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Blütezeit unter den Hohenzollern – Das mit Preußen eng verbundene Gunzenhausen in Mittelfranken wird 1200 Jahre alt
Einer Schenkung Kaiser Ludwigs des Frommen verdankt Gunzenhausen seine erste urkundliche Erwähnung. Das Dokument, mit dem der Sohn und Nachfolger Karls des Großen sein Eigenkloster „Gunzinhusir“ dem Reichskloster Ellwangen übertrug, ließ er in der Kaiserpfalz Ingelheim am 21. August 823 ausstellen.
Die Siedlungsgeschichte der heutigen mittelfränkischen 17.000-Einwohner-Stadt an der Altmühl reicht freilich viel weiter zurück. Seit etwa 150 nach Christi Geburt existierte ein Römerkastell nahe des nördlichsten Punktes des Obergermanisch-Raetischen Limes, der heute zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Auf dem Gelände des um 240 von den Alamannen zerstörten Römerkastells wurde das von Ludwig dem Frommen verschenkte Kloster erbaut. Es folgte im 12. Jahrhundert ein romanischer Kirchenbau.
Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts steht hier aber die mit ihrem Turm alle anderen Bauwerke Gunzenhausens überragende Stadtkirche St. Marien. In die Außenmauer der seit Einführung der Reformation 1528 evangelisch-lutherischen Kirche ist eine Steintafel eingelassen, deren Inschrift uns über die Historie des Gebäudes und seiner Vorgängerbauten informiert. Solchen steinernen Geschichtstafeln begegnet man an zahlreichen Häusern der Altstadt.
Anno 1368 erwarb der Burggraf Friedrich V. von Nürnberg die Stadt, die so in den Besitz der Hohenzollern kam und eine erste Blütezeit erlebte. Von der kündet zum Beispiel die Stadtkirche mit ihren spätgotischen Wandmalereien. Sie zeigen an der Nordwand des Chores Christus und die zwölf Apostel mit Schriftbändern. Auf denen steht in deutscher Sprache das apostolische Glaubensbekenntnis. Es ist bis heute den Christen aller Konfessionen gemeinsam.
An einer anderen Wand reckt sich die riesenhafte Gestalt des mit einer gewaltigen Hakennase versehenen Christophorus, der schwer am Christuskind auf seiner Schulter zu tragen hat, bis zur Gewölbedecke. Unweit der Stadtkirche erhebt sich neben Resten des Wehrgangs der Stadtmauer der Färberturm, den man kostenlos besteigen kann. Von ihm hat man weite Sicht auf die Stadt und ins Altmühltal. Bevor Gunzenhausen 1806 in den Besitz der Wittelsbacher gelangte, gehörte die Stadt zum Territorium der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach.
Ein Gunzenhausener in Königsberg
Dem berühmtesten Sohn der Stadt ist an der Straße zwischen Rathaus und Blasturm eine moderne Holzbüste gewidmet. Sie erinnert ein wenig an Lucas Cranachs Darstellung Martin Luthers als Junker Jörg. Gemeint ist aber der vor 525 Jahren in Gunzenhausen geborene Andreas Osiander. Der Nürnberger Stadtrat ernannte den sich zur Reformation bekennenden Osiander 1522 zum Prediger an der Lorenzkirche. In Nürnberg überwachte er den Druck des 1543 veröffentlichten, das Weltbild revolutionierenden Buches, in dem Kopernikus darlegte, dass sich die Erde um die Sonne dreht.
Im Jahre 1548 berief Herzog Albrecht von Preußen Andreas Osiander als Professor an die theologische Fakultät der Universität Königsberg. Vier Jahre später starb der Reformator in Königsberg.
Der größte Gönner Gunzenhausens war Markgraf Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach (1712–1757). An zahlreichen Gebäuden weisen Inschriftentafeln auf ihn hin. Der „Wilde Markgraf“ trat bereits als 17-Jähriger sein Regentenamt an und heiratete die damals 15 Jahre alte Prinzessin Friederike Luise von Preußen. Die Ehe mit dieser Schwester Friedrichs des Großen verlief unglücklich. Ihr gemeinsamer Sprössling Alexander war der letzte Markgraf aus dem Hause Brandenburg-Ansbach.
Der lebenslustige, aber jähzornige Wilde Markgraf war ein Schürzenjäger. Seine bekannteste Geliebte war die Gunzenhausenerin Elisabeth Wünsch, mit der er vier Kinder hatte. Die beiden Söhne erhob er mit Einverständnis des Kaisers und Friedrichs des Großen als „Freiherren von Falkenhausen“ in den Adelsstand.
Die Beizjagd mit edlen Falken war die große Leidenschaft des den Prunk liebenden Wilden Markgrafen. Daran erinnert sein am Rande der Altstadt gelegenes Jagdschloss, das er sich 1749 erbauen ließ. Es heißt heute „Haus des Gastes“ und wartet mit Ausstellungen und Festveranstaltungen auf. Im angrenzenden Garten, der für Musikveranstaltungen genutzt wird, stand zu Zeiten Karl Wilhelm Friedrichs das „Mäusehäuslein“.
Die dort gezüchteten Nager dienten den zahlreichen Jagdfalken des Wilden Markgrafen als Nahrung. Er besaß das größte, nämlich 51 Personen umfassende Falkenkorps, das sich ein deutscher Fürst jemals geleistet hat. Es verschlang zehn Prozent des Staatshaushaltes.
Sein großes Vorbild auf dem Gebiet der Falkenjagd war Kaiser Friedrich II. Die ersten beiden Kapitel von dessen lateinisch verfasstem Buch „Über die Kunst mit Vögeln zu jagen“ ließ er von seinem Hofprediger ins Deutsche übersetzen und drucken.
Der „Berliner“ vom Preußenkönig
Noch heute weist die Ausstattung des Jagdschlosses auf die Liebe zur Falkenjagd hin. Im repräsentativen Markgrafensaal hängen die Ölgemälde zweier von Christoph Anton Hirsch im Auftrag Carl Wilhelm Friedrichs porträtierter Falken. Der eine hieß „Luise“ und war ein Geschenk König Friedrichs V. von Dänemark. Das andere Gemälde zeigt den Falken „Berliner“. Der war ein Weihnachtsgeschenk von König Friedrich Wilhelm I. von Preußen an seinen Schwiegersohn, mit dem er sich prächtig verstand.
Unter den Fenstern des Jagdschlosses sind überaus kostbare Crailsheimer Fayencefliesen angebracht. Ihre manganfarbene Malerei feiert in zahlreichen unterschiedlichen Landschaftsszenen die Kunst, mit Falken zu jagen. Einige sitzen mit übergestülpter Haube ruhig da. Viele andere aber machen Jagd auf Hase, Rebhuhn und Reiher oder posieren auf dem geschlagenen Wild.
Der Wilde Markgraf erhob Gunzenhausen zu seiner Nebenresidenz. Die ließ er von seinen Baumeistern Carl Friedrich von Zocha, Leopoldo Retti und Johann David Steingruber mit schmucken Barockbauten ausstatten. Viele sind erhalten. Insbesondere am lang gestreckten Marktplatz. Auch Bürger und markgräfliche Amtsträger sorgten für repräsentative Bauwerke. Das größte Gebäude am Marktplatz firmiert heute als Rathaus.
Eine Schrifttafel an der leuchtend gelb verputzten Fassade informiert, dass hier früher der Oberamthof untergebracht war. Die Inschrift lautet: „Hier residierte und starb 1757 Markgraf Karl Wilh. Friedrich, ‚der Wilde Markgraf'.“ Er erlag einem Schlaganfall.