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Klostersterben

Aufstieg und Niedergang einer Institution

Fast wöchentlich schließt ein großes Kloster in Deutschland. Nur wenige Ordensgemeinschaften schaffen es mit neuen Modellen der Seelsorge, sich dem Trend entgegenzustemmen

Bodo Bost
24.09.2023

Der Auferstehungsglaube an Jesus Christus hat zur Gründung der Kirche geführt. Die Kirche lebte von Anfang an von der Gemeinschaft der Gläubigen. Diese Gemeinschaft manifestierte sich zunächst in Hauskirchen und anderen Gemeinschaftsformen, später entstanden die Pfarrgemeinden und Klöster. Seit dem 4. Jahrhundert blühte das christliche Mönchswesen in Ägypten, es wurde zur eigentlichen Triebfeder der christlichen Missionsbewegung in allen Kontinenten und zur Geburtsstunde des modernen Christentums. Deshalb konnte auch in Ägypten das Christentum besser in einer islamischen Mehrheitsgesellschaft überleben als in jeder anderen.

Christliche Reformbewegungen sind fast immer in Klöstern entstanden. Auch Martin Luther war Mönch in einem Kloster der Augustiner-Chorherren, bevor er seine Reformbotschaft an die Wittenberger Stadtkirche heftete, die zur Grundlage der Reformation wurde, welche für viele Klöster das Ende bedeutete. Aber gleichzeitig entstanden mit der katholischen Gegenreformation wieder neue klösterliche Gemeinschaften wie die Jesuiten, die neue Ideen und neue Aufbrüche in die katholische Kirche bewirkten.

Aufschwung nach den Weltkriegen
Andererseits ist auch in den protestantischen Kirchen das Klosterleben nie ganz erloschen. Die letzte vielversprechende neue ökumenische Gemeinschaft in der Kirche, die von Taizé in Frankreich, ist eine protestantische Gründung. Auch die Französische Revolution von 1789, die erste komplett antichristliche Gesellschaftsbewegung der Moderne in Europa, die die Kirche auslöschen und alle Spuren des Christentums beseitigen wollte, führte nach nur wenigen Jahren zu einem Neuaufbruch der Kirche in Frankreich.

Nie zuvor wie nach der Revolution wurden in Frankreich so viele Ordensgesellschaften, geistliche, karitative und missionarische, gegründet. Im Nachhinein gesehen war die Revolution das Beste, was der französischen Kirche passieren konnte. Auch die beiden Weltkriege und der Nationalsozialismus, der die Kirche bekämpfte, konnten der katholischen Kirche kaum etwas anhaben, die beiden Nachkriegszeiten und das Ende der NS-Zeit waren auch Zeiten des Neuaufbruchs in deutschen Klöstern.

Gerade weil Zeiten großer Not auch Zeiten von verstärkten geistlichen Bedürfnissen waren, gab es noch nach 1945 einen letzten rasanten Anstieg von Klosterneugründungen in Deutschland. Umso stärker war der Einbruch, der seit den späten 1960er Jahren mit der Gesamtgesellschaft auch die katholische Kirche in Deutschland und ihre Institutionen derart hart traf, dass ein Ende oder ein positiver Effekt dieser Krise, anders als bei vorherigen Krisen, nicht mehr absehbar ist. Dabei hatte sich in der katholischen Kirche mit dem 2. Vatikanischen Konzil zwischen 1962 und 1965, das zu großen Reformen bereit war, noch ein letztes Mal eine große weltweite Aufbruchstimmung breitgemacht.

Wieder wie Oasen in der Wüste
Allerdings bewirkten manche Reformen des 2. Vatikanischen Konzils im Bereich des Sakramentenverständnisses einen starken Rückgang mancher Orden, weil sie nicht mehr gebraucht wurden. Anstatt sich abzuschwächen hat sich das Klostersterben in den vergangenen Jahren auch infolge der Missbrauchsskandale seit 2010 noch verschärft. Fast wöchentlich schließt derzeit ein großes Kloster in Deutschland. Neugründungen der vergangenen 75 Jahre sind normalerweise die ersten, die auch wieder schließen, bei traditionsreichen Klöstern, die auf eine Existenz von Jahrhunderten zurückschauen können, wird oft noch versucht, den Sterbeprozess aufzuhalten, wobei dieser oft nur verlängert wird.

