21.05.2025

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Nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses war die Freude und Erleichterung groß: Der EU-freundliche Wahlsieger Nicușor Dan nimmt ein Bad in der jubelnden Menge, nachdem er seine ersten Siegesworte gesagt hatte
Bild: imago/NurPhotoNach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses war die Freude und Erleichterung groß: Der EU-freundliche Wahlsieger Nicușor Dan nimmt ein Bad in der jubelnden Menge, nachdem er seine ersten Siegesworte gesagt hatte

Neuwahlen

Auf den Hermannstädter folgt ein Kronstädter

Der EU-freundliche Nicușor Dan hat überraschend die Präsidentenwahl in Rumänien gewonnen – Diesmal lief alles ohne Gerichtsintervention ab

Bodo Bost
21.05.2025

Die EU-Befürworter in Rumänien können aufatmen. Und die EU selbst auch. Nach einem fast uneinholbaren Rückstand von 20 Prozent im ersten Wahlgang konnte der Bürgermeister von Bukarest Nicușor Dan tatsächlich noch mit 54 Prozent der Stimmen relativ klar die Präsidentschaftswahl in Rumänien für sich gewinnen. Eine Überraschung. Dabei lag sein politischer Gegner, der Rechtspopulist Georghe Simion, im ersten Wahlgang noch mit 41 Prozent der abgegebenen Stimmen vorn. Aber er erhielt im zweiten Wahlgang nur 46 Prozent.

Der wahrscheinliche Grund für den überraschenden Umschwung: Möglich gemacht hatten diesen Wahlsieg ein starker Anstieg der Wahlbeteiligung um fast 20 Prozent und die Stimmen der in Rumänien lebenden Ungarn, die Dan mit fast 90 Prozent ins Präsidentenamt hievten.

Dabei hatte der Wahltag gefühlt irgendwie ganz anders begonnen. Simion war seines Sieges so sicher, dass er bereits nach Bekanntgabe der Nachwahlbefragung bei der Schließung der Wahllokale um 20 Uhr seinen Sieg voller Selbstsicherheit bekannt gab. Sein Vorsprung wuchs auch noch bei den ersten Hochrechnungen, wo vor allem die ländlichen Bezirke ausgezählt wurden, der nationalistische Simion großen Rückhalt fand.

Beide Kandidaten machten schon im Vorwege deutlich, dass sie nicht zum Establishment gehören, sondern von außen neu auf die Politbühne kommen. Außerdem waren sie kein Mitglied einer der traditionellen Parteien des Landes, die aktuell als vollkommen korrupt gelten.

Rumänen war ja 1989 nicht durch eine demokratische Wende vom Kommunismus befreit worden, sondern Kommunisten aus der zweiten und dritten Reihe hatten einen Aufstand der Ungarn unter Leitung des ungarischen Pfarrer Tökesch im Lande genutzt, um Diktator Ceaușescu von der Macht zu verdrängen. Die dabei entstehenden Parteien entstanden alle aus der einstigen Staatspartei.

Aus eigener Partei ausgetreten
Die Korruption hatte bereits 2014 den Siebenbürger Sachsen Klaus Johannis an die Macht gebracht, der nur von einer Minipartei der Deutschstämmigen in Rumänien unterstützt wurde. Der jetzige neue Präsident hatte hingegen vor einigen Jahren die liberale Partei USR mitbegründet und war mit dieser Partei Bürgermeister von Bukarest geworden. Aber er trat aus dieser Partei aus und trat nun als Unabhängiger bei den Präsidentschaftswahlen an. Dabei wurde er lediglich unterstützt von den Ungarn, die sich in Rumänien als EU-freundlicher erwiesen als in Ungarn selbst.

Dan stammt aus Kronstadt in Siebenbürgen, wo er die Menschen mobilisieren konnte, aus ihrer Lethargie und Trägheit herauszukommen und zur Wahl zu gehen. Am meisten Stimmen erhielt Dan in den Bezirken mit ungarischer Bevölkerung, im Komitat Harghita konnte er seinen Stimmenanteil auf fast 90 Prozent erhöhen. Ähnlich gut schnitt er in Klausenburg ab.

Angst vor EU-Austritt
Die Wahl hatte Rumänien zunehmend zwischen Stadt- und Landbevölkerung gespalten. Beide Gruppen einte jedoch eine überaus EU-freundliche Stimmung, die in Rumänien ohnehin ungleich stärker ist als in fast allen anderen EU-Ländern. Man verspricht sich hier von der EU und der Mitgliedschaft entscheidende Vorteile – insbesondere in finanzieller Hinsicht, aber ebenso Stabilität und wirtschaftlichen Aufschwung.

Die Furcht vor einem drohenden Austritt aus der EU hat die Rumänen regelrecht in Massen ins politische Lager von Nicușor getrieben. Das jedenfalls glauben einige Medienvertreter und Kommentatoren. Deshalb haben auch die nationalen Minderheiten, die der EU mehr verbunden sind als die orthodoxe Landbevölkerung, vor allem ihn gewählt. Die Rumänen hatten Angst, dass ihr Land nach 18 Jahren Mitgliedschaft in der EU durch einen möglichen Sieg von Simion seine Mitgliedschaft in der EU in Frage stellen könnte. Immerhin ist das weiterhin sehr arme Rumänien immer noch ein Nettoempfänger von stattlichen EU-Hilfen.

Regieren gegen Rechts
Dan ist ein 55-jähriger Mathematiker. Er hat in Paris studiert und spielte die Karte des einzigen „pro-westlichen“ Kandidaten. Er wurde 2020 im dritten Anlauf gegen die Immobilienmafia als parteiloser Liberaler zum Bürgermeister von Bukarest gewählt. Jetzt ruhen die Hoffnungen der ganzen EU und der Ukraine auf ihm. Vor dem Bukarester Rathaus skandierte eine begeisterte Menge nach der Bekanntgabe des Ergebnisses voll Euphorie lauthals: „Russland, Russland – Rumänien gehört nicht dir!“

Dan rief in seiner ersten Ansprache alle EU-freundlichen Parteien im Parlament zur Kooperation auf. Allerdings haben drei Rechtsparteien zusammen mehr als ein Drittel der Sitze im Parlament, darunter die Partei AUR von Simion. Dieser gestand jedoch in der späten Nacht seine Niederlage ein.


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