Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Wo Kaiser Wilhelm I. seine letzte Parade abhielt – zwischen der heutigen deutsch-polnischen Grenze und Stettin
Sparrenfelde [Skarbimierzyce] ein kleiner Ort mit derzeit 420 Einwohnern liegt zwischen Stettin und der heutigen deutsch-polnischen Grenze an der früheren Hansischen Ostseestraße. Heute auf deutscher Seite die B 104, zuvor die Reichsstraße 104, auf polnischer Seite die Landesstraße 10. Diese Straße war zur Zeit der Hanse ein bedeutender Landhandelsweg entlang der Ostseeküste. Sie verlief von Lübeck bis Stettin und spielte eine wichtige Rolle in der deutschen Ostkolonisation im Mittelalter. Zugleich war sie ein Pilgerweg, so zum Beispiel als Bestandteil des Jakobsweges in Richtung Nordspanien.
Sparrenfelde war bis 1929 Gutsbezirk, gehörte zum Kreis Randow. 1939 erfolgte die Eingemeindung nach Stettin.
1243 wurde ein Albertus de Sparrenuelde erwähnt. Einige Jahre später übergab Herzog Barnim I. von Pommern das Dorf der Stadt Stettin, 1253 schenkte er es einem Arnold von Bergen, doch 1261 übertrug er es bereits wieder an die Stettiner Stiftskirche St. Peter und Paul. Ein Teil der Einnahmen des Dorfes stammte zwischenzeitlich auch vom Kloster Wilhelmsthal.
1286 wurde die Kirche von Sparrenfelde erstmals erwähnt, und zu Beginn des 14. Jahrhunderts erwarben die Familien von Brakel und von Wussow Teile des Dorfes. 1373 erscheinen als Besitzer vor Ort Gert von Sparrenfelde und Cort von Schwanebeck, 1382 wird die Familie von Sparrenfelde zum letzten Mal genannt. Seitdem wechselten ständig die Besitzer. Später erscheint ab zirka Anfang der 1870er Jahre der Rittergutsbesitzer Adolf Weste als Eigentümer und seit zirka 1900 ein Max Reuter.
Mit der preußischen Gebietsreform von 1928/29 und der damit einhergehenden Aufhebung der Gutsbezirke wurde Sparrenfelde ein Ortsteil der neuen Landgemeinde Neuenkirchen im Kreis Randow, ab 1939 erfolgte die Eingemeindung nach Stettin.
Nach 1945 wurde die ehemalige Gutsanlage Sparrenfelde, bestehend aus einem Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert, Wirtschaftsgebäuden, einem Hof und einem Landschaftspark, verstaatlicht, inzwischen ist sie wieder in privater Hand. Das gesamte Gutsgelände wurde zu einer luxuriösen Wohnanlage umgebaut, die das Objekt folgendermaßen bewerben: „Die Idee – die Philosophie des Projekts ist es, den einzigartigen architektonischen Raum des ehemaligen Guts-, Park- und Bauernhofkomplexes in einen modernen, positiven Lebensraum zu ver-wandeln, der in Symbiose mit der Natur funktioniert. Die Natur und die Menschen, die diesen Ort über Jahrhunderte geschaffen haben, haben uns ein wunderbares Erbe in Form des Parks aus dem 18. Jahrhundert hinterlassen. Diese Stärken nutzen wir und teilen sie mit anderen. Eine schöne Aussicht aus dem Fenster, Vogelgezwitscher sind die Werte, die jeder neue Bewohner des Projekts als Geschenk erhält.“ Das Objekt erhielt den Namen „Folwark Botanica“.
Außerhalb des Ortes steht ein historisch interessanter Obelisk aus schwarzem Granit, dessen Sockel aus rotbraunem Granit an der Vorderseite die heute nicht mehr vorhandene Inschrift trug:
AM 17. SEPTEMBER 1887
HIELT KAISER WILHELM I.
HIER IN SEINEM LEBEN
ÜBERHAUPT DIE LETZTE PARADE AB
UND ZWAR ÜBER DIE
KAVALLERIE-REGIMENTER
DES II. ARMEEKOPRS.
Das ist nicht verwunderlich, denn die Kasernen Stettins befanden sich zumeist auf der Westseite der Stadt, und ein dazugehöriger Truppenübungsplatz war das Kreckower Feld, nordöstlich von Sparrenfelde gelegen.
Truppenübungsplatz Kreckower Feld
Ein Gedenkstein erinnerte an das Kaiser-Manöver des II. Armee-Korps, das 1887 auf dem Kreckower Feld bei Stettin stattfand. Dort nahm Kaiser Wilhelm I. am 13. September jenes Jahres seine letzte Parade ab, vier Tage später führte Oberst Georg von Albedyll, Kommandeur der 3. Kavallerie-Brigade, nach Abschluss des Manövers bei Sparrenfelde seinem Monarchen den Parademarsch der sechs Kavallerie-Regimenter mit 30 Schwadronen des II. Armeekorps vor, was für den 90-jährigen Kaiser zugleich die letzte Heerschau seines Lebens bedeutete. An beiden Plätzen wurde anschließend ein Denkmal errichtet. Auf der Feldmark bei Sparrenfelde ließ der damalige Rittergutsbesitzer Adolf Weste den Obelisken mit der obigen Aufschrift setzen, der am 8. November 1888 in Anwesenheit des Landrats Heinrich von Manteuffel feierlich enthüllt wurde.
• Info Gabriele Stolp berichtet in ihrer Dokumentation „Über die Zustände in Stettin 1945–46“ auch über Kreckow. Der Ort spielte bei der Vertreibung der Stettiner aus ihrer Heimat Anfang 1946 eine Rolle, denn zu der Zeit begannen die ersten Registrierungen und Transporte. In Kreckow wurden die Menschen gesammelt, um dann vom Kreckower Bahnhof aus weiter nach Westen transportiert zu werden. In ihrem Zeitzeugenbericht heißt es weiter: Ein Engländer stand als symbolische Überwachung und schaute von Ferne zu.