31.03.2025

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Zirka zwölf Kilometer westlich von Stolp: Schloss Reddentin, einst Zentrum der  Belowschen Bewegung. Es überstand den Krieg, wurde 1973 gesprengt
Foto: Sammlung Duncker/WikiwandZirka zwölf Kilometer westlich von Stolp: Schloss Reddentin, einst Zentrum der Belowschen Bewegung. Es überstand den Krieg, wurde 1973 gesprengt

Belowsche Bewegung

Auf der Suche

Verschiedene Strömungen auf dem Weg der „richtigen“ Glaubensfindung

Torsten Seegert
23.03.2025

Wir sind bereits auf die Pommersche Erweckungsbewegung mit einem seiner Führer Adolf von Thadden (1796–1882) eingegangen (siehe PAZ vom 24. Januar) und hatten uns auch mit der pommerschen Mission des Methodismus auseinandergesetzt. Zwischen beiden Glaubensströmen gibt es Verbindungen. Denn der pommersche Methodismus speiste sich, wie wir heute wissen, aus der Belowschen Bewegung, und diese wiederum war auch Teil der Pommerschen Erweckungsbewegung.

Rückblick: Die Erweckungsbewegung hatte Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts auch in Pommern ihre Wurzeln gleich einer Graswurzelbewegung geschlagen – wobei sie Zeitzeugen hier als weitaus kräftiger, gesünder, nüchterner und viel tiefer gehend beschrieben als anderswo: Pflugrade, Rützow, Simoizel, Robe, Zedlin, Voigtshagen, Nehmer, Semerow, Wusterwitz oder Zarben waren nur einige der Orte, die von der Bewegung mitgerissen wurden.

Sie entwickelte sich nach den Befreiungskriegen. Damals wandte man sich zunächst einem frühen Anführer der „Erweckung“ in Berlin zu: Hans Ernst von Kottwitz. Der schlesische Adlige war Teil der Erweckungsbewegung und gab nach den Napoleonischen Kriegen arbeitslos gewordenen Handwerkern eine Beschäftigung an Spinnrad und Webstuhl und wurde so Inspiration für die Pioniere der protestantischen Diakonie und der Inneren Mission.

1822 begann man sich auch in den pommerschen Kreisen Stolp, Schlawe und Rummelsburg vom geordneten öffentlichen Gottesdienst abzusondern. Und dies geschah unter der besonderen Führung der drei Brüder von Below, auf Reddentin, Gatz und Seehof. Die Bewegung speiste sich aus dem Pietismus und verstand sich als Gegenbewegung zur vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. verordneten Kirchen-Union reformierter und lutherischer Gemeinden.

In Bibelstunden und Gebetsversammlungen fand man sich zusammen unter Vermeidung sogenannter „weltlicher Luft“ wie Theater, Tanzen, Spielen, Rauchen und Trinken. Während man anfänglich noch die Verständigung mit den örtlichen Pastoren suchte, strebte man schon bald danach „gläubige Pastoren“ zu erhalten. Da an der Spitze der Bewegungen pommersche Adlige standen, übten diese ihren Druck mit dem Patronatsrecht als Grundherren aus.

Bis dahin, das zeigen sowohl die Beispiele der Rittergutsbesitzer Adolf von Thadden auf Trieglaff und Heinrich Friedrich von Below (1792–1855) auf Seehof, übernahmen sie als Grundherren selbst die Predigten und erweiterten die Andachten zu vollständigen Gottesdiensten. Da die Menge der Gläubigen, besonders in Seehof, durch Heilsbegierige und Neugierige rasch anwuchs, mussten die Zusammenkünfte ins Freie in den Hof und Garten verlegt werden.

Obgleich die Regierung, ebenso wie die alten Pastoren der Kirchen-Union, die neuen Umtriebe beargwöhnten und sogar mit Verboten und Strafen belegten, ebbte die Belowsche Bewegung erst ab, als zwei der Brüder von Below, Karl und Gustav
– auf Gatz und Reddentin – die Versammlungen einstellten und sich mehr der Theosophischen Lehre hingaben. Lediglich Heinrich Friedrich von Below hielt weiterhin in Seehof Glaubensversammlungen ab.

Die Durchsetzung der Kirchen-Union, wie bereits am Beispiel von Trieglaff beschrieben, setzte nicht nur eine Auswanderungsbewegung nach Amerika in Gang, sondern traf auch auf den massiven Widerstand der „Erweckten“. Innerhalb der neuen Kirchen-Union kam es einerseits zu Gruppierungen wie der „Evangelischen Gemeinschaften innerhalb der Landeskirche“ und andererseits zu Kirchenaustritten.

Von Below trat mit seiner Seehofer Gemeinde zusammen mit der von Dünnow zu den „Altlutheranern“ über. Um sich nach einem anderen Pastor umzusehen, war er bereits im März 1825 nach Berlin gereist und fand ihn dort in Adolf Zahn, der zuvor Hauslehrer beim Grafen Anton Stolberg war. Die gemeinsame Fahrt nach Pommern führte Heinrich von Below und Adolf Zahn im offenen Wagen über Stettin, Trieglaff und Rottenow.

Überall, wo er zu außerkirchlichen Versammlungen kam, musste er, eben vom Wagen gestiegen, sofort vor hunderten Seelen predigen. Ihm fiel auf, dass es eine innere Bewegung der Menschen gab, begleitet von lautem Seufzen, Schluchzen und lebhaften Gebärden. Auffällig für Zahn: Es wurde stehend gebetet, und zum Glaubenssatz hatte man ernannt, sich
von der falschen Lehre in der Kirche „in jeder Form und unter jeder Bedingung fernzuhalten“.

Die seligen Nachwirkungen der Erweckungsbewegungen waren vielfältig: Neben der Gründung von Rettungs- und Waisenhäusern, wurden auch Herbergen zur Heimat begründet. Die separierten „Belowianer“, wie die Anhänger der Belowschen Bewegung genannt wurden, gingen später als gläubige Strömungen in die Methodisten, Irvingianer und Baptisten Pommerns über. So endet dieser Teil der pommerschen Glaubensgeschichte.

Ihr Beginn wurde aber bereits in den Befreiungskriegen gelegt, durch die Begegnung der Brüder von Below mit der Frömmigkeit und dem Pietismus. Für Karl, Gustav und Heinrich Friedrich war es mehr als ein Abschied von „Glas, Karten und Pfeife“.


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