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Der Vergleich mit dem großen Vorgänger lastet bis heute auf dem vor 225 Jahren gestorbenen preußischen König
Der preußische König Friedrich II. ging unter dem Beinamen „der Große“ in die Geschichte ein. Sein Neffe, der ihm 1786 als Friedrich Wilhelm II. auf dem Thron folgte, wurde hingegen von seinen Untertanen gern als „dicker Lüderjahn“ bezeichnet. In der Familie traute man ihm wenig zu, nicht nur Friedrich II. hatte betont, dass er ihn als künftigen Herrscher für ungeeignet halte.
Prinz Heinrich, ebenfalls ein Onkel Friedrich Wilhelms II., ließ über dessen Gebaren als Regent wissen: „Mein dicker Neffe ist ein Schwachkopf, dem Anstand und Sitte nichts gelten, und der sich abwechselnd von Weibern, Günstlingen und Charlatanen an der Nase herumführen läßt.“ Der Spott und die negativen Urteile der Zeitgenossen, die nicht völlig unbegründet waren und die sich auch aus dem sichtlich großen Abstand zur Persönlichkeit seines Vorgängers speisten, wirken bis heute nach, angefangen mit dem steten Hinweis auf die Leibesfülle des Königs.
Andere Aspekte bleiben meist im Hintergrund. So etwa die Tatsache, dass Friedrich Wilhelm II. zwar keinesfalls als Feldherr bekannt ist, aber dennoch an vielen Kämpfen teilnahm und zur territorialen Erweiterung des preußischen Königreichs mehr beigetragen hat als Friedrich II. Dass seiner Regentschaft oft eine klare Linie fehlte, ist einerseits seiner Persönlichkeit zuzuschreiben, andererseits sollten aber auch die großen politischen Wandlungen zum Ende des 18. Jahrhunderts, in erster Linie die revolutionären Vorgänge in Frankreich, in Rechnung gestellt werden. Herausragend ist zudem der manifeste Beitrag, den der König als Förderer von Kunst und Kultur leistete.
Kein Kostverächter
Friedrich Wilhelm wurde am 25. September 1744 geboren. Als sein Vater, August Wilhelm, der nächstjüngere Bruder des kinderlosen Friedrich II., 1758 verstarb, avancierte er zum Prinzen von Preußen und damit zum Thronfolger. Friedrich II. sorgte schon früh für eine aufwendige, sorgsam geplante Ausbildung seines Neffen, die zuvor kein angehender preußischer Herrscher in ähnlicher Form durchlaufen hatte. Friedrich Wilhelm erwies sich als künstlerisch und vor allem musikalisch begabt, mit seinem Cellospiel wusste er zu beeindrucken. Von der Regierungstätigkeit wurde der Prinz allerdings weitgehend ferngehalten, bei seinem Herrschaftsantritt war er entsprechend schlecht vorbereitet, auch wenn er sich selbst in den letzten Lebensjahren Friedrichs II. Kenntnisse anzueignen versuchte.
Zu Beginn seines Herrschaftsantritts im Jahre 1786 erfreute sich der umgängliche Friedrich Wilhelm II. zunächst großer Beliebtheit in der Bevölkerung, Maßnahmen wie die Abschaffung der Kaffee- und Tabaksteuer taten ein Übriges. Eine erste, auf wenig Zuneigung beruhende Ehe mit einer Braunschweiger Prinzessin war aufgrund von deren Affären bereits 1769 geschieden worden. Aus der nachfolgenden, ebenfalls arrangierten Verbindung mit Friederike Luise von Hessen-Darmstadt gingen sechs Kinder hervor, unter anderem der spätere König Friedrich Wilhelm III. Unter der Vielzahl von Liebschaften Friedrich Wilhelms II., der diesbezüglich alles andere als ein Kostverächter war und auch noch zwei morganatische Ehen schließen sollte, ragt die Beziehung zu der 1796 zur Gräfin Lichtenau erhobenen Bürgerlichen Wilhelmine Encke heraus, seiner langjährigen Vertrauten.
Durch den später geadelten Pastor Johann Christoph Woellner und Hans Rudolf von Bischoffwerder, der ihm als Generaladjutant diente, war Friedrich Wilhelm bereits als Kronprinz mit dem als antiaufklärerisch geltenden Orden der Gold- und Rosenkreuzer in Kontakt gekommen, in den er schließlich aufgenommen wurde. Für Geheimnisvoll-Rätselhaftes und Spiritismus empfänglich – hierbei einer verbreiteten Strömung der Zeit folgend – ließ sich Friedrich Wilhelm II. von Geisterbeschwörungen faszinieren, über die Einfluss auf ihn ausgeübt wurde. Woellner und Bischoffwerder stiegen unter dem König zu Kabinettsministern auf. Woellner wird insbesondere mit dem Religionsedikt sowie dem Zensuredikt, beide von 1788, verbunden. Lutherische Orthodoxie wurde nun gegen Aufklärung gesetzt. Die restriktiven Bestimmungen stießen auf breite Ablehnung. Die Regierung Friedrich Wilhelms II. gilt zwar nicht per se als reformfeindlich, jedoch wurden die spätabsolutistischen Strukturen weitgehend beibehalten. Das „Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten“, mit dessen Ausarbeitung bereits unter Friedrich II. begonnen worden war, trat 1794 in Kraft.
Bündnis mit Österreich
In der Außenpolitik erfolgte vor dem Hintergrund der Französischen Revolution eine Abkehr vom langjährigen preußisch-österreichischen Dualismus, die entsprechende grundsätzliche Änderung der Linie Friedrich Wilhelms II. wurde von Bischoffwerder beeinflusst. Für die für beide Seiten von den Umständen diktierte Annäherung stehen die Konvention von Reichenbach zwischen dem preußischen König und Kaiser Leopold II. von 1790 und die Pillnitzer Erklärung von 1791, in der sich beide Monarchen dafür aussprachen, den französischen König Ludwig XVI. zu unterstützen.
Aus dem seit 1792 geführten Ersten Koalitionskrieg gegen Frankreich schied Friedrich Wilhelm II. 1795 mit dem Frieden von Basel aus. Der Krieg war seitens der Verbündeten militärisch streckenweise erfolgreich, galt aber als plan- und lustlos geführt, zudem hatte er sich zu einer kostspieligen Angelegenheit entwickelt. Später wurde Friedrich Wilhelm II. vorgeworfen, Preußen durch den Separatfrieden mit Frankreich für die Folgejahre außenpolitisch isoliert zu haben. Die Aufmerksamkeit des Königs hatte sich schon zuvor dem Osten zugewandt, von der zweiten und der dritten der Polnischen Teilungen in den Jahren 1793 und 1795 profitierte der preußische Staat beträchtlich.
Im Unterschied zu seinem Vorgänger hatte Friedrich Wilhelm II. die deutsche Kultur im Blick. Er gab Anstöße für eine deutsche Oper, bei der Eröffnung des Nationaltheaters in Berlin erklärte er: „Wir sind Teutsche und wollen es bleiben.“ Er pflegte intensive Kontakte zu bedeutenden Musikern, etwa zu Joseph Haydn. Die Architekten Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff und Carl Gotthard Langhans konnten sich unter ihm entfalten, der Entwurf der Form des Brandenburger Tors geht möglicherweise auf den König selbst zurück. Am 16. November 1797 ist Friedrich Wilhelm II. gestorben.
Gregor Scharf am 17.11.22, 07:27 Uhr
„Wir sind Teutsche und wollen es bleiben“ galt damals. Heute müsste es lauten: Wir waren einst Teutsche und wollen wieder Deutsche sein.
Chris Benthe am 16.11.22, 17:43 Uhr
Wieder einmal ein wunderbarer Geschichts-Exkurs a la PAZ, danke dafür. Als zugereister Spätsachse interessiert man sich natürlich für die schillernde Geschichte Sachsens, deren unrühmlichste Kapitel mit der Großmachtpolitik Preußens verwoben sind. Die Abneigung Friedrichs II. gebenüber Sachsen kulminierte im brutalen Beschuss Dresdens im siebenjährigen Krieg. Die Preußen wussten die meist unglücklichen Koalitionsentscheidungen Sachsens auszunutzen. Die Geschichte Preußens ist ohne Sachsen und Österreich/Schlesien nicht denkbar. Es sind zugleich die spannendsten Abschnitte der deutschen Geschichte des aufklärerischen, vorindustriellen Zeitalters.
Kersti Wolnow am 15.11.22, 11:51 Uhr
Meinen jugendlichen Verwandten habe ich in Ermangelung von anständigen Deutschdiktaten, die heutzutage nie auf die allgemeine Volksverblödung verzichten, Texte aus Preußens Geschichte diktiert.
Dabei stellte ich selber fest, daß man Freidrich II grundlos "den Großen" nennt. Seine Vorfahren ist der Landgewinn zu verdanken, er selbst läutete den verhängnisvollen deutschen Dualismus ein.