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Durch die nur etappenweise Rückgabe Kehls war die Stadt jahrelang gespalten: Blick am 6. Oktober 1950 auf den noch nicht zurückgegebenen Teil der Stadt
Foto: paDurch die nur etappenweise Rückgabe Kehls war die Stadt jahrelang gespalten: Blick am 6. Oktober 1950 auf den noch nicht zurückgegebenen Teil der Stadt

Nachkriegszeit

Als Kehl zu Deutschland zurückkam

Vor 75 Jahren wurde auf der Washingtoner Außenministerkonferenz die Rückgabe der Hafenstadt beschlossen

Bodo Bost
08.04.2024

Nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht 1945 verfolgten alle Nachbarstaaten die Politik der Zerstückelung Deutschlands. Polen und die Sowjetunion dehnten sich im Rahmen dieser Zerstückelung nach Westen bis zur Oder-Neisse-Linie aus. Aber auch die westlichen Nachbarstaaten versuchten sich auf Kosten Deutschlands zu vergrößern. Am meisten vom deutschen Kuchen beanspruchte Frankreich. Es nahm das Saargebiet und die Stadt Kehl aus seiner Besatzungszone heraus und stellte beide Gebiete unter französische Sonderverwaltung. Auch die Niederlande und Belgien und sogar das kleine Luxemburg versuchten in der Folge bis 1949 kleinere angrenzende Teile vom deutschen Gebiet zu annektieren, auch wenn es in Luxemburg nur das kleine Dorf Roth in der Eifel war, das man mit der Luxemburger Stadt Vianden „wiedervereinen“ wollte.

Austausch der Bevölkerung
Im Westen Deutschlands wurden in zwei Siedlungsgebieten wie in den Ostgebieten die Einwohner gegen nicht-deutsche Neusiedler ausgetauscht. Das geschah außer in den Emslandkreisen um die Stadt Haren (siehe PAZ vom 11. Juli 2015) in Kehl. Die Bewohner der badischen Hafenstadt am Rhein, die schon am 23. November 1944 noch von der Wehrmacht evakuiert worden waren, wurden nach dem 8. Mai 1945 daran gehindert, in ihre Stadt zurückzukehren. Die Franzosen erklärten die Stadt 1945 zu einem Vorort von Straßburg und siedelten in den verlassenen deutschen Häusern 7000 Franzosen an mit der Begründung, der Hafen und die Stadt bräuchten eine gemeinsame französische Verwaltung zusammen mit Straßburg. Entlang der östlichen Kehler Stadtgrenze wurden dichte Stacheldrahtzäune hochgezogen, damit nicht einige der 25.000 Kehler in ihre zum Teil noch leerstehenden Häuser zurückkehrten. Während die Besatzer dem Saargebiet bereits 1947 eine gewisse Autonomie gewährten – wenn auch unter französischen Vorgaben –, war für Kehl nichts Vergleichbares vorgesehen. Die Stadt sollte französisch werden.

Erst der am 4. April 1949 in Washington unterzeichnete Nordatlantikvertrag brachte eine Wende. Auf der der NATO-Gründung folgenden Washingtoner Konferenz der Außenminister der USA, Großbritanniens und Frankreichs vom 6. bis 8. April 1949 wurde beschlossen, dass die Stadt Kehl zu Deutschland zurückkehren und kein Vorort von Straßburg bleiben sollte.

In der Verordnung Nr. 219 der Konferenz vom 8. April 1949 wurde geregelt, dass die Franzosen die Stadt Kehl, mit Ausnahme des Hafens, innerhalb von vier Jahren an die deutsche Verwaltung zurückzugeben haben. Den in Kehl angesiedelten 7000 Franzosen wurde gestattet, noch für einen Zeitraum von vier Jahren in Kehl zu bleiben, damit sie sich in Straßburg den benötigten neuen Wohnraum beschaffen konnten. In insgesamt 42 Etappen wurden jeweils einzelne Straßenzüge von den französischen Bewohnern geräumt, die deutschen Eigentümer konnten zurückkehren.

Als erstes wurde am 29. Juli, mittags 12 Uhr, der Stadtsektor im Sölling der deutschen Verwaltung übergeben. Nachdem Schlagbäume und Stacheldrahtzäune abgebaut waren, kamen die ersten Kehler nach Hause zurück. Sie wurden vom Badener Staatspräsidenten Leo Wohleb in einer kleinen Feier im provisorischen „Kehler Rathaus im Exil“, das im Hotel Schwanen im Nachbarort Sundheim provisorisch eingerichtet worden war, zur Rückkehr in die Heimat feierlich verabschiedet. Wohleb sorgte auch dafür, dass die Kehler aus dem Fonds „Notopfer Berlin – Kehl“ für den Verlust ihres Hausrates entschädigt wurden. Deutsche Polizei kam wieder in die Stadt. Die erste Polizeistation wurde im Haus „Am Mittelplatz 9“ eingerichtet.

Vier Jahre mit 42 Teilfreigaben
Bis zum 8. April 1953, als der letzte Teil Kehls wieder deutsch wurde, wurde der Stacheldraht immer nur versetzt, aber er verschwand nicht aus dem Stadtbild. „Ab 16 Uhr ist ganz Kehl wieder frei!“ titelte die „Kehler Zeitung“, als der letzte Stacheldraht 1953 verschwand.

Am 19. Oktober 1951 schlossen das Land Baden und der hierzu ermächtigte „Port Autonome de Strasbourg“ einen Vertrag über die gemeinsame Verwaltung des Hafens, die der neu gegründeten Hafenverwaltung „Kehl – Körperschaft des öffentlichen Rechts“ – übertragen wurde. Verwaltungsrat und Direktion waren mit Deutschen und Franzosen paritätisch besetzt. Nach der Freigabe des Hafens am 1. Januar 1952 konnte der Wiederaufbau der zerstörten Hafenanlage endlich beginnen. 1953 waren die Hafenbecken in ihrer heutigen Form wiedererrichtet.


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Kommentare

Peter Faethe am 08.04.24, 07:13 Uhr

Hitler hatte bereits Mitte der 30er Jahre Frankreich mehrfach versprochen, dass die durch „Versailles“ erzwungene Abtretung vom „Reichsland Elsaß-Lothringen“ durch Deutschland nicht bestritten wird – dieses Versprechen wurde gehalten.
Die drei belgischen Ost-Kantone Eupen, Malmedy und St. Vith kamen 1940 zum Reich zurück, da das im Versailler „Vertrag“ vorgesehene sog. Plebiszit von 1920 ein zynischer belgischer Betrug war.
Nach der Besetzung Dänemarks 1940 wurde Hitler von Vertretern der deutschen Nazi-Partei Süd-Jütlands gebeten, die Vorkriegs-Grenze wiederherzustellen, was Hitler mit der Begründung ablehnte: „Die Volksabstimmung von 1920 zur Abtretung von Nordschleswig war legal und korrekt.“
Diese ganz grässlich-bösen Nazis waren bekanntlich unnachahmlich.

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