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Arbeitsmodell

Auch nach Corona – Firmen wollen flexibles Homeoffice

Die Auswirkungen spürt nicht nur der Immobilienmark, da immer mehr Gewerbeflächen leer stehen – Auch Kantinen kämpfen ums Überleben

Peter Entinger
01.09.2024

In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Berichte über Firmen gegeben, die ihre Mitarbeiter vermehrt zur Präsenz-Pflicht in den eigenen vier Büro-Wänden verpflichten wollten. Doch dabei handelte es sich wohl nur um Ausnahmen, wie aus einer Befragung des ifo Instituts hervorgeht.

Drei von vier der Unternehmen, in denen Homeoffice möglich ist, möchten es demnach unverändert beibehalten. Das macht die Umfrage des ifo Instituts deutlich. „Diese Ergebnisse widerlegen die Auffassung, dass der Trend zurück in die Büros geht“, erklärt ifo Forscher Jean-Victor Alipour. Lediglich zwölf Prozent planen strengere Vorgaben, und nur vier Prozent möchten die Arbeit von zu Hause komplett abschaffen. „Die öffentliche Berichterstattung konzentriert sich auf einzelne Unternehmen, in denen Homeoffice zurückgefahren werden soll. Das überzeichnet die tatsächliche Entwicklung“, so Alipour.

Reduzierte Bürokapazitäten
Elf Prozent der Firmen wollen die Regelungen demnach sogar weiter flexibilisieren. „Es ist unbestritten, dass Präsenzarbeit dem Homeoffice in manchen Aspekten überlegen ist. Strengere Regeln durch eine stärkere Koordinierung von gemeinsamen Präsenzzeiten können das Home-office insgesamt produktiver gestalten“, erklärte Alipour. 13 Prozent der Dienstleister und acht Prozent der Industrieunternehmen planen daher flexiblere Homeoffice-Regelungen. „Homeoffice ist und bleibt in Deutschland fest verankert. Die Uhren drehen sich nicht auf 2019 zurück“, sagte der Ifo-Forscher. Die Arbeit von zu Hause war in Deutschland in Gegensatz zu anderen Industrienationen wie den USA oder im asiatischen Raum lange verpönt. Erst während der Corona-Pandemie wurde in der Bundesrepublik ein Arbeitsmodell daraus. Der Trend zum Homeoffice hat gerade die großen Betriebe auch organisatorische Konsequenzen ziehen lassen. Rund ein Drittel der Großkonzerne haben Umfragen zufolge ihre Bürokapazitäten bereits reduziert.

Das Homeoffice senkt in Deutschland demnach den Bedarf an Büroflächen, primär in den Großstädten. Der Immobilienberater Colliers hat gemeinsam mit dem ifo Institut die Lage in den Großstädten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf analysiert. Die regelmäßige Arbeit im Homeoffice sei für viele zur Normalität geworden. „Vor allem in Großunternehmen und in Branchen mit starker Homeoffice-Nutzung führt dies zu einem Rückgang der Nachfrage nach Büros“, heißt es in der Analyse. Wahrscheinlich werden zwölf Prozent weniger Flächen bis 2030 gesucht. Das entspräche in den sieben Großstädten einem Minderbedarf von rund 11,5 Millionen Quadratmeter Bürofläche.

Leer stehende Büros
„Die neue Arbeitswelt stößt einen Strukturwandel im Büromarkt an“, sagte ifo Forscher Simon Krause. Dementsprechend fielen die Umsätze am Bürovermietungsmarkt im Jahre 2023 auf das Niveau der akuten Corona-Krise. Der Büromarkt in Deutschland sei traditionell eng mit dem ifo Geschäftsklimaindex verbunden, erklären die Autoren. Die Leerstandsquote von unter drei Prozent im Jahre 2019 stieg auf über sechs Prozent im vergangenen Jahr. Büromietverträge in Deutschland haben eine durchschnittliche Laufzeit von etwa sieben Jahren, deswegen zeigen sich die Nachwirkungen der Pandemie erst verzögert. Die Zahl der wegen Homeoffice leer stehenden Büros hat sich jedenfalls verdreifacht. Die Hoffnungen mancher Politiker, dass aus den leer stehenden Bürogebäuden Wohnraum entstehen könnte, erweisen sich dabei als trügerisch. Es gebe nur begrenzte Möglichkeiten, heißt es in der Analyse.

Verlagerung in die Vororte
Mit dem Trend zum Homeoffice sind aber auch Einrichtungen in eine tiefe Krise gestürzt, die lange Jahre die „Seele“ einer Firma bildeten. Leere Plätze zählen heute in zahlreichen Betriebskantinen zum Alltag. Manche schränken den Betrieb ein. Es gibt derzeit noch keine genauen Erhebungen, wie sich das Homeoffice auf die Gastronomie in den Betrieben und auch in den Großstädten auswirkt. Beim Versicherungskonzern Allianz hat man beispielsweise eine interessante Erfahrung gemacht: „Viele Mitarbeiter verabredeten sich wieder zum Mittagessen“, teilt die Allianz mit. Auch das sei eine Folge der Corona-Einschränkungen. Wie die Allianz möchten auch andere Firmen ihre Standorte wieder attraktiver machen, sodass die Beschäftigten wieder mehr Zeit vor Ort verbringen und sich austauschen.

Die Entwicklung der Innenstädte wird allerdings spannend zu beobachten sein. Schon jetzt kommt das Ifo-Institut zu dem Ergebnis, dass sich ein Teil der Einzelhandelsumsätze aus den Zentren an die Stadtränder und in die Vororte verlagert hat. Eben dort, wo die Menschen im Homeoffice in aller Regel leben.


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