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Mittelmeerraum

Ankaras Griff nach Libyen

Kaum ein Land engagiert sich im Bürgerkrieg derart offensiv wie Erdoğans Türkei

Wolfgang Kaufmann
06.07.2020

Seit dem vom Westen herbeigeführten Sturz des libyschen Dauermachthabers Muammar al-Gaddafi im August 2011 herrscht in dem nordafrikanischen Land Bürgerkrieg. In diesem stehen sich derzeit vor allem zwei Konfliktparteien gegenüber: die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung der Nationalen Übereinkunft (GNA) unter Fayiz as-Sarradsch in Tripolis und die Gegenregierung des „Abgeordnetenrates“ in Tobruk unter General Chalifa Haftar, die den Osten und Süden Libyens und damit auch die meisten Erdölfelder kontrolliert. 

Mittlerweile ist das Ganze zum Stellvertreterkrieg ausländischer Mächte mutiert. Hinter Haftar stehen Russland, Frankreich, Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, während as-Sarradsch die Unterstützung Italiens, des Sudan, der Ukraine sowie schließlich der Türkei hat, die definitiv die Hauptrolle im Ringen um die Vorherrschaft in Libyen spielt. Im April 2019 startete Haftars Libysch-Nationale Armee (LNA) diverse Großoffensiven gegen die Truppen der GNA, und für einige Monate sah alles nach einem Sieg des Warlords aus. 

Dann jedoch vereinbarten der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und as-Sarradsch im November 2019, auf militärischem Gebiet zu kooperieren – dem vorausgegangen war die Anerkennung der Ansprüche Ankaras auf eine riesige Einfluss- und Wirtschaftszone im östlichen Mittelmeer durch die GNA. Daraufhin schickte die Türkei Anfang dieses Jahres Soldaten sowie moderne Waffensysteme wie Kampf- und Aufklärungsdrohnen vom Typ Bayraktar TB2 nach Libyen und verpflichtete darüber hinaus 4000 syrische Söldner für den Kampf gegen Haftar. 

Dadurch wendete sich das Blatt ab April 2020 deutlich: Die GNA-Truppen sprengten den Belagerungsring um Tripolis und eroberten Tarhuna, Sabrata und Surman sowie die Luftwaffenbasis al-Watiya – de facto verlor die LNA alle in den vorausgegangenen Monaten besetzten Gebiete. Haftar muss nun sogar befürchten, dass seine Gegner ihm auch die strategisch besonders wichtige Stadt Sirte entreißen. Dieses verstärkte türkische Engagement in Libyen resultiert indes nicht nur aus der Willfährigkeit der GNA, was die Unterstützung der Großmachtambitionen Ankaras im Mittelmeer betrifft. 

Erdöllager und Migrantenrouten 

Genauso wichtig ist es Erdoğan, seinen Einfluss auf dem nordafrikanischen Festland auszubauen, um die dortigen Migrantenströme in Richtung Europa kontrollieren zu können. Denn das bietet ihm noch mehr Erpressungspotenzial gegenüber der EU, dessen Bedeutsamkeit in dem Maße wächst, in dem die Türkei wirtschaftlich ins Trudeln gerät und dadurch unter Devisenmangel leidet. Ansonsten gilt es gleichermaßen zu berücksichtigen, dass Libyen mehr Erdölvorkommen besitzt als jedes andere Land Afrikas. 

Deshalb riskiert Ankara jetzt sogar die Konfrontation mit dem NATO-Partner Frankreich. Nachdem der Élysée-Palast der Türkei ein „gefährliches Spiel“ in Libyen vorgeworfen hatte, sprach der Sprecher von Erdoğans Außenministerium, Hami Aksoy, Präsident Emmanuel Macron „gesunden Menschenverstand“ ab. Kurz darauf richteten drei türkische Kriegsschiffe demonstrativ ihr Feuerleit-Radar auf eine französische Fregatte, die das von der UN verhängte und für Ankara höchst hinderliche Waffenembargo gegen die libyschen Bürgerkriegsparteien durchsetzen soll. 

Während Europa, die USA und selbst Russland angesichts der Corona-Krise mehr oder weniger gelähmt zusehen, wie die Türkei immer stärker auftrumpft und zum wichtigsten Machtfaktor in Libyen avanciert, hat das benachbarte Ägypten nun offenbar beschlossen, den Fehdehandschuh aufzunehmen: „Seid bereit für jede Mission innerhalb und außerhalb der Grenzen“, sagte der ägyptische Präsident Abd al-Fattah as-Sisi vor einigen Tagen beim Besuch einer Luftwaffenbasis weit westlich des Nils. 

