, dass Panzeri 2019 von dem marokkanischen Geheimdienst DGED angeworben wurde. Das Gleiche galt wahrscheinlich für die Europaabgeordneten Andrea Cozzolino, Alessandra Moretti und Brando Benifei von der Partito Democratico (PD) aus Italien sowie Marie Arena von der Parti Socialiste (PS) aus Belgien.
Laut dem belgischen Staatssicherheitsdienst „pilotierte“ der DGED-Agent Abderrahim Atmoun diese „Freunde Marokkos“, während sie innerhalb der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D) Lobbyarbeit zugunsten des Maghreb-Staates betrieben. Panzeri und Cozzolino standen darüber hinaus wohl auch im direkten Kontakt zum DGED-Chef Mohammed Yassine Mansouri.
Die Unterwanderung des EU-Parlaments resultierte aus dem starken Interesse Marokkos, politische und wirtschaftliche Entscheidungen der Europäischen Union zu beeinflussen, nachdem ein Antrag auf Mitgliedschaft im Jahre 1987 abgelehnt worden war. So strebt das Königreich danach, seine Ansprüche auf das südlich angrenzende, völkerrechtlich umstrittene Territorium der Westsahara, das es seit 1975 zu großen Teilen besetzt hält, zu untermauern.
Als Mittel zum Zweck diente zunächst ein Fischereiabkommen mit der Europäischen Union, das auf die praktische Anerkennung der marokkanischen Oberhoheit über die Westsahara durch die EU hinauslief.
Dieses Abkommen wurde 2019 vereinbart, allerdings im September 2021 vom Europäischen Gerichtshof für rechtswidrig erklärt, weil es ohne die Zustimmung der Bevölkerung der Westsahara zustande gekommen war. Ob der Vertragsabschluss auch aus den Bemühungen der DGED-Kontaktpersonen resultierte, ist nun Gegenstand der Ermittlungen.
Nach einer Niederlage ging es los
Des Weiteren braucht Marokko Europa als Handelspartner. Zwei Drittel der marokkanischen Ausfuhren mit einem Wert von zuletzt über 15 Milliarden Euro gehen in die EU. Hinzu kommen von dem Königreich erbrachte Dienstleistungen im Wert von sechs Milliarden Euro. Marokkos Handel profitiert dabei sehr von dem Assoziierungsabkommen mit der EU sowie der Einrichtung einer Freihandelszone.
Außer als Geschäftspartner ist die EU für Marokko auch als spendabler Geldgeber wichtig. Marokko ist mittlerweile zu einem der größten Empfänger von EU-Mitteln im Rahmen des Programms Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) geworden. Zwischen 2014 und 2020 flossen bereits 1,4 Milliarden Euro – und das soll künftig auch so weiter gehen. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als verständlich, dass Marokko die bestehenden Beziehungen unbedingt weiter vertiefen möchte.
Genau wie Katar stritt Marokko bislang ab, EU-Parlamentarier gekauft zu haben, um sich Vorteile zu verschaffen. Der Außenminister des Königreiches, Nasser Bourita, bezeichnete die Vorwürfe Anfang Januar als „Schikane“ und Versuch, die guten Beziehungen zwischen seinem Land und der EU zu torpedieren.
Dennoch gab es bereits eine erste wirtschaftliche Reaktion seitens der EU. Am 12. Januar legte die EU-Kommission erhöhte Zölle für die Einfuhr von Aluminiumfelgen aus Marokko fest. Fünf Jahre sollen sie gelten.
Nun steht abzuwarten, wie die Regierung in Rabat kontern wird. Da der Maghreb-Staat auf die Einnahmen aus seinen Exporten dringend angewiesen ist und mangels entsprechender Ressourcen auch nicht mit der Einstellung von Öl- oder Gaslieferungen drohen kann, bleibt ihm letztlich als Sanktions- und Druckmittel wohl nur, die Migrationskarte zu spielen und die im Juli 2022 erneuerte operative Partnerschaft mit der EU bezüglich der Eindämmung illegaler Grenzübertritte in Frage zu stellen.
sitra achra am 01.02.23, 18:39 Uhr
Die EU sollte ein strategisches Interesse haben, Marokko an sich zu binden, indem es sie finanziell unterstützt und mittelfristig die Mitgliedschaft anbietet.
Ralf Pöhling am 01.02.23, 16:06 Uhr
Eigentlich braucht es sofort deutsche Kanonenboote vor der marokkanischen Küste. Ja, richtig. Ich könnte zu den im Artikel genannten Vorgängen noch mehr sagen. Aber es fragt mich keiner. Weil die EU mit Marokko Geschäfte machen will. Marokko soll ja mittels Solarfeldern Energielieferant für die EU werden. Dass man sich damit das gleiche Problem heranzüchtet, wie mit den arabischen Ölnationen, nur dass das Öl eben durch elektrische Energie ersetzt, wird gar nicht gesehen. Da lockt das Geschäft und dann lässt man sich von seinen potentiellen Handelspartnern eben vergewaltigen. Oder vielmehr sein Volk vergewaltigen, denn die Entscheider an der Spitze werden von dem kriminellen Moloch, den sie da bedienen und von dem sie dafür bezahlt werden, ja nicht behelligt. Ich denke schon länger darüber nach, den ganze Laden am rechtsstaatlichen Prozedere einfach abzuschießen. Wenn die rechtsstaatlichen Mittel andauernd ausgebremst und behindert werden, dann geht das auch anders. Ganz anders. Aber dann wird es knallen. Und dann schießen die Kollateralschäden ins Kraut.