25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Frühgeschichte

Als Königsberg noch eine Siedlung war

Vor 5000 Jahren begann die Entwicklung der späteren Hauptstadt Ostpreußens

Wolfgang Kaufmann
11.05.2021

Die Geschichte der Siedlung im Südosten der Halbinsel Samland, welche schließlich unter dem Namen „Königsberg“ bekannt wurde, reicht rund 5000 Jahre zurück. Im Bereich der Pregel-Niederung lebten in der Jungsteinzeit Menschen auf sandigen Hügeln in Ufernähe.

Vor rund 3000 Jahren entstanden etliche Prußen-Dörfer im Stadtgebiet des späteren Königsberg – jedoch möglicherweise nicht das legendäre Twangste oder Tuwangste mit seiner Burg und seinem Ankerplatz, der viele Jahrhunderte später sowohl von Wikingern als auch von Lü­becker Händlern genutzt wurde. Denn der Ortsname muss sich keineswegs auf das prußische Wort für „Teich mit Damm“ beziehen. Vielmehr kann er ebenso von dem gotischen Lehnwort „wangus“ herrühren, welches durch Holzeinschlag entstandene Lichtungen in Eichenwäldern bezeichnete.

Das legendäre Twangste

Bei den alten Prußen galt es jedoch als Frevel, Hand an Eichen zu legen, weil die Bäume den furchteinflößenden Donnergott Perkunis symbolisierten. Aufgrund jenes religiösen Tabus war das 20 Meter über dem mittleren Wasserstand des Pregel liegende Twangste vielleicht eine Gründung der ostgermanischen Goten. Diese kamen aus Skandinavien sowie von der Insel Gotland und siedelten dann ab der Zeitenwende nördlich des Weichselknies, bevor sie schließlich zu Beginn des 3. Jahrhunderts n. Chr. im Donauraum und an der Küste des Schwarzen Meeres auftauchten. Also ging Twangste eventuell erst nach dem Abzug der Goten in den Besitz der Prußen über.

Die Siedlung blieb bis zum 8. Jahrhundert ein eher unbedeutendes Dorf, das zwar an die Bernstein-Handelsrouten angebunden war, aber mit Sicherheit keine solch große „internationale“ Drehscheibe darstellte wie Truso, das „Atlantis des Nordens“ im Weichsel-Delta.

Die Prußen errichteten eine ihrer vielen Wallburgen auf dem Hügel, die nun über dem Fischerdorf Lipnick (möglicherweise identisch mit dem späteren Löbenicht) und zwei weiteren Ortschaften thronte, die ab dem 14. Jahrhundert als Tragheim und Sackheim bekannt wurden und deren Namen auf die prußischen Wörter „trakas“ (Schneise beziehungsweise hochgelegene Wiese), „saks“ (Kiefernharz) und „kaimas“ (Dorf) zurückgingen.

Neben dieser Burg wollten Kaufleute aus Lübeck an dem Fluss, der „Pregore“ oder „Lipza“ genannt wurde, eine Handelsniederlassung gründen, worüber sie ab 1242 mit dem Deutschen Orden verhandelten. Der Orden der Brüder vom Deutschen Hospital Sankt Mariens in Jerusalem hatte 1231 begonnen, das Land der Prußen zu kolonisieren beziehungsweise zu christianisieren, und entschied sich schließlich 1246 auf Betreiben des Hochmeisters Heinrich von Hohenlohe dafür, selbst in Twangste aktiv zu werden. Hieraus resultierte die Errichtung einer Ordensburg namens „Castrum de Conigsberg“ auf den Fundamenten der alten prußischen Anlage, nachdem es Ordensrittern aus Sachsen, Thüringen, Meißen, Brandenburg und vom Rhein unter Poppo von Osterna gelungen war, die Mündung des Pregel zu erreichen und den prußi-schen Stamm der Samen zu besiegen.

Die Vollendung der zunächst noch aus Holz bestehenden Burg erfolgte 1255 – ihren Namen bekam sie zu Ehren von König Ottokar II. Přemysl von Böhmen, der den Orden im Kampf gegen die Samen unterstützt und darüber hinaus auch Geld für den Bau gespendet sowie Truppen zu dessen Bemannung gestellt hatte. Ab 1256 entstand zusätzlich eine deutsche Wohnsiedlung im Bereich des späteren Steindamms. Diese ging allerdings schon während des Zweiten Prußenaufstandes unter: Krieger der Samen unter Nalube aus Quednau steckten sie 1262 in Brand.

1283 entstand die spätere Altstadt

Nach der Niederschlagung von Nalubes Rebellion wurde ab 1264 unmittelbar südlich der nunmehr in Stein gehaltenen Burg eine neue Siedlung errichtet, die spätere Altstadt. Diese erhielt 1283 ebenfalls den Namen „Conigsberg“ – wiederum als Hommage an Ottokar II., den allseits hoch verehrten „Eisernen und Goldenen König“. Der war am 26. August 1278 in der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen gefallen, nachdem er selbst 31 Königsstädte gegründet und an zwei sogenannten „Preußenfahrten“ teilgenommen hatte, deren Ziel darin bestand, den Deutschen Orden im Kampf gegen die heidnischen Prußen und Litauer zu unterstützen.

Die erneuerte Siedlung Conigsberg bekam am 28. Februar 1286 vom Landmeister des Deutschen Ordens für Preußen, Konrad von Thierberg dem Jüngeren, das Stadtrecht nach dem Muster der Kulmer Handfeste verliehen. Dieses Rechtsdokument war am 28. Dezember 1233 vom vierten Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, für die Städte Kulm und Thorn erlassen worden und bildete seitdem das Vorbild für die meisten Urkunden zur Verleihung des Stadtrechts im preußischen Ordensstaat.

Am 27. Mai 1300 und am 6. April 1327 erhielten nach dem selben Prozedere auch die neuen Ortsgründungen Löbenicht an der Stelle eines alten Prußendorfes am Löbebach und Kneiphof auf der Pregel-Insel Vogtswerder südlich der Altstadt das Stadtrecht. Die formelle Vereinigung dieser drei Ortschaften erfolgte dann am 13. Juni 1724 auf Verfügung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentare

sitra achra am 11.05.21, 10:45 Uhr

Sehr informativ! Aber alle weiteren Entwicklungen seit 1945
rubrizieren nicht unter Besiedlung, sondern unter schlichtem Landraub für gierige Landräuber. Wie schön, dass Uncle Sam dies seinen Gesinnungsgenossen ermöglicht
hat. Er hat bis heute einen Faible für seinesgleichen.
Knieen wir nieder und seien wir dankbar!

Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS