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Digitale Live-Touren in Aachen zu Karl V., der vor 500 Jahren zum römisch-deutschen König gekrönt wurde, aber später abdankte
Vor 500 Jahren war Aachen Schauplatz der prunkvollen Krönung Karls V. (1500–1558) zum römisch-deutschen König. Daran erinnert eine Ausstellung im Aachener Centre Charlemagne, die aus bekannten Gründen nur digital stattfinden kann. Bis 28. Januar kann man sich zu kostenlosen „Live-Touren“ anmelden. Da die Leihgaben zurückgegeben werden müssen, wird der Ausstellungsteil „Wandel der Welt“) Ende Januar abgebaut. Der Rest wird bis Ende Mai, dann hoffentlich vor realem Publikum, zu sehen sein.
Fast 300 Exponate beleuchten dabei die Königskrönung und werfen Schlaglichter auf den damaligen Wandel der Welt: Die Reformation beendet die Kircheneinheit; der Druck mit beweglichen Lettern sorgt für die schnelle Ausbreitung von Nachrichten; in Mittel- und Südamerika entstehen spanische Kolonialreiche.
Bereits mit 16 Jahren wird Karl Herrscher der vereinigten Königreiche von Kastilien, Aragon und Granada sowie Regent der Königreiche Neapel, Sizilien und Sardinien. Bald schon bringt er es auf mehr als 70 Herrschertitel. Der hervorragende unter ihnen ist derjenige, der ihm nicht durch Erbe, sondern Wahl zufiel. Und zwar zum römisch-deutschen König. Danach erklärte ihn Papst Leo X. überdies zum „erwählten römischen Kaiser“.
Der Ausstellungstitel „Der gekaufte Kaiser“ spielt auf die Umstände und Konsequenzen der Königswahl von 1519 an. Denn auch König Franz I. von Frankreich kandidierte um die Krone des Heiligen Römischen Reiches. Er war nur durch den Einsatz hoher Summen aus dem Feld zu schlagen. Das wird in der Geschichtsschreibung gern als beispiellose Bestechungskampagne hingestellt.
Aus der für Karl aufgestellten „Wahlkostenrechnung“ geht hervor, wie kostspielig das war. Albrecht von Brandenburg zum Beispiel, der sich für seine Wahl zum Mainzer Erzbischof schwer verschuldet hatte, bekam mit 103.000 Gulden den höchsten Betrag. Sein älterer Bruder – Kurfürst Joachim I. – kam hingegen am schlechtesten weg. Er hatte sich lange für die Wahl von Franz I. stark gemacht. Für den Fall, dass sich dessen Kandidatur als aussichtslos erweisen würde, hatte sich Joachim Chancen ausgerechnet, selbst zum römisch-deutschen König gewählt zu werden. Erst als völlig klar war, dass Karl das Rennen macht, gab auch Joachim ihm seine Stimme. Die aber war dem Gewählten dann nur noch 25.000 Gulden wert.
Vor seiner Wahl nahm Karl V. Kredite in Höhe von rund 852.000 Gulden auf. Hauptleihgeber war der Augsburger Handelsherr und Bankier Jakob Fugger (1459–1525). Aber ließ er sich deshalb kaufen und konnten ihm die Fugger etwa in die Regierungsgeschäfte hineinreden? Wohl kaum. Zwar war Karl und überhaupt das Haus Habsburg von den Krediten der Fugger abhängig. Doch ebenso waren diese auf die Habsburger angewiesen. Denn nur so lange sie ihre Kredite zurückzahlten, blieb die Liquidität der Fugger gesichert.
Wilhelm II. schenkte Reichsapfel
Viele Ausstellungsstücke beziehen sich auf die Krönungsfeierlichkeiten, denen übrigens Kurfürst Joachim fernblieb. Bei den Zeremonien war der Bezug auf Karl den Großen (742–814) wichtig. Im Festzug wurden die Karlsbüste und das Jagdhorn Karls des Großen mitgeführt. Heute gehören sie zu den Attraktionen der Domschatzkammer. Eine von deren Leihgaben in die Sonderschau ist der Seidenmantel, den Karl V. bei der Krönungsmesse trug.
Ein schlicht aussehendes Prunkstück der Sonderschau ist die hölzerne Innenkonstruktion des Karlsthrones (um 800?). Der Rest der Thronanlage steht im Obergeschoss des Aachener Doms. Ob Karl der Große je auf dem Thron aus dünnen Marmorplatten saß, ist fraglich. Sicher aber ist, dass von 936 bis 1531 auf ihm im Verlauf ihrer Krönungszeremonie 31 Könige und zwölf Königinnen saßen. Auch Kopien des Reichsapfels und der Reichskrone sind zu sehen. Kaiser Wilhelm II. ließ sie für eine Ausstellung anfertigen, die anlässlich der 100-Jahr-Feier der Zugehörigkeit des Rheinlandes zu Preußen stattfinden sollte, aber wegen des Ersten Weltkriegs ausfiel. Diese Kopien werden sonst im Festsaal des gotischen Rathauses präsentiert, in dem vor 500 Jahren Karl V. sein Krönungsmahl zelebrierte.
Zwar war Kaiser Karl V. der mächtigste Herrscher der damaligen Welt. Aber Kriege mit Franzosen und Osmanen, Zwistigkeiten mit dem Papst, Geldnot, Gicht, Luther und die sich abzeichnende Kirchenspaltung machten ihm die Regentschaft sauer. 1555 ließ er sich von seinem Bruder Ferdinand auf dem Augsburger Reichstag vertreten. Den dort beschlossenen Religionsfrieden unterschrieb der Kaiser jedoch nicht. Da er die von ihm angestrebte Wiederherstellung der Kircheneinheit nicht zustande brachte, entschloss er sich 1556 zu einem in der Geschichte des Alten Reiches einmaligen Schritt: Er dankte ab.
Die Kaiser-Schau ist der erste Teil einer Ausstellungstrilogie. Die Eröffnung des für den 13. November 2020 geplanten zweiten Teils im Ludwig-Forum unter dem Titel „Reisen in der Kunst der Gegenwart“ fiel dem Lockdown zum Opfer. Man hofft auf einen Neustart mit Ausstellungsende am 11. April. Zu den Besuchern der Krönungsfeier Karls V. gehörte auch der Maler Albrecht Dürer. Seiner Reise nach Aachen und in die Niederlande hofft das Suermondt-Ludwig-Museum, ab Juli mit der Schau „Dürer war hier“ über die Bühne zu bringen. Dort werden dann 100 seiner Werke sowie 40 Arbeiten seiner Zeitgenossen zu sehen sein.
• Centre Charlemagne, Katschhof 1, Aachen. Anmeldung für kostenlose „Digitale Live-Touren“ am 19., 21., 26. und 28. Januar unter Telefon (0241) 4324998 oder E-Mail: museumsdienst@mail.aachen.de. Internet: www.duerer2020.de