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Auf den Spuren von Stadtbaurat Karl Schabik – Gleiwitz erinnert an die Ursprünge seiner modernen Stadtarchitektur
Karl Schabik kannte Gleiwitz [Gliwice] wie seine Westentasche, genau wie Boguslaw Malusecki. Ersterer war von 1919 bis 1945 Stadtbaurat in Gleiwitz und ihm verdankt die Stadt ihr modernes Antlitz. Letzterer ist Leiter des Gleiwitzer Staatsarchivs und leidenschaftlicher Architekturfreund. Maluseckis Ohr ist immer offen, wenn Architekturstudenten oder Dozenten an seine Tür klopfen und in Vorkriegsdokumenten des Staatsarchivs forschen wollen.
Eines Tages besuchte ihn Adam Bednarski. damals noch Student der Architektur. Bednarski forschte nach dem aus Leobschütz [Glubczyce] stammenden Karl Schabik. Malusecki setzte alle Hebel in Bewegung und machte Schabiks Angehörige in der Bundesrepublik ausfindig. Ein Neffe Schabiks konnte sich an seinen Verwandten erinnern und beschrieb ihn als höflichen Menschen, der sehr gut Klavier spielte. Mehr zur Privatperson von Baurat Schabik konnte jedoch nicht herausgefunden werden, sieht man davon ab, dass er verheiratet war und zwei Töchter hatte. Dies berichtete Bednarski gegenüber den „Nowiny Raciborskie“, einem oberschlesischen Regionalblatt aus dem nahen Ratibor. Bednarski, mittlerweile promoviert und Dozent für Architektur an der Ratiborer Hochschule, blieb am Ball. Er fand heraus, dass, als Karl Schabik nach Gleiwitz kam, einige Bauprojekte schon vor ihm angeschoben worden waren.
Entwicklungsschub nach dem Ersten Weltkrieg
Die Stadt platzte aus allen Nähten. Stadtbaurat Schabik konzentrierte sich auf das Entwerfen von Wohnsiedlungen. Nach der Teilung Oberschlesiens mussten noch mehr Wohnflächen für die große Zahl an Flüchtlingen aus dem polnischen Teil der nun geteilten Region geschaffen werden. Schabik arbeitete an einem Flächennutzungsplan für die drei größten bei Deutschland verbliebenen Städte des oberschlesischen Industriegebiets: Gleiwitz, Beuthen und Hindenburg sowie weitere Anrainer. In diesem Konzept einer Dreistädteeinheit sollte eine gemeinsame Infrastruktur geschaffen werden. „In seinem Flächennutzungsplan realisierte Schabik das Konzept einer Gartenstadt nach Ebenezer Howard, was sich ganz im Trend der Zeit bewegte. Baurat Schabik legte großen Wert auf einen Wohnsiedlungsbau im Grünen. Davon zeugte eine Karikatur in der Presse, die Schabik vor einem Stadtmodell zeigt, auf das er mit großer Geste Bäume stellt“, so Bednarski.
Schabik hat unter anderem das Eichendorff-Gymnasium in der Kattowitzer Straße [ul. Konarskiego] gebaut und zusammen mit Richard Riedl den Gleiwitzer Zentralfriedhof entworfen. 1925 leitete er die Rekonstruktion der Mariä-Himmelfahrts-Kirche bei Rosenberg [Olesno], der ältesten Schrotholzkirche Oberschlesiens, die danach als Totenkapelle auf dem Gleiwitzer Zentralfriedhof diente. Bekannt wurde Schabik in Oberschlesien auch durch seinen Entwurf für den Bau des Luxushotels Haus Oberschlesien in der Wilhelmstraße [ul. Zwyciestwa]. „Gleiwitz sollte außerhalb des Zentrums wachsen. In den 30er und 40er Jahren sind die Stadtteile Zernik [Zerniki] und Birkenau O.S. [Brzezinka] beendet worden, die große Siedlung Glaubenstadt [Wilcze gardlo] war im Bau. Geplant war diese als Satellitenstadt zwischen Gleiwitz und Peiskretscham [Pyskowice]; ferner plante er die Erweiterung des Stadtteils Laband [Labedy]“, so Bednarski.
Karl Schabik wirkte 26 Jahre lang in Gleiwitz. Am 8. Februar 1945 wurde er vom NKWD inhaftiert und anschließend zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. In Altschewsk [Woroschylowsk] verstarb Schabik an den Folgen der Ruhr. Seine Grabstelle ist unbekannt.
Was blieb, sind seine Pläne, Bauten und ganze Stadtteile. Nur die Erinnerung an den Baurat ist in Gleiwitz verblasst. Damit sich das ändert, arbeiten Bednarski und Malusecki – jeder auf seinem Gebiet – zusammen. Der Dozent Bednarski organisiert neben seinen Publikationen mobile Stadtspiele für seine Studenten und wissbegierige Gleiwitzer. Malusecki macht Führungen auf den Spuren Gleiwitzer Architekten. Beide tun dies in Zusammenarbeit mit dem Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz, einer Organisation die mit der Deutschen Minderheit eng zusammenarbeitet.
H. G. am 21.05.20, 08:53 Uhr
Die Überschrift des Artikels wirkt etwas irreführend. Im heutigen (mainstream-)Sprachgebrauch sind aus Flüchtlichen ja Flüchtende geworden - oft/zumeist ohne (ausreichende Deutsch-)Sprachkenntnisse und beruflich verwertbarer Ausbildung/Erfahrung. Dies war mit grosser Sicherheit bei den nach Gleiwitz geflüchteten Menschen aber das Gegenteil - und so "blühte" Gleiwitz auch auf.
So war es in der Geschichte immer - nur als ein Beispiel: verfolgte Hugenotten, die ins damalige Preußen.
Und heute ? Deutschland im "Aufblühen" oder ... ?