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„Die Sonne in Schwarzweiß“ – Museum Wiesbaden entdeckt ostpreußische Motive im Werk Max Pechsteins
Einem Expressionisten mit besonderer Beziehung zu Ostpreußen widmet sich noch bis zum 30. Juni das Hessische Landesmuseum Wiesbaden. Max Pechstein, 1881 in Zwickau geboren, absolvierte eine vierjährige Lehre als Dekorationsmaler, besuchte danach die Kunstgewerbeschule sowie die Königliche Kunstakademie in Dresden und wurde Mitglied der Künstlervereinigung „Die Brücke“. Bei Aufenthalten in Italien und Paris lernte er die Kunst der Fauvisten kennen, die den Impressionismus zu mehr Farbig-, Flächigkeit und Abstraktion weiterentwickelten.
Diese Begegnung ebnete ihm den Weg in den Expressionismus. Bereits 1909 hatte Pechstein die Ostseeküste für sich entdeckt und verbrachte fortan viele schaffensreiche Sommermonate im ostpreußischen Nidden, dessen Künstlerkolonie er beeinflusste. Nach 1918 und der deutsch-litauischen Grenzverschiebung wanderte er in den pommerschen Seeort Leba ab.
Die Schau macht die Kontinuitäten und zeitlichen Brüche in Pechsteins Werk deutlich. Scheinbar magisch angezogen war er stets von der Meeresküste. Und so beginnt die Ausstellung mit einer Reihe von Gemälden ähnlicher Sujets, wenn auch in unterschiedlichen Jahrzehnten seines Schaffens entstanden. Es sind Bilder von Booten, Fischerhütten und Schilfgras in kräftigen Farben, über denen eine menschenleere Ruhe liegt. Und über dieser Welt des Friedens thront stets die Sonne wie ein Wächter und sendet ihre Strahlen bisweilen so, als wäre es Gott selbst, der dort über allem leuchtet.
Das Sonnenmotiv setzt sich – in Schwarz-Weiß – in seiner Druckgraphik fort. Das Thema des Meeres findet sich auch in einer Holzschnitt-Reihe mit knorzigen Fischer-Porträts. Ebenso in den Gemälden, die eine 1914 erfolgte Reise in das damalige deutsche Kolonialgebiet Palau in der Südsee verarbeiten. Zu satten Orange- und Grün-Tönen tummeln sich nackte Eingeborene unter Palmen oder unternehmen Kanu-Fahrten, als wären sie Ölskizzen Paul Gauguins entflohen.
Die Ausstellung offenbart, dass Pechstein kein Sonderfall und keine Ausnahmeerscheinung war, sondern stark den künstlerischen Moden seiner Zeit unterworfen blieb. Das geht zulasten der Originalität, der künstlerischen Qualität seiner Arbeiten tut das aber keinen Abbruch. Man begegnet bei ihm dem zeittypischen Reigen-Motiv von Badenden am See, den häufig gemalten Balletttänzern, den Bühnenfiguren Pierrot und Harlekin.
Selbst eine Reihe von Radierungen über Granateinschläge und Schützengräben ist Teil einer weit verbreiteten Kriegsverarbeitung nach 1918. Auch dass Pechsteins Malerei ab Mitte der 1920er Jahre traditioneller wurde, war kein Einzelfall, sondern ein allgemeines Anzeichen der Ermüdung der Moderne. Es rettete ihn nicht davor, in der NS-Zeit teils als „entartet“ drangsaliert zu werden. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1955 erhielt er als erster Maler das Bundesverdienstkreuz und kam somit in der frühen Bundesrepublik noch zu späten Ehren.