Das größte Problem ist fast immer der Nachwuchsmangel. Wie in den Priesterseminaren der Diözesen herrscht in den Noviziaten der Klöster oft eine gähnende Leere. Während Bistümer und Missionsorden ihre Nachwuchsprobleme noch einige Zeit mit Personal aus der Dritten Welt auffüllen können – in Afrika und Asien wächst die Kirche und der Ordens- und Priesternachwuchs noch stark –, können dies beschauliche und karitative Orden weniger. Karitative Orden haben es jedoch einfacher, ihre Häuser trotz Nachwuchsproblemen zu erhalten, indem sie sie in ordenseigene Stiftungen oder Gesellschaften überführen, die dann den Betrieb mit Laien weiterführen. Missionsorden richten oft, nachdem sie ihr Personal aus den Missionsländern abziehen, eigene Altersheime für ihre betagten Mitglieder in Deutschland ein.

Einen Ausweg aus der Krise gibt es für viele Orden nur, wenn es gelingt, Konzepte zu entwickeln, die den Bedürfnissen der heutigen Zeit entsprechen. So konnten Franziskaner und Kapuziner in manchen Großstädten, wie beispielsweise in Frankfurt-Liebfrauen, neue Großstadt-Seelsorgemodelle entwickeln, die den neuen Bedürfnissen der Menschen nach Rückzugsmöglichkeiten und geistiger Begleitung entgegenkommen. Dort werden Klostergemeinschaften wieder zu Oasen in der Wüste, was sie in Ägypten, wo das Mönchswesen entstand, heute noch sind.

Gebäude werden anders genutzt
In diesen Klöstern bilden sich auch neue Formen des sozialen Zusammenhalts mit Ausgegrenzten, dort wachsen Klostergemeinschaften wieder zu neuer Kraft. In vielen Ländern Europas ist die Zeit der Volkskirchen vorbei, dort muss die Kirche wieder zu einer Kirche für das Volk werden. Dies wird sie jedoch nur, wenn sie auf die Bedürfnisse der modernen Menschen eingeht. Das zeigt sich auch in der Wiederverwendung der leer stehenden Klostergebäude nach der Schließung eines Klosters.

Aus vielen aufgegebenen Klöstern wurden günstige Wohnungen für Familien oder Studenten. Schwerer ist es, für Sakralbauten eine neue Verwendung zu finden. Dort gilt die Regel der Bistümer, dass keine Kirche an eine Moscheegemeinde veräußert werden darf. Diese Regel wird jedoch nicht immer eingehalten, vor allem, falls kommerzielle Zwischenhändler eingeschaltet werden. Für den Islam ist jede Kirche, die zur Moschee wird, nicht nur ein Ort des Gebets, sondern auch des Sieges über das Christentum.


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Kommentare

sitra achra am 04.10.23, 09:41 Uhr

Die Anpassung an den modernen Menschen wird doch bereits eifrig betrieben, zumindest von der Bischofskonferenz und dem Zentralrat, und zwar mit der voraussichtlichen Folge: get woke, go broke.
Seelsorge und Spiritualität geraten da wohl eher in den Hintergrund. Dafür scheint in der modernen narzisstischen Gesellschaft kein Bedarf zu bestehen, schade eigentlich.

Chris Benthe am 04.10.23, 09:29 Uhr

"Für den Islam ist jede Kirche, die zur Moschee wird, nicht nur ein Ort des Gebets, sondern auch des Sieges über das Christentum." Eben ! Das in absolut inakzeptabel ! Niedergang des Cnristsntummauf der einen Seite, völlig falsch verstandene Toleranz gegenüber einer Religion, die sich die Vernichtung auf die Fahnen geschrieben hat. Symbolisch dafür steht das Kopftuch.

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