Das war die Reaktion auf die Ablehnung seines Friedensplans für Libyen von Anfang Juni, der auch den Abzug aller ausländischen Kämpfer, also auch der syrischen Söldner Ankaras und der türkischen Militärangehörigen, vorsah.


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Kommentare

sitra achra am 14.07.20, 12:41 Uhr

Wer andere Völker auf dem Balkan, in Nahost und Nordafrika über Jahrhunderte ausgebeutet und unterdrückt hat, hat nicht das Recht, Deutsche an den Pranger zu stellen.
Vor allem steht der geleugnete Genozid an den Armeniern seitens der Türken meiner Sympathie für dieses Volk arg im Wege.
Es ist an der Zeit, dass die Russen endlich etwas unternehmen, um die gr0ßmäuligen Türken an die Kandare zu legen und die Hagia Sophia von einer gewalttätigen Religionsgemeinschaft zu befreien.
Hier bei uns ist es patriotische Pflicht, den sich nicht integrieren wollenden Türken die Ausgangstür zu weisen.

seyyar tayyar am 14.07.20, 08:39 Uhr

Der Aufstieg der TÜrkei ist in Dorn im Auge.Solange Euroopa wie ein Blutegel das Blut der afrikanische oder andere Lände kostenlos aussaugen darf ist die Welt in Ordnung.Massaker besser Genozid in Afrika durch Frankreich sind Belege dafür.Deutschland muss sich entscheiden für oder gegen die Türkei.Die Zukunft gehört der Türkei.Ihr Einflusss wrd sich weiter ausdehnen.In die Eu sollte sie niemals beitreten.Als eigenständiger Spieler stets ihre Rolle spielen.Ich sagte schon in den 80 er Jahren.Ab dem Jahr 2000 wird das Land wach.Alle Prognosen zeigen:das Land wird in 20-25 Jahren zu 10 grössten wirtschaftlichen Länder gehören.Auch ohne Eu.In den 80 zeigte ein älterer Herr ein Foto.Schau Junge,hier bin ich mit einem Kamerad als Soldat.1916 vor dem Eingang-Hagia Sohia-Was heute die deutsche Poltik treibt ist eine Schande.Mit VerlaubHitler war der zuverlässiger Partner als jetzt.Wer gegen duie Türkei hetzt ist ist ein Verräter also kein nazi.Denn die Nazis standen immerhin zum Partner.Gott habe ihn selig.Hat man jetziges Deutschland hat Freund,braucht man keine Feind mehr.Hetzt ruhig weiter.Kommt Zeit,kommt Rat.Einfach zurück in die Geschichte schauen..

Siegfried Hermann am 06.07.20, 12:44 Uhr

Gott sei Dank war weder Maass, noch Scharping, Gabriel, vdL und wie die Flachnasen alles heißen da, um die "Sicherheit Deutschlands in Äl Allahmein" zu verteidigen, ähmm, garantieren. Das ist schon bemerkenswert, da mit Wintershall ein großer deutscher player im "offshore"-Exploration-Business gerade im Sahara- und Sub-Saharagebiet die Nase vorn hat.
Mit Eni und Total als quasi Monopol-Förderer legt sich Erdogan gleich mit 2 traditionellen ehem. Kolonialmächten an, die absolut kein Interesse an ungewollter türkische Beteiligungen und Ausbeutung haben wollen. Ägypten wiederum hängt vom Öltropf der Kyrenaika ab und verwandtschaftlichen Stammes-Beziehungen, die weit in die Pharaonenzeit zurück geht und hier schon gesellschaftliche Verpflichtungen unabkömmlich sind.
Sirte selbst ist der zentrale Ölhafen und die Geburtsstadt Gaddafis und damit deren erklärten Stammes-Machtgebiet, das auf seinen Söhnen übergegangen ist. Noch haben sie nicht viel zu melden, könnten aber bei größeren Gemetzel das Zünglein an der Waage sein, um dauerhafte Ruhe, von Frieden kann bei Moslems keine Rede sein, zu erreichen.
Hätten (wohl gemerkt!) wir ein Außenministerium wie einst von Ribbentrop, Bretano, Scheel, oder den legendären Genscher geführt, würden gleich 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Wintershall kann ungestört weiter buddeln und die UN-Menschhändler-Schleuser- Drogendealer-Route wäre über Libyen mausetot.
Und Gott sei Dank ist Erdogan zu nationalistisch borniert, islamisch oderund schlicht zu doof, um die Fallen, die in Libyen lauern zu erkennen. Soll er ruhig sein türkische Stalingrad erleben.

Mahlzeit!

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